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Rio Nosalida

11. Juli 2210


Clarence B. Sky

Wenngleich Matthew im ersten Moment vielleicht nicht wissen mochte was er sagen sollte, so hatte er jedoch schon immer intuitiv die richtigen Worte gefunden um Clarence zu erreichen. Es brauchte keine großen Gesten um ihn für etwas zu trösten das nicht erst seit gestern so war, kein Beteuern er würde sich vorstellen können oder auch nicht, wie schmerzlich es für einen Vater sein musste, seine Kinder zu verlieren.

Manchmal reichte es einfach schon aus zu hören, welch schöne und positive Gedanken es waren die jemand hegte der zum ersten Mal seine Kinder sah, die schon lange nicht mehr waren.

Ja, das sind sie… unglaublich hübsch“, pflichtete er seinem Mann leise bei und ließ den Blick auf Matthews Profil schweifen um ihn dabei zu beobachten, wie er die beiden musterte. Ihre Fotos, etwas vergilbt aber sonst gut erhalten, spiegelten lediglich eine Momentaufnahme des Tages wider an dem sie entstanden waren und doch waren sie daher umso ehrlichere Abbildungen der beiden. Nicht adrett hergerichtet in ihren kleinen Kleidchen, keine hochgesteckten Haare oder ein erzwungenes, liebes Lächeln. Einfach nur zwei Kinder auf ihrem Hof, so wie sie waren.

Was Matthew ihm schon seit jeher gegeben hatte seitdem sie sich offen einander angenähert hatten, war ernsthaftes Interesse an dem, was seinen damaligen Partner und heutigen Ehemann betraf. Der Dunkelhaarige stellte keine Fragen aus purer Höflichkeit heraus. Er war kein Mensch für platte Floskeln die in ein Gespräch einzuweben man halt so gelernt hatte um höflich zu wirken, noch hatte Cassie es nötig durch gespielte Empathie eine Verbindung zwischen ihnen zu schaffen, die sonst eher unsicher und fragil gewesen wäre.

Seitdem die ersten Gräben damals in Coral Valley zwischen ihnen überwunden worden waren, gab Matthew ihm das Gefühl, dass jeder Gedanke und alles Erlebte auch wichtig für den Jüngeren war – ebenso wie auch Claire Teil der Welt und Wahrnehmung des anderen sein wollte. Sie waren nicht länger zwei Hälften eines Teams oder zwei Seiten einer Medaille die zwar ein Ganzes war und doch unterschiedlich sein konnte, sondern spürten ineinander instinktiv die Sehnsucht näher zusammenwachsen zu wollen. Emotional, körperlich und im weitesten Sinne vielleicht sogar ein bisschen spirituell, denn dass sie nicht nur zwei Verliebte waren sondern sich als eine Art Seelenverwandte empfanden, war ihnen sicher schon beiden früh klar gewesen.

Clarence scheute nicht davor auch in die dunkelsten Erzählungen aus dem Leben des Jüngeren einzutauchen, Fragen – wenn auch vorsichtig – zu stellen und dabei zu hoffen, seinem Gefährten nicht allzu sehr weh zu tun. Egal was es war oder was in Cassies Vergangenheit lag, der Hüne spürte einfach, dass es auch ihn selbst etwas anging. Wenn er in sich hinein horchte, dann vernahm er die Sehnsucht danach eines Tages im hohen Alter seinen Mann anzusehen und sich darüber gewiss zu sein, dass er diesen Menschen genauso gut kannte wie sich selbst… oder vielleicht sogar ein kleines Quäntchen besser.

Aufmerksam und still betrachtete er sich Matthew von der Seite und lauschte den Dingen, die der Jüngere in den beiden kleinen Mädchen erkannte und die Clarence selbst vielleicht noch nie gesehen hatte. Zu ihren Lebzeiten hatten Bekannte ihn eher in Harper wiedererkannt, vermutlich besonders auch deshalb, weil sie von frühen Jahren an ein ausgeprägtes Papa-Kind gewesen war und man sie kaum von seinem Rockzipfel hatte lösen können. Zu hören dass ihn jemand auch in Cordelia sah, war das erste Mal und berührte ihn ehrlich an einer Stelle, zu der bislang immer nur Matthew vorgedrungen war.

Wortlos schmiegte er sein Gesicht in Cassies Hand als dieser still seine Tränen hinfort wischte und damit auch einen Teil seiner Sorgen mit sich nahm. Von seinen Mädchen hatte er nur noch leblose Fotografien, sein Ehemann aber war voller Leben mit einer Wärme nicht nur im Herzen, sondern auch bei jeder Berührung die er ihm zukommen ließ. Der Jüngere erinnerte ihn immer wieder an das Hier und Jetzt, an das was war und noch sein konnte.

Damals, im Blauer Hund… bevor ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe und dich heiraten will… Da hast du gesagt, du willst dir nicht immer vorstellen wie es wäre wenn ich sie ruhen lassen könnte und stattdessen bei dir wäre“, begann er leise und wusste schon jetzt, dass sein Mann sich ganz sicher an den anfangs unangenehmen Moment im Zuber noch erinnerte. „Aber da hast du noch nicht gewusst, dass es so nicht ist und wie viel du mir bedeutest. Du kommst nicht an zweiter Stelle oder bist ein Ersatz... liebe dich nicht weniger wie ich meine Kinder geliebt habe. Du bist mein Mann und meine Familie, genauso wie die beiden meine Familie gewesen sind. In meinem Herzen habt ihr alle drei den gleichen Stellenwert…“

Falls er es seit damals noch getan hatte, sollte Matthew nie wieder denken, er stünde in Konkurrenz zu den beiden oder könnte jenen Platz in seinem Herzen nie erreichen, an dem Clarence‘ Kinder ruhten. Er war kein Mensch den er einfach nur liebte oder bürokratisch geheiratet hatte um eine künstliche Verbindung zu ihm zu schaffen, die auch rechtskräftig war. Cassie hatte in seinem Leben nur wenig Familienbande erfahren und das bisschen Liebe, was ihm jene Gewissheit und Gefühle hätte vermitteln können, hatte sicher sein Bruder David mitgenommen als er aufgebrochen war, um seinerseits Jäger zu werden.

Familie war so viel mehr als bloße Liebe, die sich mit den Jahren verlaufen konnte, wenn man sie nicht hegte und pflegte – und sie beide waren zu einer solchen zusammengewachsen die in nichts dem nachstand, was damals seine Kinder für ihn gewesen sind und heute noch waren.

Als Harper und Cordelia… fort waren“ – es fiel ihm noch immer schwer die Dinge beim direkten Namen zu nennen, wie es ihm so oft ging wenn ihm Umstände unangenehm waren – „Da dachte ich, sie hätten auch meine Zukunft mitgenommen. Lange Zeit war das auch so, ich hab immer nur mein gestern gesehen… aber du… mhh… du… hast mir ein morgen zurück gegeben. Ein morgen auf das ich mich freuen und ein übermorgen, das ich aufgeregt mit dir planen kann. Seitdem… tut es nicht mehr ganz so weh in die Vergangenheit zurück zu schauen weil ich weiß, dass sie immer einen Platz haben darf, ohne dabei alles einnehmen zu müssen…“

Abermals musste er sich mit den Fingerknöcheln durch die Augen fahren als er spürte, dass die Sicht ihm zunehmend verschwamm. Manchmal war das Leben komisch, wie auf diesem Bett in diesem Zeppelin hier. In einem einzigen Raum konnten Freud und Leid so nah beieinander liegen wie die Vergangenheit, die auf dem Schoß seiner Zukunft ausgebreitet lag und sich trotzdem friedfertig und richtig miteinander anfühlten.

Brummend schob er beide Arme eng um den Bauch seines Mannes, drückte ihn dicht an sich und legte das Kinn auf Matthews Schulter ab. Er war so gerne mit ihm zusammen wie er es noch vor einem Jahr niemals hätte ahnen können und egal was sie miteinander teilten, die guten wie auch die schlechten Dinge, nie hatte sich davon etwas falsch oder unangenehm angefühlt.

In der Bibel sind noch Dokumente… die Besitzurkunde vom Boot und mein Exemplar unserer Heiratsurkunde und… das Foto von Ruby-Sue. Ich weiß nicht, ob du das auch sehen willst…“, erklärte er nach einem kurzen Zögern und nickte in Richtung Harper, die auf dem versteckten Einschub lag in dem sich noch die verstorbene Mutter der Kinder befand. „Du kannst es aber raus holen, wenn du sie sehen willst. Ich hab es noch, weil… mhh…“

Ihren Ehering hatte sie zusammen mit seinem alten einschmelzen lassen und Matthew zur Hochzeit geschenkt; mittlerweile ruhte die Goldmünze irgendwo auf dem Meeresboden der Hafenmetropole, auf dass das verfluchte Ding nie wieder das Tageslicht erblicken mochte.

Sie erinnert mich daran nie zu vergessen, in welcher Unschuld gekleidet das wahre Böse daher kommen kann.“


Matthew C. Sky

 

Vor einigen Monaten, damals in der Kneipe Blauer Hund, da hatte Matthew den Fehler gemacht und sich verglichen. 

Nicht mit Benedict oder Ruby-Sue, was ja noch irgendwie Sinn ergeben hätte, sondern ausgerechnet mit den Töchtern des Blonden. 

Es war ihm nicht darum gegangen eine Art Konkurrenzgraben aufzutun oder Clarence dazu zu bringen sie zu vergessen. Was er sich gewünscht aber nie für möglich gehalten hatte war schlichtweg, dass Clarence weiterlebte.  

Trotz diesem schmerzhaften Verlust, deren Grad er sich nicht vorstellen konnte. 

Der Mann, der heute hinter ihm saß und ihn festhielt, ihm gestattete die Fotografien seiner Kinder zu betrachten und ganz von alleine über sie sprach, jenen Mann hatte es damals im Blauer Hund gar nicht gegeben. 

Clarence war still gewesen, abwartend, lauernd. So als hätte er darauf gewartet, dass Gott oder irgendwer sonst vom Himmel niederfahren und ihn für seine Sünden bestrafen würde. Der Mensch von damals hatte nicht gern geredet und schon gar nicht über seine Vergangenheit, er hatte die Dinge lieber mit sich selbst ausgemacht und er hatte Matthew auch nicht so sehr geliebt wie er es heute tat - da war Cassie sich irgendwie sicher. Liebe und Liebe waren mitunter unterschiedliche Dinge und es hatte Zeit gebraucht, bis aus Verliebt-Sein richtige Liebe geworden war. Freunde und Seelenverwandte waren sie schon viel früher geworden, doch es war ein Unterschied ob man dies zur Kenntnis nahm oder sich bewusst machte. Und ob man sich getraute sich darauf einzulassen. 

Im Blauer Hund hatten sie einander längst geliebt, aber mehr noch als in der Gegenwart hatte Clarence an das Verlorene gedacht. Er hatte getrauert, jeden Tag ein bisschen und an manchen Tagen auch mehr als nur ein bisschen.

Sein Kummer war allgegenwärtig gewesen, in seiner Stille, in seinem Blick, in seiner scheinbaren Teilnahmslosigkeit. Die Welt, in der er gelebt hatte, war wortkarg gewesen und hatte keinen Grund geboten zu lachen, noch nicht einmal über Cassies schlechte Witze.

Etwas, dass sich mit der Zeit geändert hatte und schließlich das spitzbübische Funkeln in seine Augen zurückgebracht hatte, welches Matthew all die Zeit so vermisst hatte obgleich er es nie zuvor in den fremden Iriden gesehen hatte. 

Und nach dem Funkeln war auch sein Lächeln zurückgekommen und danach sein sonniges Lachen - und damit waren die verhängnisvollen Worte von einst, dass er nicht glücklich sein konnte egal was geschah, widerlegt. 

Matthew presste die Lippen aufeinander und schloss für einen Moment lang die Augen, Clarence‘ flüsternder Stimme lauschend, die ihm zu versichern versuchte, dass er ebenso geliebt wurde wie Harper und Cordelia. 

Für die meisten Menschen war es selbstverständlich von irgendjemandem geliebt zu werden. Kinder von ihren Eltern, Paare von ihrem Partner. Zumindest in gewissem Umfang. 

Für Matthew war das was er mit Clarence hatte aber nicht selbstverständlich. Nichts von alledem. 

Die Art wie Clarence ihn ansah, ihn manchmal abends noch streichelte bevor er einschlief, wie er ihn umarmte, ihn küsste... in alledem lag so viel Liebe und Wertschätzung. 

Cassie konnte es selbst heute manchmal nicht ganz glauben, dass dieser Mann ihn wirklich liebte und gern hatte. All die Jahre über hatte das niemand getan und es fiel dem Dunkelhaarigen deshalb manchmal schwer zu begreifen, dass er mittlerweile um seiner selbst willen gemocht und geliebt wurde. Er war für Clarence kostbar, einfach nur weil er der war der er war. 

Er beugte sich nach vorne und distanzierte sich etwas von Clarence damit er den mit Rotwein gefüllten Becher vor dem Bett abstellen konnte. Anschließend hob er die Bibel von seinem Schoß und legte sie neben sich. Die Bilder hatte er sorgsam zusammengeschoben und den Einband des Buches wieder geschlossen, damit sie vor Knicken geschützt waren. 

Erst als er das getan hatte, drehte er sich umständlich zu Clarence herum, richtete sich auf die Knie auf und legte beide Arme um ihn. 

Nun war er es, der Clarence überragte und der ihn im Zuge dessen nun behütend festhielt. Liebevoll streichelte er über seinen Rücken, die Nase im Schopf seines Mannes vergrabend.

Einen Moment schwieg er still. Doch als er seine Stimme wieder leise erhob, da klang sie ein wenig belegt. 

„Als ich das damals im Blauer Hund gesagt habe… da…meinte ich nicht, … dass ich mir wünschen würde du würdest mich genauso oder sogar mehr lieben als deine Töchter.“ Er schüttelte sachte den Kopf.

„Ich wollte, dass du aufhörst…“, Cassiel schluckte kurz und zögerte. Nicht weil er fürchtete er könne nicht offen und ehrlich zu dem Blonden sprechen, sondern weil er nicht anmaßend klingen wollte.

„…aufhörst in der Vergangenheit zu leben. Du warst immer so…still und in dich gekehrt. Ich wollte nur, … dass du loslässt, was dir so wehtut.“

Ohne es zu wollen fing er an zu weinen bei dem Gedanken daran wie schlecht es Clarence damals gegangen war und wie sehr man ihm wehgetan hatte. 

Man hatte versucht ihn zu brechen und etwas in ihm war wirklich zerbrochen.

„Ich hab mir gewünscht, dass du wieder glücklich sein kannst… Es ging… nicht um mich, es ging mir um dich. Seit unserem ersten Kuss… ging es mir immer nur um dich.“   

Matthew schniefte leise und wischte sich das Gesicht flüchtig am eigenen Oberarm ab. „Du wirst… furchtbar sehr geliebt, hörst du? Unendlich sehr. Und dank dir…weiß ich, dass ich auch geliebt werde…“ Er gab Clarence einen festen Kuss auf den Schopf. „Alles Gute was ich habe bist du.“

Matthew gab den Blonden aus seiner Umarmung frei, umfing stattdessen sein Gesicht und musterte das wunderschöne Blaugrau, welches ihm vertrauter war als die eigene Augenfarbe.

Ganz zart wischte er dem Wildling die schimmernden Tränenspuren von den Wangen und hauchte danach einen Kuss auf jede Wange.

„Ich kann dir deinen Verlust nicht ersetzen, aber manchmal…  manchmal bist du glücklich, manchmal tut das Vergangene dir nicht mehr so weh. Und das zu wissen… das macht mich glücklicher als ich mir je vorgestellt habe es sein zu können.“

Der Jäger, der längst kein richtiger Jäger mehr war, bedeutete Matthew alles und er gab ihm so viel, dass Cassiel manchmal nicht sicher war, ob Clarence es wirklich begriff. Der Dunkelhaarige beugte sich ein Stückchen zu seinem Geliebten herab und versiegelte seine Lippen mit einem zärtlichen Kuss. 

„Und jetzt… zeig mir Ruby-Sue. Dann vergessen wir beide nicht, was für ein unschuldiges Gesicht das Böse haben kann.“ – flüsterte er. Matt war kein Teil von Clarence‘ Vergangenheit, aber er wollte so gut es ging seinem Mann beistehen. Bei allem wobei er Beistand gebrauchen könnte. Sie waren es beide gewöhnt die Dinge mit sich auszumachen, einfach weil es niemanden gegeben hatte der ihnen auch nur irgendwie hätte helfen können. 

Aber mittlerweile war das anders. Sie waren nicht mehr allein – und auch wenn dadurch kein Verlust ungeschehen wurde, so war es doch…irgendwie leichter, wenn man wusste, man hatte einen Verbündeten, dem man blind vertrauen konnte.

Cassie ließ sich wieder sinken, dieses Mal kuschelte er sich allerdings richtig in die Arme des Größeren, statt nur mit dem Rücken an seiner Brust zu lehnen.

Auf diese Weise konnte er das Gesicht des Größeren jederzeit mustern und fühlte sich ihm irgendwie noch näher als vorhin.

Ohne sich wieder aufzurichten – um seinen bequemen Platz nicht wieder aufgeben zu müssen – angelte er nach der Bibel und nahm sie wieder auf den Schoß, blätterte bis ganz hinten durch und sah wieder auf die Fotos der Kinder. Harper und Cordelia, Clarence‘ Mädchen, die nun nicht mehr länger nur Namen für Matthew waren.

Eines der Bilder war noch umgedreht und Cassie überließ es dem Größeren, daran etwas zu ändern.

„Wir schauen sie uns an, wenn du soweit bist.“ 


Clarence B. Sky

Es stimmte, damals hatte Clarence ihn im direkten Vergleich nicht mal annähernd so sehr geliebt wie heute – doch das war nichts Schlechtes und auch nicht verwunderlich, immerhin liebte er seinen Mann seit damals von Tag zu Tag mehr und er war sich sicher, Matthew ging es mit diesem Empfinden nicht anders.

Damals waren sie sich noch vertraut und doch irgendwie fremd gewesen. Sie hatten die Geschichte des anderen nicht gekannt, nicht den Leidensweg der bis hierher geführt hatte und doch hatten sie in ihrem Gefährten stets die Traurigkeit erkannt, die alles begleitete und jeden Wimpernschlag überschattete. Was der Wehmut in Cassies Blick gewesen war, war die Depression in den blaugrauen Iriden des Blonden gewesen und er hatte die Stille nicht nur genutzt um seine Verluste darin zu zelebrieren, sondern auch als Schild, um sich nicht angreifbar zu machen.

Die Welt herum nicht teilhaben zu lassen an ihm selbst, hatte keine Fläche geboten um ihn weiter zu verletzen oder ihn näher an sich heran zu lassen als nötig. Es war ihm komfortabel erschienen sich nicht erklären zu müssen, unnahbar zu sein und die Dinge mit sich selbst auszumachen. Was er nicht hatte gebrauchen können war Mitleid, denn davon hatte er für sich selbst schon viel zu viel übrig gehabt als gut für ihn gewesen wäre.

Statt ihn mit diesem ungeliebten Ding zu überhäufen, litt Matthew zwar mit, aber etwas anderes war noch viel wichtiger: Er hatte ihm stattdessen Alternativen angeboten um aus der Schwärze seiner Gedankenwelt einen Ausweg zu finden. Wie ein Licht am Ende des Tunnels hatte der Jüngere ihn angestrahlt wann immer es ihm möglich gewesen war, hatte dem Älteren die Richtung gezeigt in die zu bewegen es sich lohnte und ihn damit aus seinem dunklen Loch hervorgelockt, wie auch die Motte in tiefster Dunkelheit immer wieder dem Licht folgen würde, ob sie wollte oder nicht.

Damals, als Clarence noch zurückhaltend und abwartend gewesen war, hatte er Matthew die Gelegenheit einräumen wollen aufzuzeigen, wohin ihre gemeinsame Reise gehen würde – und zwar fernab der Landkarte, über die sie sich bis dahin gemeinsam querfeldein bewegt hatten. Was für Erwartungen hatte dieser Mann an ihn, nachdem er ihn das erste Mal geküsst hatte? Was hatte er sich vorgestellt wären sie beide füreinander und miteinander, wenn Clarence ebenfalls so etwas wie Liebe für ihn empfinden würde?

Der Dunkelhaarige war ein Lebemann gewesen, geprägt von langen Nächten in Kneipen, die zumeist nicht alleine endeten sondern irgendwo auf einem Zimmer; nackt und schließlich mit den Handlungen, die eben aus Alkohol und entledigter Kleidung folgten. In der Welt, in der sie sich damals auf ihren Reisen bewegt hatten, wäre es genauso gut möglich gewesen dass Matthew sich eine Beziehung vorgestellt hätte in der es üblich war nicht nur einem einzigen Partner zu gehören und mit einer solchen Aussicht vor der Nase hatte der einstmals brave christliche Junge lieber einen Tag zu viel als einen Tag zu wenig ausgeharrt um absehen zu könne, worauf die Dinge mit Matthew hinaus laufen würden.

Dass sie allerdings eines Tages so miteinander verbunden sein würden wie heute, das hätte er sich damals kurz vor Coral Valley nicht mal in seinen kühnsten Träumen ausmalen können. Er war mehr in diesen Mann vernarrt denn je und dass es in dieser Ehe mehr Menschen außer ihnen beiden geben könnte, hatte nie für eine einzige Sekunde im Raum gestanden.

Heute war es keine Frage mehr ob sie sich nahe sein würden, sondern nur noch wann, angesichts der prekären Umstände, die die beiden anderen Kestrel für sie bedeuteten.

Sanft lehnte er sich in Cassies warme Hände als jener sich zum ihm umgewandt hatte um ihn zu umfangen und betrachtete mit von Tränen feuchtem, aber warmen Blick seinen Mann, dessen Augen nicht mehr viel besser aussahen als seine eigenen. Egal wie sehr er sich auch zu erinnern versuchte, Clarence fiel kein Mensch ein vor dem er sich jemals so wenig geziert hatte seine Emotionen zu zeigen statt sie schweigend mit sich selbst auszumachen und auch das war eine unantastbare Qualität ihrer Bindung zueinander. Statt dass Reden und Tränen sie angreifbar machten und voneinander entfernten, hatte es bislang ausnahmslos dazu geführt einander besser zu verstehen und noch mehr zusammenzuwachsen, als sie es schon längst getan hatten.

„Ich konnte damals meine Erinnerungen... meinen Schmerz… nicht loslassen…“, entgegnete er leise und musterte dabei die kandisfarbenen Augen seines Geliebten, denen selbst das Wischen am Oberarm nicht half, ihren feuchten Glanz zu verlieren. Tränen der Trauer und des Glücks lagen oftmals eng beieinander, das hatte er gelernt seitdem er Matthew hatte. Doch vor allem letztere zu vergießen, hatte erst der Dunkelhaarige ihm neu beigebracht.

Ich wusste nicht, woran ich mich sonst hätte festhalten können. Aber mittlerweile weiß ich, an wem ich immer Halt finden werde. Egal was passiert ist… oder noch passieren wird.“

Zaghaft hob er nun seinerseits die Hände an die Wangen des anderen und strich vorsichtig mit den Daumen unter dem fremden Augen entlang um ihnen die feuchten Spuren zu nehmen, die sie nicht verdient hatten. So lange Cassie mit ihm zusammen war, sollte er nichts anderes mehr im Leben empfinden außer Glück und die Vorfreude auf das Morgen, so wie auch Clarence sich wieder freute wenn er aufwachte und ein neuer Tag begann. Sie mochten noch Narben im Herzen und auf der Seele tragen, aber sie wurden nicht mehr davon dominiert und das war es, was sie beide füreinander so besonders wertvoll machte.

Mit einem warmen Gefühl auf der Brust schmeckte er dem Kuss auf seinen Lippen nach, bevor der Jüngere sich zurück aufs Bett und in seine Arme sinken ließ, die sich augenblicklich zurück um seinen Geliebten schlossen. Matthew fühlte sich schon lange nicht mehr fremd und unbekannt unter seinen Fingern an, sondern barg eine Vertrautheit in sich, die nichts an ihrer Faszination für Clarence eingebüßt hatte. Wenn er den schmalen aber athletischen Leib unter sich spürte, dann konnte er sich sicher sein Zuhause zu sein, wo auch immer sie sich gerade befanden. Eine kleine und verschraubte Kabine auf einem Zeppelin war nicht weniger wert als ihr Boot so lange Matthew nur bei ihm war und ihm die Gewissheit gab geliebt zu werden, ganz gleich was er angestellt oder welche Pläne er ursprünglich zerschlagen hatte.

Die Hände übereinander legend um dem Kleineren keine Möglichkeit zu geben mehr von ihm zu fliehen, zog er Matthew enger an seine Brust heran und hauchte ihm einen liebevollen Kuss auf die Schläfe die keinen Zweifel mehr offen ließ, zu welchem Mann der andere ihn seit ihrer ersten Nacht am Lagerfeuer gemacht hatte. Matthew sollte nie wieder Angst davor haben müssen angeschwiegen oder auf einem zertrampelten Pfad alleine gelassen zu werden während sein Bär ins sichere Unterholz eines Waldes verschwand, noch sich nicht sicher darüber sein zu können, Clarence würde sich in den kommenden Wochen jede Nacht erneut zu seinem Mann ins Zimmer schleichen, ganz egal wie groß die Gefahr auch sein mochte entdeckt zu werden.

Sich mit dem Bildnis Ruby-Sues zu konfrontieren, hatte früher zwiespältige Gefühle in ihm aufkommen lassen. Einerseits hatte er sich noch im Dunstkreis ihres Fluchs befunden, andererseits hatte die Vernunft in Claire ihn nicht vergessen lassen, was diese Frau getan und was sie ihm genommen hatte.

Seine beiden Mädchen für einen Moment betrachtend, griff er schließlich nach dem letzten Foto und enthüllte es schweigend über den beiden anderen, um wachsamem dem Weg der roten Locken und dem Blick hinaus aus dem Fenster zu folgen. Manchmal fragte er sich woran sie wohl gedacht haben mochte, auf dem Fensterbrett sitzend, während ihr Mann sich mit dem fliegenden Händler unterhielt.

Hatte sie ihren späteren Untergang kommen sehen? Hatte sie damals schon daran gedacht die Kinder mit sich in den Tod zu reißen, wenn sich ihr eigenes Ende abzeichnete?

Früher eigen aber vertraut, kam ihm Ruby-Sue heute unendlich fremd vor. Sie war oft mit den Kindern überfordert gewesen und hatte sich mehr Rechte heraus genommen als es sich für eine Ehefrau im Madman Forest ziemte, war aber dennoch stets bemüht gewesen, den Anforderungen irgendwie gerecht zu werden. Als Außenseiterin aus einer Welt außerhalb der Gemeinde der Fanatiker, hatte sie es schwer gehabt gesellschaftlichen Anschluss zu finden und auch Clarence zum Teil zu einem Leben in Isolation verdammt – noch mehr zumindest, als er es nach dem Tod seiner Eltern eh schon gewesen war

Es fühlt sich komisch an, sie… anzusehen und dabei nicht mehr das zu empfinden, was ich früher bei ihrem Bild gefühlt habe“, wisperte er leise, so als bestünde die Gefahr dass selbst in ihrem Abbild noch ein Quäntchen Boshaftigkeit steckte, das ihn aus dem Trägerpapier heraus anfallen könnte. Über Nacht hatte sie als junges Mädchen dafür gesorgt, dass er ihr haltlos verfallen war und ihr sein Leben überschrieben hatte und selbst nach alldem was sie getan hatte, hatte Clarence sie nie mit Abscheu betrachten können.

Letzteres spürte er auch heute noch nicht, wenngleich er das Böse in ihr deutlich erkannte. Doch auch die vermeintlich endlose Liebe, die sie damals über ihn gewirkt hatte, fand er heute in keinem Winkel seines Herzens mehr aufblühen, wenn er sie betrachtete. Die Erinnerung daran, wie es gewesen war mit ihr verheiratet zu sein, hatte nichts gemein mit dem Leben das er heute führte und damit wie es sich anfühlte Matthew an seiner Seite zu haben.

Manchmal weiß ich nicht mehr, ob ich wirklich all diese Jahre mit ihr verbracht habe oder ob es nur ein schlechter Traum war. Wie wenn man… aus einem Albtraum aufwacht und man in den ersten Minuten voller Panik ist. Man weiß nicht was Realität ist, ob man im Schlaf eine seltsame Vorahnung hatte… oder ob alles nicht doch nur Ausgeburt der eigenen Fantasie war, wovon nichts in Wirklichkeit geschehen ist…“

Nachdenklich rieb er sich für einen Moment mit dem Daumen über den Stumpf seines einstigen Ringfingers, der ihm als untrügliches Zeichen dafür zurück geblieben war, Ruby-Sue war keine bloße Ausgeburt schlafloser Nächte sondern tatsächlich Wirklichkeit gewesen. Ähnlich wie Nagi Tanka hatte sie einen Abgrund solcher Unmenschlichkeit besessen, dass er es sich nicht hätte vorstellen können, wäre er ihr nicht begegnet.

Ab und zu werde ich nachts noch wach und schrecke hoch, weil ich im Schlaf ihre Stimme im Ohr habe… als hätte sie sich in meinem Kopf festgebrannt und könnte es selbst von der Hölle aus nicht lassen, mich zu schikanieren. Es kommt mittlerweile… viel seltener vor als früher, aber…“

Er schüttelte den Kopf, unfähig zu beschreiben, wie sich das anfühlte. Mit Herzrasen wurde er wach, meistens in den wenigen Nächten des Monats, in denen er viel früher wach wurde als Matthew.

Doch im Gegensatz zur rothaarigen Hexe, war Cassie Wirklichkeit. Ein lebendiger Mensch an den er heran rutschen und auf dessen Brust er seinen Kopf ablegen konnte, um sich vom fremden Herzschlag beruhigen zu lassen – und den er auch nun dichter an sich ziehen konnte, um seine Wange warm gegen die Schläfe des Jüngeren zu lehnen.

Du hast das geschafft, was die anderen nicht konnten… nämlich sie verblassen zu lassen.“

Und eines Tages, das wusste er schon jetzt, würde sie nie wieder heimlich im Schlaf ihre Stimme an sein Ohr heran wehen lassen.


Matthew C. Sky

Als damals der fremde Mann auf ihren Hof gekommen war, da hatte Matthew gedacht, er würde schon am nächsten Tag wieder verschwinden - weil das die Männer seiner Mutter für gewöhnlich so taten. 

Aber nicht so dieser Mann. 

Stanley March hatte ausgesehen wie ein ganz gewöhnlicher Feldarbeiter oder Tagelöhner. Breite Schultern, braun gebrannte Haut, kurzes Haar. Er war sich für keine Arbeit zu schade und er konnte anpacken, das sah man ihm an. 

Rosalie hatte zu Matt damals gesagt, dass Stanley ein gutes Herz habe - sie könne es in seinen Augen sehen. 

Was auch immer sie in den grün-grauen Augen dieses Mannes gesehen hatte, ein gutes Herz war es ganz bestimmt nicht gewesen. Jener Kerl, der nicht mehr beabsichtigt hatte zu verschwinden, hatte Matthew zuerst ignoriert und ihn später immer öfter tyrannisiert. Aus dem belanglos aussehenden Mann war ein Despot geworden - nicht über Nacht, aber doch Stück für Stück immer ein bisschen mehr, bis irgendwann nichts anderes mehr von ihm zu sehen gewesen war als die Fratze der Gewalt und Unterdrückung. 

Zumindest er hatte den Kerl irgendwann so gesehen, für andere war er immer noch der selbe durchschnittliche Mann gewesen an den man sich kaum erinnerte, kaum da er gegangen war. 

Während Matthew das Foto von Ruby-Sue betrachtete, dachte er an Stanley March und daran wie unscheinbar er ausgesehen hatte. Sein Gesicht war das Gesicht von eintausend Männern, seine Vorliebe für Korn und Kräuterschnaps eine Vorliebe wie viele Männer sie pflegten - auch damit war er nichts besonderes. 

Aber die Art wie er seine Fäuste einsetzte... darin hatte er sich von anderen unterschieden. Oh ja. 

Man hatte ihm seine wahre Natur nicht angesehen und ebenso wenig sah man sie ihr Ruby-Sue an. 

Die Frau auf dem Foto blickte nicht direkt in die Kamera und lächelte noch nicht einmal. 

Ihr rotgelocktes Haar umrahmte ein feines Gesicht welches wie aus Porzellan zu sein schien. 

Sie sah traurig aus auf dem Bild, gedankenverloren und deprimiert. Weshalb das so war wusste Matthew freilich nicht aber er musste Clarence darin zustimmen, dass man ihr dem Aussehen nach nicht zutraute derartig abgründig zu sein wie sie es gewesen war. 

Den Größeren über sie und seine erste Ehe sprechen zu hören, erfüllte Matthew mit einem ganz eigenartigen Gefühl. 

Er wusste, dass sie Clarence manipuliert hatte und das sie kurz vor dem eigenen Ende ihres Lebens auch die Leben ihrer unschuldigen Kinder beendet hatte, er wusste auch, dass sie mit ihren letzten Atemzügen Clarence verflucht und ihm viele Jahre seines Lebens geraubt hatte. All das wusste er und er verachtete die Frau auf dem Bild dafür mit jeder Faser seines Herzens.

Aber es hatte auch eine glückliche Zeit gegeben, eine Zeit in der Clarence mit ihr gelacht hatte, sie hatten Kinder gezeugt, hatten sich ein Heim geteilt und wäre Nagi Tanka nicht aufgetaucht, würde der junge Mann noch heute glücklich mit ihr verheiratet sein. 

Sie sah wirklich nicht aus wie das Böse, aber das hatte Stanley auch nicht getan. 

„Sie sieht...abwesend aus auf dem Bild. In Gedanken war sie vermutlich ganz woanders...“ vielleicht hatte sie geahnt, dass sie irgendwann auffliegen würde, vielleicht war sie genervt, vielleicht bekümmert wegen irgendetwas. Wer wusste das schon.

„Wenn sie das nächste Mal zu dir wispert... ob im Traum oder nach dem aufwachen...lass es mich wissen. Weck mich auf wenn ich schlafe.“, anders als so oft, fragte er Clarence nicht ob er das tun würde, er bat ihn auch nicht durch sein typisches ‚hm?“ am Ende eines Satzes. Matthew wollte, dass Clarence es tat - ohne Wenn und Aber. 

„Als Rosalie ihren letzten Mann kennengelernt hat, hat sie mir gesagt, dass sie in seinen Augen erkennen könne, dass er ein gutes Herz hätte.“ - oh wie sehr sie sich getäuscht hatte. Ihren Irrtum hatte sie mit ihrem Leben bezahlt. 

„Es hat sich herausgestellt, dass er das nicht hatte. Es war nichts bemerkenswertes an ihm, bis auf seine Präzision wenn er zuschlug. Immer wenn er ihr oder mir wehgetan hatte... versuchte sie mir zu erklären warum er es getan hatte. Sie ist...nie müde geworden ihn zu verteidigen.“ 

Warum sie das getan hatte wusste Matthew bis heute nicht. Sie hatte irgendetwas in ihm gesehen, dass nicht da gewesen war. Oder sie hatte sich nicht eingestehen wollen, schon wieder an den Falschen geraten zu sein. Was auch immer es war, was Rosalie Reed dazu bewogen hatte an Stanley March festzuhalten, es hatte sie das Leben gekostet und das von Matthew in vielerlei Hinsicht zerstört. 

„Manchmal...da reden wir uns ein, dass das Böse ein Gesicht hat. Eine hässliche Fratze, ein brutales Äußeres. Aber in Wirklichkeit sieht man es dem Bösen fast nie an, wenn man ihm gegenübersteht. Und das selbe gilt für das Gute.“ - er streichelte behutsam über Clarence‘ Unterarm, der sich um seinen Bauch gelegt hatte. Der gütige Mann hatte kultiviert gewirkt, er hatte einen Anzug getragen wie Matt ihn bis dahin noch nie gesehen hatte. Seine Brille hatte ihn klug und weise erscheinen lassen und so wie er geredet hatte, war die Täuschung perfekt gewesen. 

Ein Monstrum im Gewand eines klugen gütigen Mannes.  

„Was sagt sie zu dir, wenn du von ihr träumst?“, wollte er leise wissen, einfach damit für Clarence spürbar wurde, dass er nicht mehr alleine war. Egal was sie ihm ins Ohr säuselte - er musste damit nicht alleine klarkommen. 

„Wenn ich Alpträume hatte...dann konnte ich mich nach dem Aufwachen meistens nicht mehr richtig  daran erinnern was genau ich geträumt hatte. Aber ich hatte auch dieses Gefühl das du beschreibst...wenn man irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit ist und einen Moment lang nicht weiß, was echt ist und was nicht. Diese paar Sekunden... können einem echt Angst machen.“

Wenn man Clarence ansah, dann konnte man schnell dem Irrglauben erliegen, dass dieser Mann vor nichts Angst hatte. Man traute ihm weder zu, ein fürsorglicher Ehemann noch ein sanftmütiger Vater zu sein. Wenn er schweigend in den Türrahmen trat und seine Umgebung still musterte, mit ernsten Augen jeden fragenden Blick abwehrte, dann machte man sich schnell ein falsches Bild von ihm. Die unvollständigen Hände, die zahllosen Tattoos... sein ganzes Erscheinungsbild legte einem nahe, sich nicht mit ihm zu messen. 

Aber Matthew wusste es besser, hatte früh erkannt was hinter dem Schweigen und den ernsten Augen lag und dass Clarence keiner von den Bösen war. Im Gegenteil. Er war von den Guten der Beste. 

„Kann ich dich was fragen?“ - eine unsinnige Frage, aber er wartete trotzdem erst auf die Bestätigung. Die Vibration des zustimmenden Brummens ließ ihn auf angenehme Weise ein bisschen erschauern und er hob den Blick in das Gesicht seines Mannes. Das Foto von Ruby-Sue lag noch immer aufgedeckt und etwas über den anderen beiden, aber egal ob das Bild hier offen lag oder verbannt in irgendeiner dunklen Ecke, die einst ultimative Macht der Hexe war gebrochen. „Wenn sie dich nicht...in ihren Bann gezogen hätte...hättest du dich trotzdem in sie verliebt und sie geheiratet?“

Der Zauber, unter dem der damalige Hofbesitzer und spätere Jäger gestanden hatte, hatte ihn zu Dingen bewogen die er sonst nie getan hätte. Doch ob die Hochzeit eines dieser Dinge war, dass wollte Matthew genauer wissen. 

„Wie viel von dem...was du mit ihr hattest, hattest du aus freien Stücken? Kannst du das....überhaupt so genau sagen?“

Es war im Grunde nicht mehr wichtig, denn Vergangen war jene Zeit ohnehin. Trotzdem konnte Matthew diese Frage gerade nicht ganz abschütteln, auch wenn es an ihrer gemeinsamen Gegenwart und Zukunft nichts änderte. 


Clarence B. Sky

Warm und weich brummte Clarence in das dunkle Haar seines Mannes, der ihn bestimmt wissen ließ geweckt werden zu wollen, wenn Ruby-Sue das nächste Mal leise ihre Boshaftigkeiten in sein Ohr flüsterte. Sie kam nachts, wie ein dunkler Geist der sich aus der Dunkelheit materialisierte, aus der sie geschaffen und in die sie vor wenigen Jahren mit ihrem Tod zurück gekehrt war. Wenn er erwachte, wenige Momente gefangen zwischen Traum und Realität, konnte er sie in den schwarzen Ecken des Zimmers vielleicht nicht sehen, aber er spürte sie dafür umso mehr. Ihre eisige Kälte legte sich über ihn und hinterließ auf dem sonst so abgebrüht wirkenden Jäger eine Gänsehaut mit der Berührung ihrer toten Hand, ihn in unabsehbaren Abständen rachesehnend daran erinnernd, dass sie ihn jederzeit wieder einholen konnte wann immer ihr danach war.

Wenngleich Matthew das erste Mal nicht zögerte und auch nicht vorsichtig darum bat, unsicher wie er manchmal anmutete wenn es um Emotionales ging, so wusste Claire trotzdem noch nicht sicher, ob er seinen Mann tatsächlich wecken würde, wäre es das nächste Mal so weit. Nicht etwa weil er seinen Geliebten nicht belasten oder die Dinge wie gewohnt mit sich selbst ausmachen wollte, sondern weil es ihn am meisten beruhigte, wenn er Matthew in Ruhe schlafend neben sich fand.

Schlaf, das wusste er selbst, war ein fragiles Ding und noch kostbarer, wenn er tief und wohlig war. Meistens wurde Cassie nicht mal wach wenn er sich in seiner Unruhe dann eng an ihn schmiegte, den Kopf auf der Brust des Jüngeren ablegte und sich vom fremden Herzschlag trösten ließ.

Jemand der so schlief war ein Mensch, der sich sicher und geborgen fühlte. Ein Mensch, der neben dem anderen mit dem er sich das Bett teilte fühlte, die Welt konnte heil sein und es gab noch Leute die verlässlich waren. Die Guten, die nicht über einen her fielen sobald man dem Schlaf verfallen war, die einem nicht das letzte Hab und Gut und vielleicht sogar das Leben raubten.

Clarence hatte lange gebraucht um wieder so tief und lange schlafen zu können wie er es heute zumeist tat und diese Fähigkeit hatte er erst seitdem wieder zurück erlangt, seit er Cassie hatte. Das Gefühl eines Mannes neben sich dem man vertrauen konnte, an den man sich anlehnen und von dessen Wärme man sich behüten lassen konnte, hatte in ihm die Notwendigkeit ein Stück weit versiegen lassen, zu jeder Tageszeit in Habachtstellung zu sein und unterbewusst stets auf das kleinste Geräusch zu lauschen, das einem nicht richtig vorkam.

Wenn er sich nach unruhigen Träumen an seinen schlafenden Mann schmiegen konnte und dieser nicht empor schreckte, dann wusste auch der sonst so respekteinflößende Bär, dass es nichts zu befürchten gab wegen dem er nachts mit einem offenen Auge schlafen musste – und dass die garstige Stimme nur in seinem Traum existiert hatte, unfähig ihn noch länger zu erreichen, so lange Matthew ruhig bei ihm lag.

Sanft stahl er sich mit den Fingern unter Cassies Oberteil, so wie er es oft tat auf der Suche nach der warmen weichen Haut des anderen, und begann in einem trägen Rhythmus über den  Bauch seines Mannes zu kraulen, während er den Erzählungen über jenen Menschen lauschte, der der größte Wendepunkt in Matthews Kindheit gewesen war. Nicht nur ein brutaler Stiefvater und miserabler Lebensgefährte, sondern auch ein emotional verarmter Mann war er gewesen, als er den Sohn seiner durch ihn ermordeten Partnerin an den gütigen Mann verschachert hatte, um ihn loszuwerden. Ob er einfach den Hof für sich alleine gewollt hatte, um zu Grundbesitz zu kommen? Oder war er dem Mündel einfach überdrüssig geworden? Sie würden nie hinter die Beweggründe dieses Kerls blicken können und selbst wenn, wären sie für Clarence nicht nachvollziehbar gewesen.

Ich denke… jeder Mensch hat einen bestimmten Lebenstraum. Manche wollen Bildung, andere Geld… oder berühmt werden. Andere wollen von klein auf Jäger werden und brechen als halbstarke Jugendliche auf um einen Clan zu finden der sie aufnimmt und andere… wollen einfach nur eine eigene Familie haben, eine heile Welt, koste es was es wolle“, versuchte er Überlegungen darüber anzustellen, was Rosalie in diesem Mann gesehen haben mochte. „Manchen Menschen… fällt es in einer Beziehung sicher leichter sich einzureden dass schon irgendwie alles gut werden wird, als mit sich alleine zu sein. Weil sie die Einsamkeit nicht ertragen – oder sich selbst in der Einsamkeit nicht.“

Ob es Rosalie tatsächlich so gegangen oder ob sie einfach von Natur aus ein naives Ding gewesen war das dachte, die Welt müsse so sein? Manche Frauen kannten es auch einfach nicht anders. Hatten nie einen Mann in ihrem Leben gehabt der sie gut behandelte, weder Vater, noch Bruder, noch Partner. Wenn man in einer solchen Welt aufwuchs, in der Gewalt die Normalität war, dann reichten weder der Horizont noch die eigene Fantasie bis zu jenen Familienkonstruktionen vor, in denen man nicht geschlagen oder wie Dreck behandelt wurde.

Selbst Matthew hatte die Angst vor jener Anwandlung anfangs noch in sich getragen, hatte gezuckt wenn sich Clarence im Streit zu plötzlich in seine Richtung bewegt hatte. Ein gebranntes Kind scheute das Feuer und sich vorzustellen, es konnte Männer geben die in einer Auseinandersetzung darauf verzichteten denen weh zu tun die ihnen etwas bedeuteten, war manchmal auch ein Lernprozess auf den man sich erst einlassen musste wenn man es denn konnte.

Die Nase noch immer in Cassies Haar gedrängt und seinen Mann in den Armen, nahm er einen tiefen Atemzug und versuchte sich an die verschwommenen Momente zu erinnern wenn er unruhig geträumt hatte.

Wenn ich Alpträume habe… auch solche, die nichts mit früher zu tun haben…“, murmelte er leise, immerhin wurde man im Schlaf auch mal einfach nur so verfolgt, nicht nur von den eigenen Erinnerungen. „Dann enden sie alle gleich. Plötzlich höre ich ihre Stimme ganz… glasklar… in meinem Kopf und fühlte ihren Atmen an meinen Ohren, so als stünde sie in den Schatten genau neben dem Bett… Sie…“

Es war seltsam über die eigenen Träume zu reden. Sicher, jeder Mensch kannte das Chaos das einen manchmal nachts überfiel und das so verwirrend und abstrus war, dass es oft gar keinen Sinn machte. Für einen selbst, wenn man sich denn daran erinnerte, waren die Bilder oft glasklar – doch sprach man sie erstmal aus oder dachte näher darüber nach, dann erst merkte man wie unbegründet die plötzliche Panik im Schlaf war oder wie sinnlos die Zusammenhänge, die man sich zusammen fabriziert hatte.

Sie sagt… ganz bestimmt… Wach auf. und es ist wie plötzlich im Schlaf mit kaltem Wasser übergossen zu werden. Ich spüre wie ich die Augen öffne und wach bin und… irgendwie doch wieder nicht. Und während ich merke, dass der Traum ein Ende hat aber ich noch nicht weiß wo ich gerade bin… flüstert sie mir leise ins Ohr… Alles ist vergänglich… oder… dass sie kommen und sich alles holen wird…“

Wohin genau sie es holen würde, ließ sie dabei offen – aber angesichts dessen wo sie sich derzeit befand, nämlich im Reich der Toten, waren ihre Drohungen mehr als offensichtlich.

Früher hatte Ruby ihn fast jeden Morgen geweckt, einer der vielen Gründe warum er schon Stunden vor Matthew wach gewesen war. Clarence Schweigen und seine oftmals mäßige Laune war damals nicht nur seinem verschlossenen Wesen entsprungen sondern schlicht und ergreifend dem Schlafmangel, dem er versucht hatte durch fragwürdige Kräutermischungen vor dem Nachteinbruch Herr zu werden. Der Erfolg war stets ausgeblieben, ganz im Gegensatz zur heilenden Wirkung, die sein Mann schon seit Monaten auf ihn besaß.

Die eine Hand noch immer unter Cassies Oberteil geschoben und über seinen Bauch kraulend, hob er die andere an den dunklen Schopf um dem Jüngeren das Haar aus der Stirn zu kämmen und ihm einen Kuss darauf zu hauchen.

Hast du noch Alpträume? Wegen früher, meine ich…“, wollte er leise wissen und musterte ihn aufmerksam um die verräterischen Regungen nicht zu verpassen die sich oftmals auf Cassies Gesicht abzeichneten, bevor er seinen Bären anflunkerte um ihn nicht zu belasten. Was das anging waren sie sich nicht unähnlich, für denjenigen den sie liebten wollten sie nur das Beste und vergaßen dabei oftmals sich selbst.

Für dich gilt das Gleiche… Weck mich, wenn es so ist. Das, was du alles erlebt hast und was dir passiert ist… das ist jetzt vorbei und ich werde nicht zulassen, dass sowas je wieder geschieht. Wenn du wach wirst und nicht weißt was Traum ist und was nicht… dann werde ich dir sagen, dass alles gut ist und du nichts zu befürchten hast.“

Die Furcht würde wohl immer ein Teil ihres Lebens sein, aber nicht mehr der Teil. Es war gut Angst zu haben, denn sie schützte einen davor Fehler zu machen oder der Gefahr in die Arme zu rennen. Solange sie einander aber hatten, wusste Clarence, ihnen konnte nichts mehr geschehen – dafür waren sie als Paar und auch als Team zu stark gegen die Schatten, die ihre Arme nach ihnen ausstreckten.

Nachdenklich ließ er die Finger zurück in die aufgeschlagene Bibel sinken und betrachtete das Bild jener Frau, die ihn so viele Jahre gekostet hatte. Die Frage seines Mannes war nicht einfach zu beantworten, nicht weil er sich nicht sicher war wie die Antwort darauf lauten würde, sondern weil es so viele Dinge gab die er während der Zeit mit Ruby-Sue empfunden oder eben nicht empfunden hatte.

Ich weiß sehr sicher… dass ich mich nie in sie verliebt und schon gar nicht geheiratet hätte, hätte sie nicht ihren Bann dazu verwendet. Sie war… eines jener Mädchen die schön anzusehen sind, aber unglaublich unattraktiv werden, sobald sie den Mund aufmachen. Schnippisch und… fordernd, ohne dafür viel zurück zu geben“, versuchte er Matthew die größten Bedenken direkt zu Beginn zu nehmen.

In meiner Heimat heiratet man ziemlich früh… mit zwanzig gilt man schon fast als zu alt dafür, wenn es keinen triftigen Grund dafür gab, sich noch nicht zu vermählen. Mir war klar, dass mich die Mädchen… nicht… besonders reizen“, formulierte er zögerlich die Tatsache seines fehlenden Interesses, „…aber ich wollte gerne eine Familie gründen und hatte mir vorgenommen… auf einem der Feste wo sich die Jungend kennenlernt eins zu finden, das keine großen Ansprüche dahingehend stellt. Ein nettes Mädchen mit dem man gut auskommt, das eine gute Ehefrau für mich sein wird und eine gute Mutter für die Kinder. In der Nachbargemeinde gab es eine, die meinem Erachten nach auffällig unauffällige Freude daran hatte ihre Freundinnen zu beobachten und ich hatte geplant, dem mal nachzugehen als… ja… einvernehmliche Ehe, in der dann jeder sein Ding machen kann.“

Wenn er genauer darüber nachdachte, dann waren das schon ganz schön perfide Pläne gewesen für einen Fanatiker-Jüngling und damals hatte er sich als nicht mal annähernd so sündhaft in seinen Gedanken empfunden, wie er es heute rückblickend tat. Wenn es nicht anders gekommen wäre, wer wusste wie viel Todsünden er dann noch begangen hätte und ob er nicht selbst eines Tages am Pranger gelandet wäre, so wie Benedict wenig später.

Ich weiß noch wie… sauer… ich oftmals auf Ruby wurde, wenn sie sich wieder anmaßend verhalten hat. Wir waren schon verheiratet, aber irgendetwas in mir hat sich immer so… unbequem angefühlt. Aber wenn unsere Streitigkeiten begonnen haben auszuarten, dann… ist meine schlechte Laune plötzlich schlagartig verpufft – wie ein ausbrechendes Feuer, über das du noch rechtzeitig eine Decke schmeißt. Ich hab zwar noch die Glut in mir lodern gespürt, aber die vernichtenden Flammen sind einfach in mir erstickt. Wahrscheinlich… hab ich schon immer irgendwie gespürt dass etwas nicht richtig ist, konnte mich aber nicht dagegen zur Wehr setzen. Es wurde erträglicher als Ruby schwanger war, einfach weil… ich mir dann immer wieder einreden konnte: Sie ist nicht deine keifende Ehefrau, sie ist die Mutter deiner Kinder. Etwas wodurch ich sie etwas… mehr wertschätzen und ihr dankbar sein konnte, um sie besser zu ertragen…“

Vielleicht war diese Wertschätzung ihr gegenüber das Einzige, was er wirklich aus freien Stücken getan hatte – doch selbst das hatte sie letztlich verwirkt, indem sie seinen Kindern das Leben genommen hatte, nachdem sie es ihnen geschenkt hatte.

Wie viel tatsächlich Bann, Fluch und Eigenantrieb gewesen war, ließ sich aber vielleicht im Nachhinein nie so hundertprozentig sagen.

Wo ich mir aber definitiv sicher bin, ist, dich aus freien Stücken geheiratet zu haben. Ich hab mich… bewusst dafür entschieden, meine Liebe zu dir zuzulassen anstatt sie mir weiter zu verbieten und ich… habe mich mehr als bewusst dafür entschieden, mein Leben mit dir verbringen zu wollen – mit allem, was dazu gehört. Das erschien mir damals wie ein unglaublich großer Schritt und heute… heute verstehe ich gar nicht mehr, warum ich so lange damit gezögert habe angesichts dessen, was ich alles dafür bekommen habe und welches Glück du in mein Leben gebracht hast.“


Matthew C. Sky

Mit Clarence zusammen zu sein hieß für Matthew, mit seinem besten Freund und der Liebe seines Lebens zusammen zu sein. 

Der Blonde vermittelte ihm ein Gefühl der Sicherheit und der Zugehörigkeit - beides Dinge, welche ihm als Kind unbekannt gewesen waren. 

Ob nun Rosalie verklärt romantisch war, sich eingeredet hatte ihr Leben müsse so sein wie es war oder ob sie schlichtweg unfähig gewesen war ohne Männer klarzukommen, am Ende war es ohne Bedeutung. 

Rosalie Reed war tot und der einzige der um sie getrauert hatte war ihr Sohn gewesen. Selbst heute noch dachte Matthew manchmal an sie und neben der Wut auf diese Frau, schwang dennoch Liebe in seinen Emotionen für sie mit.

Gefühle einzuordnen war nicht immer leicht, noch nicht einmal wenn es die eigenen Gefühle waren. Wut, Hass, Verachtung und Zorn waren nicht immer in Reinkultur vorhanden sondern mischten sich manchmal mit Besorgnis, Angst, Trauer, Sehnsucht oder Liebe. 

Rosalie Reed hatte ihrem jüngsten Sohn soviel zugemutet, doch sie hatte es nicht getan um ihn zu quälen - sondern weil sie es nicht besser gewusst hatte. 

Und Matthew...hatte ihr, trotz alledem was passiert war, verziehen. Er hasste sie nicht, sondern bemitleidete sie, war wütend auf sie aber liebte sie eben auch. Von jenem Zwiespalt war Clarence nichts anzumerken als er von Ruby-Sue erzählte. 

Da war keine versteckte Zuneigung, keine von Zorn oder Kummer überdeckte Liebe und schon gar kein Verständnis. 

Was Ruby ihm angetan hatte - und zwar lange bevor sie die zwei gemeinsamen Mädchen ermordet hatte - war nicht entschuldbar. 

Sie hatte Clarence so viele Jahre gestohlen, ihn seines eigenen Willens beraubt und ihm letztlich noch seine Kinder an einen Ort entführt, an den Clarence ihnen nicht folgen konnte. 

Auch wenn der Blonde Schwierigkeiten hatte zu beschreiben was damals nun eigener Antrieb und was Manipulation gewesen war, so wurde eines doch recht deutlich:

Geliebt hatte Clarence diese Frau nie wirklich. 

Es sollte vermutlich keinen Unterschied machen, aber Matt war trotzdem froh zu hören, dass Liebe und Verlangen nicht wirklich Teil von der ersten Ehe des Blonden gewesen war. 

„Du wolltest...dich mit einem Mädchen arrangieren das...nicht besonders an Männern interessiert war?“, fragte er ungläubig schmunzelnd. Ganz schön perfide für so einen braven Christ. 

Matt lächelte ein bisschen und schüttelte sachte den Kopf. 

„Du Fuchs...“ Clarence war clever, dass wusste Matthew nicht erst seit jetzt, dennoch war es nicht ohne zu hören was für Überlegungen Barthy Junior damals schon angestellt hatte. 

Die Krauleinheiten sichtlich genießend, streckte sich Cassie einen Moment wobei er sich fest an Clarence presste und seine Muskeln spannte. 

Er liebte es mir Clarence so zusammen zu sein wie sie es gerade waren. Ohne Scheu voreinander, ohne das Zärtlichkeiten sie irgendwie hemmten weil sie sich komisch anfühlten. 

Noch nie war ihm ein Mensch so vertraut gewesen wie Clarence es war und mit niemandem sonst wollte er seine Zeit lieber verbringen als mit dem Blonden. 

Die Rothaarige hatte es letztlich nicht geschafft ihm sein Leben und sein Glück wegzunehmen und das würde sie auch nicht mehr schaffen, auch nicht wenn sie Clarence in den Schatten der Nacht auflauerte. 

„Sie ist fort...und dort wo sie ist, hat sie keine Macht mehr. Nicht über dich, nicht über Harper und Cornelia und auch nicht über mich. Sie...ist nicht an dem selben Ort wie deine Kinder.“

Flüsternd blickte er zu seinem Mann empor, dessen Leben vor ihm so voller Leid gewesen war. Die Momente des Glücks hatte er empfunden wenn er mit seinen Kindern Zeit verbringen konnte, weil Clarence sie abgöttisch geliebt hatte. Die Familie war sein Heiligtum und in gewisser Weise... wünschte sich Cassie für ihn, er hätte diese Familie noch immer. Gegründet mit der jungen Frau die auf Frauen stand. 

Denn eigene Kinder, dass war nun mal offensichtlich, würden sie beide nie zusammen haben. 

„Wenn ich... von damals träume, dann ist es meistens Jamie den ich sehen kann. Man hat ihn getötet, weil er diesen Unfall hatte...den er nur hatte wegen mir.“ Matthew presste die Lippen aufeinander und schwieg einen kurzen Augenblick lang. Das Wissen um die eigene Schuld am Tod des Jungen lastete schwer auf seinen Schultern und würde es wohl auch immer tun. 

„Er ist wütend auf mich. Er fragt mich warum ich nichts getan habe um ihm zu helfen. Wenn ich eines Tages tot bin und wir uns wieder sehen...dann werde ich brennen, sagt er.“

Matthew kratzte sich kurz über den Unterarm, eine nervöse Anwandlung die er sofort wieder unterließ als er sich ihrer bewusst wurde. „Manchmal sind auch Brandon und Chris bei ihm...es ist als...“, als würden sie auf ihn warten um zu ihm zu kommen sobald er schlief. Einer von tausend Gründen warum er es immer vorgezogen hatte nicht zu schlafen, beziehungsweise sich am Abend ordentlich zu betrinken. „...sie geben mir die Schuld...und als einziger von ihnen der überlebt hat, ist das wohl auch so.“

Er zuckte die Schultern, so als wäre es im Grunde auch egal. 

„Von den anderen Sachen...träum ich kaum noch. Bevor ich dich hatte ist es öfter vorgekommen, mittlerweile...kommt selbst Jamie nur noch selten im Schlaf zu mir.“ er war fort, zumindest seit geraumer Zeit. 

Die Träume von Rouge oder dem gütigen Mann, von dem irren Priester oder den anderen gewalttätigen Perversen...sie waren nicht mehr Teil seiner nächtlichen Routine. Etwas, dass er zweifellos dem Blondschopf zu verdanken hatte. 

Cassie sah zu Clarence empor, legte eine Hand an seine Wange und zog ihn sanft an seinem Bart zu sich herunter. 

Was folgte war ein süßer Kuss auf die weichen Lippen des Hünen. Zart und prickelnd ließ Matthew seine Lippen über die seines Liebsten streichen, während er mit den Fingern behutsam am goldenen Flachs der Barthaare zog. 

Die Augen schließend öffnete er den Mund einen Spalt breit und ließ seine Zunge hervorblitzen. Sein Mann verstand sein Sehnen augenblicklich und ließ Cassie sofort ein und zwischen seine Lippen tauchen. 

Wohlig seufzte der Dunkelhaarige in den Kuss, spürend wie ihm gleich darauf eine zarte Röte in die Wangen stieg. 

„Weißt du was ich glaube, hm?“ - flüsterte er gegen den süßen Mund des Größeren. 

„Ich glaube, wir waren beide irgendwie verflucht. Jeder für sich. Ich weiß noch, dass ich damals dachte...sogar irgendwie sicher war, dass du nicht zu unserer Hochzeit kommen würdest. 

Dass du abgehauen wärst wenn ich zurück in unser Zimmer komme... Ich konnte mir...bis zum Schluss nicht vorstellen, dass du mich wirklich willst.“ Weil ihn nie jemand wirklich gewollt hatte - aber das musste er nicht aussprechen. 

„Ich könnte nicht glücklicher sein mich geirrt zu haben...und das du dich letztlich auch geirrt hast.“ 

Clarence war sich sicher gewesen niemals glücklich sein zu können, dass Ruby ihm alle Anlagen dafür amputiert hatte und Matthew war sicher gewesen, dass er Duzendware war und man höchstens gern mit ihm zusammen war um zu vögeln, nicht aber weil man ihn schätzte oder gar liebte. 

„Hast du dich je gefragt warum sie ausgerechnet dich ausgesucht hat? Ich hab mich das oft gefragt als Kind... warum mir das passiert. Damals da...hab ich noch geglaubt, weißt du? Jede Nacht habe ich gebetet, für die anderen, für mich, für die Männer und das Gott ihnen ihre Sünden vergeben möge. Aber mit der Zeit... je öfter...sie einen von uns oder mich mitgenommen haben... irgendwann hab ich aufgehört zu beten und mich zu fragen was Gott wohl damit bezweckt.“

Wieder kratzte er über seinen Unterarm bevor er stattdessen seinen Händen etwas zutun gab und das Bild von Ruby-Sue hochhob und es eingehend betrachtete.

„Irgendwann...solltest du das Bild wegwerfen. Sie war nie wirklich ein Teil von dir, ihr Foto aufzubewahren macht sie vielleicht zu mehr als sie in Wahrheit jemals war.“

War Ruby-Sue ein böser Mensch? Definitiv. War sie so geboren? Vermutlich nicht. Vermutlich war auch der gütige Mann nicht als Monstrum auf die Welt gekommen - aber das schmälerte seine Schuld nicht, ebenso wenig wie es die von Ruby schmälerte, die sich vielleicht in die jungenhaft blitzenden Augen des Blonden verliebt hatte oder in seine spitze Nase oder in seine süßen Segelöhrchen. 

Cassie drehte das Foto herum und schob es behutsam wieder zurück zwischen den geklebten Einband. Zurück in die Finsternis. 

Dann betrachtete er sich wieder die Bilder beider Mädchen. 

„Sie sind wunderschön und...bis auf die Haarfarbe, haben sie nicht viel von ihrer Mutter.“ 

In beiden konnte er seinen Liebsten deutlich erkennen und ohne das er sie persönlich kennengelernt hatte, so wusste Matthew sicher, dass er die Mädchen seines Mannes geliebt hätte.

„Hmmm... nimm du sie kurz.“, er gab Clarence die Fotos in die freie Hand die nicht unter seinem Shirt verschwunden war und reckte sich dann hinunter um den Becher mit dem Wein wieder hochzuholen. 

Zuerst hielt er die verbeulte Tasse dem Blonden hin und ließ ihn trinken, dann nahm er einen Schluck und kuschelte sich zufrieden wieder an. „Hast du mal überlegt die Bilder nochmal ablichten zu lassen? Man bekommt die Kopie bestimmt verkleinert sodass sie in eines dieser Medaillons passen, dass man um den Hals trägt.“, sinnierte er weiter und schaute wieder hoch zu Clarence. 

„Barclay hat schon richtig Mitleid mit dir weil du so wenig Schmuck trägst.“, er grinste. „Sagt, du hättest deinen Schmuck versetzt um mich durchzufüttern und das bei deinem Anblick sowas wie Fremdscham aufkommt weil du, Achtung Zitat ‚Halb nackt durch die Gegend laufen musst‘. Euch Jäger verstehe doch wer will, dass du barfuß bist scheint niemanden zu kümmern, aber das du nicht von oben bis unten Schmuck trägst...“

Dabei trug er doch den einzigen Ring auf den es ankam. 

„Das Medaillon wäre ein guter Grund wieder mehr Schmuck zu tragen, was meinst du, hm? Außerdem...hättest du sie dann näher am Herzen.“ - und dort gehörten sie auch hin.   


Clarence B. Sky

Tiger, Bär, nun sogar Fuchs – Matthew wurde nie müde einen Tiernamen für ihn zu finden und langsam musste der Blonde sich fragen, ob sich da zunehmend ein Faible bei seinem Mann entwickelte. So lange es nicht bei Hase oder Mausi endete, konnte er durchaus noch damit leben und ein wenig hatte Cassie in diesem Fall ja sogar recht damit, ihn so zu nennen.

Unbedarft, so als verstünde er gar nicht was dabei war sich ein Mädchen zur Frau zu nehmen das in der Hochzeitsnacht nicht viel mit ihm anzufangen wusste, zuckte er mit den Schultern und setzte das unschuldigste Gesicht auf, das er zustande bekam.

Am Ende war es jedoch gut gewesen die Kleine nicht erhascht zu haben, denn sonst säße er heute noch immer in Willow Creek statt hier oben unter den Wolken auf einem Bett in einem Zeppelin – und hätte keinen derart guten Sex, weder mit Matthew, noch mit seiner wenig an Männern interessierten Ehefrau.

Die Dinge, die in ihrer beider Vergangenheit lagen, war nichts das man sich wünschte oder von dem man behaupten konnte es wäre gut was geschehen war, weil es sie hierher geführt hatte. Trotzdem konnte man nicht verhehlen dass sie sich heute ganz sicher nicht hätten, wenn auch nur eine einzige Komponente in dem Vergangenen anders verlaufen wäre als geschehen.

Statt sich in diesem Gedanken zu verlieren, breitete Clarence die Hand auf dem Bauch seines Geliebten ab als dieser sich sachte in der Umarmung zu räkeln begann und streichelte langsam dessen angespannten Muskeln empor, bis seine Fingerspitzen auf den Widerstand des Harnischs trafen. Warum er dieses Teil trug wenn sie unterwegs waren, war offensichtlich und dennoch störte ihn das angewärmte Leder heute nicht zum ersten Mal auf einer seiner Erkundungstouren, ein Aspekt der seine Gefühle zu der Schutzkleidung zwiegespalten machten, immerhin… sah sein Mann darin auch verdammt attraktiv aus, wenn er sie nicht unter einem Hemd verbarg.

„Weißt du, was ich glaube?“, wollte er leise wissen und blickte in Cassies schönes Gesicht hinab, das die Narben nicht zu entstellen vermochten. Er war noch immer so schön und attraktiv wie eh und je und es umgab ihn ein sinnliches Strahlen, das nicht einmal ihr eher trauriges Gespräch im Keim ersticken konnte.

Ohne Spekulationen seines Mannes abzuwarten, fuhr er fort: „Ich glaube, dort wo die Mädchen sind… so weh es auch tut, sie nicht mehr hier zu haben… dort ist es schön und es geht ihnen gut. Sie sind zusammen, während ihre Mutter in dem Flammen der Hölle schmort, wo sie hingehört und nie wieder an die beiden heran kann. – Und Jamie, Chris und Brandon…“

 

 

 

 

 

 

 

 

Für einen Augenblick legte er seine freie Hand über den fremden Unterarm, ihn mit beruhigendem Druck in Matthews Schoß haltend, damit er sich nicht länger in seiner nervösen Übersprunghandlung verlor.

Deine Freunde sind immer bei dir, aber nicht um dir Schuld aufzubürden. Sie begleiten dich, sie passen auf dich auf… und sie haben verfolgt, was du im Leben mittlerweile alles erreicht hast. Sie leben in dir weiter, nämlich genau hier“ – bestimmt tippte er Cassie auf die Brust, dort wo unter dem Harnisch sein Herz saß – „und sie sind froh, dass du all diese Dinge für euch vier erlebst. Genauso wie meine Mädchen nicht wollen, dass ich unglücklich bin, sondern sich sicher freuen, dass ich es endlich geschafft habe ein neues Leben zu beginnen. Die Dinge, die wir träumen… sind oft nur die Vorwürfe, die wir uns selbst machen – nicht aber die anderen.“

Das hoffte er zumindest sehr, immerhin glaubte er fest daran, dass die fünf irgendwo im himmlischen Jenseits zu ihnen hinüber sahen und wenn dem so war, dann spürten sie auch, wie wenig Freude über ihren Tod empfunden wurde. Sie wurden vermisst und ihr Sterben nicht als gegeben hingenommen, was es schwer machte weiterhin Rachegelüste oder Unmut wegen ihres Überlebens zu empfinden.

Was ihm Matthew, der selbst oft Selbstzweifel hegte, beigebracht hatte, das war vor allem mehr Optimismus zu empfinden und zu versuchen, sich weniger von der Vergangenheit einholen zu lassen. Was geschehen war ließ sich nicht mehr ändern – dafür aber ihre Zukunft, in der sie aufgrund ihrer Erfahrungen heute Entscheidungen anders treffen konnten. Wachsamer sein konnten was andere anging, ihre Liebsten schützen bevor sie in Gefahr gerieten… aus und wegen des Respekts vor denen, die sie nicht hatten retten können.

Als sich der wohlvertraute Zug der fremden Finger an seinen Bart legte, folgte Clarence ihm bedingungslos hinab um sich dem Kuss hinzugeben. Matthews Lippen schmeckten nach Vertrautheit und Zuhause, nach Liebe und nach süßem, schweren Rotwein aus Rio Nosalida. Damals hatte ihm das Gesöff in der Villa der Hurenkönigin nicht wirklich gemundet, doch ihn von der Zunge des Dunkelhaarigen zu kosten, verlieh dem Ganzen einen betörenden Geschmack.

Wohlig seufzte er gegen die Lippen des Jüngeren und ließ seine neugierigen Finger vom Harnisch hinab auf Matthews Oberschenkel sinken, der sich unter der eng anliegenden Shorts abzeichnete. Oft genug schon hatten sich diese Beine in tiefer Nacht um seine Hüfte gelegt und dem Jäger dabei den Verstand geraubt, einer der Gründe warum Claire den stattlichen Körper seines Geliebten so sehr vergötterte. Zärtlich begann er nun statt den Bauch die Innenseite des fremden Schenkels zu streicheln, wohl wissend wie sein Mann auf derlei Zärtlichkeiten reagieren und was es mit Cassie anstellen konnte ganz langsam daran weiter hinauf zu kraulen, so wie der Bär es gerade tat.

Um ehrlich zu sein… fällt es mir schwer mir vorzustellen, dass so ein anmaßender Heide wie du mal irgendwann gebetet hast. Aber jeder von uns hat eine Vergangenheit“, warf er seine Bedenken ein, konnte aber nicht wirklich amüsiert dabei klingen, immerhin hatte Cassies Beichte einen ernsten Hintergrund. Dass es dem christlichen Jungen schwer fiel an einen vor dem Bett knienden kleinen Matti zu denken, war jedoch nicht gelogen.

Für einen Moment schweigend fuhr Clarence mit dem Daumen über das empfindsame Areal zwischen Schenkel und Leiste, brummte dabei lediglich leise und dachte sichtlich darüber nach ob es Sinn machte, eine ernste Diskussion über Gott und Glaube vom Zaun zu brechen.

Da sie dann aber noch bei Sonnenaufgang ohne Ergebnis hier sitzen würden, beobachtete er schließlich wie Ruby-Sue endlich wieder in ihrem dunklen Versteck verschwand und damit auch ein Stück weit Beklommenheit mit dorthin nahm, wo sie hin gehörte: Außerhalb des Bettes.

Sorgsam reckte er die Bilder seiner Mädchen ein Stück weit von sich als er einen Schluck aus dem dargebotenen Becher nahm, bevor er die Längen kurz hinab auf die Bibel klopfte, um sie ordentlich übereinander zu stapeln.

Kopien? Denkst du nicht, dass die Originale hier schon Sünde genug sind für einen Fanatiker?“, hakte er mit einem Lächeln in der Stimme nach, immerhin ging die Liste mit seinen Vergehen mittlerweile sehr, sehr weit über die drei Fotos hinaus. Bislang war er aber nicht deshalb nie auf einen solchen Gedanken gekommen, sondern weil es ihm bequem erschienen war seine Kinder dort verborgen zu wissen. So konnte er selbst entscheiden wann er sie sehen wollte und wann er es nicht ertrug – doch sie waren dort eben auch ein Geheimnis statt Teil seines Lebens gewesen.

Schon viel früher hätte er seinem Mann auch von sich aus vorschlagen können ihm seine beiden Mädchen vorzustellen, hatte es jedoch vermieden da er sich nicht hatte ausmalen können, wie ein solcher Abend wohl enden würde. Wäre Cassie überhaupt dazu in der Lage gewesen, passende Worte zu finden? Oder wollte er das überhaupt, gegeißelt vor lauter Angst, womöglich etwas Falsches zu sagen?

Nicht zum ersten Mal überraschte Matthew ihn damit, dass seine Bedenken völlig unbegründet gewesen waren – und dass die beiden auch Teil des Hier und Jetzt sein durften, wenn ihr Vater es wollte.

„Ich finde das eine… schöne Idee. Wirklich. Vermutlich werde ich mich auf die Umsetzung emotional erst noch ein bisschen vorbereiten müssen, aber… falls dem Rucksack irgendwann man was passiert… wären sie nicht ganz verloren.“

Derartige Bedenken hatte er schon öfter gehabt, doch sie schnell wieder verdrängt um sich nicht damit auseinander setzen zu müssen. Doch sollte der Fall wirklich einmal eintreten, dann wären die beiden trotzdem noch nah bei ihm, wo er sie am liebsten wusste.

Ein kurzes Schmunzeln wehte über seine Lippen bei dem Gedanken eines solchen Medaillons, wobei er die sorgsam zusammengelegten Fotos schließlich zu den anderen Dokumenten in die Bibel schob und sich etwas beiseite lehnte, um das Buch über den Rand des Bettes auf den Nachtschrank in Sicherheit zu bringen.

„Mal abgesehen davon, dass Barclay die meiste Zeit des Tages Stuss redet… Eigentlich wäre ich davon ausgegangen, es würde dir gefallen wenn ich, Achtung Zitat: halb nackt durch die Gegend laufen muss“, neckte er unverhohlen den jungen Mann, der jetzt bloß nicht so tun sollte als hätte er damit ein Problem, so oft wie er den Bären mit nacktem Oberkörper an Deck ihres Bootes mit seinen Blicken regelrecht verschlungen hatte. „Du bist doch der Erste in der Reihe, der ein Stück von mir abhaben will.“

Zur Strafe und um ihm jeden Widerspruch zu verweigern, versiegelte Clarence die Lippen seines Liebsten augenblicklich mit den seinen und drängte ihm einen Kuss auf, der nicht mehr ganz so unschuldig anmutete wie jene, die sie bis eben geteilt hatten. Die Nacht war noch jung und selbst die diebische Elster sollte mittlerweile endlich im Bett liegen, sodass es hoffentlich niemanden mehr gab, der sie heute Abend noch stören konnte.

Seufzend spaltete er die Lippen des Jüngeren mit seiner Zungenspitze auf, gestattete sich selbst Einlass in den fremden Mund und verstärkte etwas den Griff an Matthews Oberschenkel, um die Wärme durch den störenden Stoff zu spüren wie er auch die Hitze der fremden Zunge auf seiner spürte. Noch immer lag der Geschmack des schweren süßes Weins über allem, was Clarence nur noch hungriger darauf machte den Jüngeren zu schmecken und sich von ihm betören zu lassen.

„Wenn du nicht aufpasst, dann…“, wie eine dunkle Drohung aus der Ferne ließ er diese Worte kurz zwischen ihnen hängen, ließ den Blick an Matthews Brust hinab wandern zu seinem Schritt, in dessen Nähe sich seine eigene Pranke niedergelegt hatte. Manchmal reichte es ihm einfach schon aus sich seinen eigenen Ehemann zu betrachten um diesen ganz bestimmten Appetit zu verspüren der nur dann nachließ, wenn man sich holte, wonach man begehrte.

Die restlichen Finger lösend, beließ er nur den mittleren auf Matthews Schenkel, tänzelte damit frech am Stoff bis über den Bund der Hose entlang und die dunklen Härchen hinauf, die ihm sonst auf der Reise gen Süden den Weg vorgaben. Stattdessen folgte er dem Pfad heute nach Norden und umkreiste dort schließlich ganz sacht den Nabel des Jüngeren, der sich noch scheu unter der fremden Kleidung verbarg.

Damit sein empfindlicher Geliebter sich nicht davon stahl, drängte er den freien Arm unter dem störenden Hemd dichter um Cassies Brust und haschte nach Matthews Hals, um ihn neckend mit den Zähnen zu mahnen, gleich dem starken König des Waldes der schon dann und wann das Böckchen auf jene Weise so gemahnt hatte, sich bloß nicht zu verwehren.

Schon wenige Augenblicke später schaffte er es, seine Finger unter den ledernen Harnisch zu drängen und diesen dadurch zu lockern – die Schnürung, sonst viel zu kompliziert für einen grobmotorischen Tölpel wie ihn, hatte sich plötzlich auf magische Art und Weise während des Ablenkungsmanövers gelöst.

Wenn du nicht aufpasst, dann… werde ich dich daran erinnern müssen, wieso du mich so gerne halb nackt in deiner Nähe hast…“


Matthew C. Sky

Vielleicht waren seine Freunde dort wo auch Clarence‘ Mädchen waren und vielleicht stimmte auch, was der Blonde über sie sagte. 

Dass sie auf Matthew aufpassten, dass sie stolz waren weil er all das überlebt hatte und nun das Leben lebte, welches ihnen nie gestattet war zu führen. 

Matthew wusste nicht ob das stimmte, konnte daran aber nicht so recht glauben, weil er die Sache mit dem Glauben ohnehin nicht mehr fertigbrachte. 

„Das ist...ein schöner Gedanke und eine tröstliche Vorstellung.“ räumte er ein und lächelte ein kleines, dankbares Lächeln gen Clarence. Nicht an einem einzigen Tag war ihm entgangen, wie sehr sich der Blonde verändert hatte. So still war er einst gewesen, so schroff und abweisend. Er hatte die Welt und sich selbst getäuscht - nicht aber Matthew. 

„Danke.“ 

Die Nähe und Vertrautheit zu Clarence war etwas, dass dem Jüngeren unglaublich gut tat. Nicht nur der Wildling war offener geworden, auch Matthew hatte sich zum Positiven verändert. Was ihn vor nicht allzu langer Zeit noch Überwindung gekostet hatte - nämlich von früher zu erzählen - bereitete ihm heute nicht mal mehr halb soviel Sorgen, weshalb er sogar kurz und leise auflachte, als Clarence ganz offen verkündete, er könne sich Matthew nicht als gläubigen kleinen Jungen vorstellen. 

Mittlerweile konnte Cassie das nicht mal mehr selbst. 

„Es stimmt aber. Rosalie hat uns immer vom Leiden Christi erzählt, Davon, dass er am Kreuz für uns gestorben ist, als eine Art... Vorauszahlung an Gott für all unsere Sünden. Die schon begangenen und die, die noch in Zukunft geschehen werden.“

Aber die Sünden der Menschen konnten nie bezahlt werden, es konnte keinen Ausgleich geben für all die abscheulichen Dinge die passiert waren oder anderen in just diesem Moment passierten. 

„Damals hab ich dran geglaubt. Und daran, dass der Herr mein Hirte ist. Sogar ziemlich lange noch...in Anbetracht der Umstände.“

Der Herrgott würde sich vermutlich mit Grausen abwenden, wenn er sehen würde wie Clarence ihn während seiner Erzählung streichelte. Aber Matt genoss die Liebkosung und fühlte sich in Clarence‘ Armen unglaublich wohl.  

Aufmerksam beobachtete Cassie seinen Mann dabei wie er die Bilder wieder zusammenschob und anschließend mit den Längsseiten auf den aufgeschlagenen Einband klopfte.

Dass ihm die Idee mit dem Medaillon gefiel, brachte Matthew dazu zu lächeln und im Stillen den Entschluss zu fassen sich um die Umsetzung zu kümmern. Und wenn Clarence dann eines Tages soweit war, würde Cassie ihm das fertige Schmuckstück überreichen können. 

„So ein schlechter Kerl ist Barclay nicht. Er kam mir ganz nett vor und was die Sache mit dem Stuss reden angeht...da bin ich einiges gewohnt, dank dir.“, ketzerisch grinste er bevor der Größere ihm einen festen und überraschend verlangenden Kuss aufdrückte.  

Überrumpelt von der plötzlichen Bestimmtheit ließ Cassie die fremde Zunge eindringen und quittierte das in ihm aufkommende Gefühl mit einem leisen, sinnlichen Keuchen. 

Der Druck auf seinen Oberschenkel nahm zu, ließ ihn spüren wie viel Kraft der Andere hatte und unterstrich die dunkle Drohung des Blonden, welche im Anschluss an den Kuss folgte. 

Die Überraschung stand Cassiel noch in den Augen geschrieben, da folgte er Clarence‘ Blick an seinem Körper hinab. 

Er wusste nicht, was in den Blonden gefahren war, aber der Hunger und das Begehren im Antlitz seines Mannes zu sehen, blieb nicht ohne Wirkung auf den Jüngeren. 

Der vorwitzige Finger des Hünen begab sich auf die Reise, streichelte neckend und herausfordernd über seine Haut, tauchte unter sein Shirt und fuhr federleicht den dunkel Pfad aus feinen Härchen empor, der von seiner Scham zu seinem Nabel führte. 

Obgleich die Situation mit einem mal eine sehr anregende Note bekommen hatte, kicherte Cassie amüsiert wegen dem kitzelnden Gefühl welches Clarence ihm bescherte. Das Geräusch war jungenhaft und verliebt und man hätte meinen können, dass es zu einem Burschen gehörte dem noch nie etwas schlimmes passiert war. Und wenn Clarence bei ihm war...dann stimmte das sogar irgendwie. Der Dunkelhaarige lehnte sich zurück in die Umarmung des Bären und fing an zu schnurren, als das Raubtier zu dem sein Mann geworden war, zart aber durchstarten warnend in seinen Hals biss. 

Damit sein Häscher es leichter hatte drehte er den Kopf zur Seite, ihm den empfindlichen Hals offenbarend. Unter den Küssen und neckischen Bissen, den Streicheleinheiten, dem grollenden Brummen und der Anziehung des Augenblicks, entging es Matthew völlig wie sich Clarence an der forderten Schnürung seines Harnischs zu schaffen machte und es schaffte den Knoten zu lösen. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit für einen Grobmotoriker wie ihn, der sich manchmal schon anstellte wenn er eine Konserve öffnen sollte. 

Erst als die ersten Finger des Wildlings sich unter das Leder schoben, wurde Cassie das Manöver gewahr und er raubte Clarence wortlos einen Kuss. 

„Halb nackt, hm?“ raunte er danach fragend und gab dem Raubtier Gelegenheit den Fehler zu erkennen. „Am Liebsten habe ich dich ganz nackt bei mir...damit ich dich in deiner vollen Schönheit betrachten kann und damit du...all die Dinge tun kannst, mit denen du mich um den Verstand bringst.“

Er winkelte ein Bein an und und schmiegte sich mit dem Rücken fester gegen Clarence‘ Brust, ihm signalisierend, dass er die neue Richtung die der Abend gerade nahm sehr genoss. 

Cassie hob einen Arm und streichelte mit den Fingern über den Hals des Größeren, blickte zu ihm auf und wisperte leise:

„Außerdem...was will ich mit einem Stück von dir? Du solltest wissen, dass ich mehr der ‚ganz oder gar nicht Typ‘ bin.“

Erneut zog er Clarence zu sich herunter und küsste ihn, dieses Mal ähnlich innig wie es der Bär zuvor getan hatte, mit dem Unterschied, dass er die fremden Lippen nicht so zügig aufspaltete, sondern wartete bis sich die rosige Zungenspitze seines Häschers von selbst hervorwagte. 

Dann erst drängte er sehnsüchtig die eigene dagegen und seufzte sinnlich dabei. „Was hast du nur an dir...dass ich so vernarrt in dich bin...“ - ein Rätsel dessen Lösung nicht aus einer einzigen Antwort bestand, sondern vielschichtig war. 

Clarence war verteufelt gutaussehend - sein schroffes und markantes Äußeres, sein athletischer Körper, seine weichen Lippen... Die geschmeidige Art zu gehen, sein stilles Mustern der Umgebung, selbst die routinierten Handgriffe... schier alles verriet einem Außenstehenden, dass dieser Mann keiner war den man herausfordern sollte. 

Er war ein Jäger - ersichtlich auch ohne Klimmbimm und er war definitiv nicht zu unterschätzen. Cassie allein wusste um die zärtliche und liebevolle Seite des Blonden. Er wusste wie behutsam die großen Hände sein konnten, wie sanft sie zu streicheln in der Lage waren, wie gefühlvoll der Mund küssen konnte und wie weich sein Blick in der Lage war zu sein, betrachtete er etwas, dass er liebte. 

Für Matthew war dieser Mann keine Gefahr mehr, auch wenn sie das ungleiche Kräfteverhältnis dann und wann in ihre intimen Stunden einwoben. 

Und auch jetzt hatte es etwas ganz besonders prickelndes an sich zu wissen, dass der Appetit in dem Räuber entfacht war - und das es Cassie sein würde an dem er sich laben würde. 

 


Clarence B. Sky

Egal ob in Clarence nun der Drang aufflammte seinen Mann zum Christentum zu konvertieren, ob ihm eine Erwiderung auf der Zunge lag oder nicht: Matthew hatte keinen Hirten mehr in seinem Leben verdient, noch nicht einmal den lieben Herrgott persönlich. Er sollte endlich frei sein, sollte nicht mehr den Anweisungen oder Regeln anderer unterliegen. Sollte tun und lassen wonach ihm der Sinn stand statt Befehlen zu folgen die man ihm gab – und selbst entscheiden können wem er folgte. Nicht weil Clarence ihn dazu zwang mit ihm zusammen zu sein, sondern weil der Jüngere es gerne so wollte.

Für ihn selbst, der mehr als die Hälfte seines Lebens unter den Fanatikern im Madman Forest verbracht hatte, war es zwar möglich aus den auferlegten Geboten auszubrechen und sich bewusst für einen anderen Weg zu entscheiden. Doch deshalb seinen Glauben aufgeben, dass es Gott gab? Das hatte er so nicht gelernt und würde diese Weltanschauung vermutlich auch niemals aufgeben, ganz gleich was ihm widerfuhr.

Hier und jetzt in diesem kleinen Raum war Gott jedenfalls nicht anwesend und war deshalb blind für die Dinge, die Clarence gedachte alsbald mit jenem Mann anzustellen, mit dem er durch den heiligen Bund der Ehe verbunden war.

„Wenn du willst, dass mir der Sinn danach flöten geht, ein bisschen an dir herum zu fummeln… dann erwähn Barclay ruhig noch ein paar Mal“, neckte er herausfordernd und frech die attraktive Beute in seinen Armen, immerhin begann er nicht damit den anderen auszuziehen, damit er sich zum Dank anhören konnte was für ein toller Typ der Vollpfosten eine Etage tiefer war. Cassies schneller Auffassungsgabe sei Dank, fand der Träger des störenden Harnischs kurz darauf weit passendere Worte, um den Hunger seines Häschers nicht versiegen zu lassen.

Mit einem interessierten Brummen beobachtete er die Auswölbung seiner eigenen Hand unter Matthews Hemd, einer lauernden Raubkatze gleich, deren Interesse geweckt worden war und der man noch nicht ansehen konnte, ob sie bereit war zu jagen oder nur ein wenig mit ihrer auserkorenen Beute spielen wollte. Deutlich spürte er den dünnen Schweißfilm unter seinen Fingern, die das blanke Leder auf Cassies Haut hinterlassen hatte und das sie geschmeidig über den warmen Untergrund hinweg gleiten ließ so wie es sonst nur der Fall war, wenn der Leib des einstigen Söldners schon vor Erschöpfung glänzte.

Es war noch gar nicht lange her, da hatten sie nüchtern abgeklärt ob es nicht langsam mal wieder an der Zeit sei zu vögeln und genauso unromantisch wie die Diskussion an sich gewesen war, so plump hatten sie sich auch ihrer Kleidung entledigt. Jeder für sich, ohne ein sinnliches Spiel für den anderen daraus zu machen und ohne sich Zeit zu nehmen für etwas, das so schön anzusehen sein konnte wie ein langsames Entledigen der fremden Kleidung. Mit etwas Glück hatte Cassie ihm geholfen schneller hart zu werden - mit etwas Pech hatte er seine eigene Hand dafür verwenden müssen und so war es eigentlich immer gelaufen, bis er sich unter der tristen Ansicht des fremden Rückens lieblos ins Gras unter ihnen ergossen hatte.

Die wenigen Wochen, die zwischen damals und heute lagen, fühlten sich für Clarence mittlerweile an wie eine verfluchte Ewigkeit. Während er langsam seine Finger in die ledernen Schnüre hakte und sie unter dem Hemd Stück für Stück ungesehen aus ihren Ösen zog, zelebrierte er sein Vorgehen mit sichtbarem Genuss, der sich in seinen blaugrauen Iriden abzeichnete. Matthew mittlerweile entkleiden zu dürfen, über ihn herzufallen wie und auf welche Art er das wollte… das war eines der größten Geschenke die sein einstiger Weggefährte ihm machen konnte und genauso entpackte er den Jüngeren auch gerade – wie ein Präsent, an dem er sich im Anschluss stundenlang zu erfreuen gedachte.

Weißt du, ich… wähne mich auch durchaus dazu in der Lage… dich um den Verstand zu bringen, ganz ohne, dass ich dafür nackt sein muss…“, raunte er leise, wickelte ein Ende des Lederbandes um seinen Finger und zog träge aber anhaltend daran, bis es auch die letzten zwei Ösen bereitwillig verlies. Soweit er sich erinnern konnte, waren sie damals im kalten Hinterhof des Gasthauses alles andere als nackt gewesen; er selbst noch weniger als sein Partner, dessen Schwanz sich unter der Decke hart und prall in die Höhe gereckt hatte.

Bei dieser Erinnerung anzüglich schmunzelnd, ließ er geräuschlos das Band vom Bett sinken und blieb dabei voll und ganz bei dem jungen Mann, der so schrecklich vernarrt in ihn war, dass es ihnen unmöglich sein würde, die Scharade einer bloßen Freundschaft noch für Wochen aufrecht zu erhalten. Alleine die bloße Hoffnung sie würden nicht auffliegen, war eigentlich lachhaft angesichts dessen wie wenig sie Augen und Finger voneinander lassen konnten. Doch genau das Spiel mit dem Feuer war es, das die Lust auf die gemeinsame Zeit noch größer und die Sehnsucht nach seinem erregten Partner dringender werden ließ.

Die Aussicht auf den pulsierenden Schwanz des Jüngeren war es, die seinen Griff am Oberschenkel schließlich zaghaft weiter hinauf wandern und sich mit warmem Druck über den Schritt des anderen legen ließ. Noch immer war es ein schönes Gefühl ihn dort zu berühren, das Kribbeln zu spüren wie es auch in einem selbst anwuchs und die zarte Gänsehaut, die damit einher ging. Cassie hatte trotz Ehe nichts von seiner Faszination für den Blonden verloren, er war ein unheimlich attraktiver Mann und erregte den Hünen wie kein anderer – vor allem seitdem er sich so bereitwillig hinab, ohne Zweifel oder Zögern darauf vertrauend, dass der wilde Barbar nur das Beste für ihn wollte.

Raunend streichelte er mit der Nasenspitze über Matthews hinweg, atmete seinen Duft ein und suchte schließlich wieder den fremden Mund um ihn davor zu retten, der Einsamkeit zu verfallen. Wenn Claire eines gelernt hatte, dann, dass sein Partner nicht erst seit gestern auf das Liebkosen seiner Lippen besonders intensiv reagierte und sich darunter oftmals die süßtesten Töne entlocken ließ, die der Bär jemals gehört hatte.

Anschmiegsam und ohne dabei fordernd zu werden, begann er den Schritt des anderen sanft zu massieren und streichelte mit der anderen Hand die nun freigelegte Brust hinauf, die sich durch das Leder noch wärmer anfühlte als der Rest. Matthew hatte nicht die geringste Ahnung wie gut sich sein Körper unter den Pranken des Bären anfühlte, doch er konnte womöglich eine geringe Ahnung davon haben - denn nicht umsonst verlockte er den Größeren dazu, seine Zungenspitze erneut zwischen die Lippen des Jüngeren hindurch zu stehlen.

Ohne heute ein Fangenspiel oder einen kleinen Kampf mit ihm auszutragen, genoss er es einfach nur wie ihre Zungen zueinander fanden und wie Matthew dabei die Hitze in seinem Innersten zunehmend anfachte. Manchmal brauchte es selbst beim Bären nicht viel um ihn hungrig auf seinen Mann zu machen, denn ihre Küsse waren über die Monate hinweg so intensiv und gefühlvoll geworden, dass es unmöglich war sich gegen die prickelnde Anziehung zwischen ihnen zu verwehren, die verlässlich damit einher ging.  Sein oftmals freches Böckchen spielte heute keine Spiele mit ihm, es wollte nicht mit Gewalt erobert werden, das spürte der Bär deutlich; wichtig war nur sich zu erleben, den anderen zu spüren und einander zu schmecken und all das waren Dinge, die Clarence dem Jüngeren nur allzu gerne gab.

Mit einem unruhigen Seufzen löste er sich schließlich vorsichtig, beließ seine Lippen jedoch in direkter Nähe zu den anderen, sodass er sie würde wieder einfangen können wann immer ihm danach war. Stattdessen blickte er wieder am fremden Oberteil hinab zwischen Matthews Schenkel wo seine starke Hand noch immer ruhte und wo unter störender Kleidung genau das lag, an dessen purem Anblick er sich in nicht allzu ferner Zukunft zu laben gedachte.

Du bist so schön…“, brummte er leise und kratzte besitzergreifend unterm Hemd über Matthews Brust, bevor er beschwichtigend die Fingerkuppen über eine der zarten Brustwarzen legte um sich für den groben Umgang mit ihrer Umgebung zu entschuldigen. Ganz zart umkreiste er sie streichelnd, in der Absicht seinen Geliebten zärtlich darauf einzustimmen, sich heute Nacht seinem starken Bären hinzugeben und einfach nur zu genießen. „Wenn du nur wüsstest… wie gerne ich deinen nackten Körper betrachte, während du Lust auf mich hast… mhh… mich hat noch nie ein Mann so erregt wie du es tust…“


Matthew C. Sky

Schnürsenkel binden, eine Konserve öffnen oder eine Knopfleiste schließen beziehungsweise aufzuknüpfen...all das bereitete dem Blonden oftmals Schwierigkeit, bis hin zu Frust über das eigene Unvermögen. Die selbstverstümmelten Hände waren filigranen Arbeiten nur noch bedingt gewachsen, aber eines konnten sie bemerkenswert gut:

Den Wirrwarr aus gekreuzter Schnürung im Lederharnisch lösen und das auch noch blind, ohne auch nur einen Blick auf das Geschehen werfen zu müssen. 

„Mhhh~ ich weiß, dass du das kannst...“, bestätigte Cassie seinem Raubtier, nicht gewillt seine Erkenntnis abzustreiten. 

„Aber wenn du nackt bist....“, er biss sich auf die Lippen um sein Seufzen zu dämpfen welches unausweichlich war als Clarence seine Hand auf seine Körpermitte legte und sanften Druck ausübte. 

Matthew spürte wie ihm heiß wurde, im Zentrum jener Hitze lag seine Leistenpartie und von dort aus breitete sich die Wärme in seinen ganzen Körper aus. 

Clarence machte nicht viel, aber was er tat, das machte er richtig. 

Cassie hob verklärt den Blick von seinem Schoß als sein Häscher die eigene Nase zärtlich an seiner rieb. Er wollte sagen, wie sehr ihn liebte, aber der Blonde versiegelte seinen Mund mit einem zärtlichen Kuss der den Kleineren leise wimmern ließ. 

Es fühlte sich so unbeschreiblich schön an mit Clarence zu küssen, seine weiche Zunge ganz sacht zu spüren, ihn zu schmecken, seine Wärme zu fühlen und das seichte Kratzen seines Bartes auf der Haut zu spüren. Alles an Clarence war richtig, nichts war falsch oder heute eines Kampfes wert. 

Gedämpft durch den Kuss fiepte der Dunkelhaarige, während er geschmeidig mit der Zunge ihren Gegenpart umspielte.  

Die Hitze von seinen Lenden hatte mittlerweile den gesamten Körper ergriffen und auch seine Wangen in einen zarten Rotton getaucht. Benommen erwiderte Cassiel den Blick des einstigen Jägers und sehnte sich danach ihn erneut zu küssen. 

Clarence indes sah ihn an, ein hungriges Glänzen in den Augen welches ihnen den Ausdruck einer lauernden Raubkatze verlieh.  Ein Ausdruck, der den Jüngeren schwächer und anschmiegsamer werden ließ und damit direkt dafür sorgte, dass das Raubtier noch mehr Appetit bekam. Ein Kreislauf der gegenseitigen Erregung wenn man so wollte, der keinem von ihnen je geschadet hatte. 

Kaum merklich, aber für den aufmerksamen Beobachter dennoch sichtbar, jagte ein wohliger Schauer durch den definierten Leib des Kleineren als Clarence eine seiner Knospen zu umgarnen begann. 

Die Fingerkuppen seines Häschers waren ein bisschen rau - Zeuge der harten Arbeit an Deck ihres Zuhauses- was in Kombination mit der unglaublichen Weiche seiner Knospen einen sinnlichen Kontrast bot und Cassie genießend schnurren ließ. 

Es stimmte, dass es nicht viel brauchte um ihn auf sinnliche Momente einzustimmen, auf der anderen Seite gab es sicherlich duzende einstige Liebhaber über den Kontinent verteilt, die es sich während der gemeinsamen Zeit sehnlichst gewünscht hatten, Matthew solche Töne zu entlocken wie es der Blonde schaffte. 

Mädchen wie junge Männer hatten zwar intensive Stunden mit ihm verbracht, aber waren niemals dazu im Stande gewesen den glasigen Blick oder die zarte Röte seiner Wangen zu beschwören. Bei aller Leidenschaft so hatte Matthew erst unter einem einzigen Menschen gelernt was es hieß loszulassen.

Clarence. 

Und eben jener Mann war auch nun an seiner Seite, flüsterte ihm zu wie schön er war und wie sehr der Bär es genoss ihn anzusehen, hatte Matthew Lust auf ihn. 

„Ich habe Lust auf dich...“, flüsterte Cassie unumwunden hauchend und wusste, dass Clarence das schon bald unter seiner Hand fühlen würde. Auf die wohlgesinnte Massage reagierte sein Körper bereits und seine verborgene Männlichkeit wurde hart. 

„Hnnn~...“, seufzend vor Genuss drängte er sich der Umarmung weiter entgegen und zeigte damit einmal mehr deutlich, dass ihm nicht nach Flucht oder Spiel war, sondern nach Nähe und Innigkeit. 

„Ich weiß nicht...wie du das machst...“, es lag nicht daran, dass der Blonde der erste war der ihn anfasste oder massierte oder seine Brust streichelte - aber er war der erste und einzige, bei dem Matthew derart sensibel reagierte. 

„Aber du musst wirklich nicht nackt sein um mich um den Verstand zu bringen.“ - sich seiner Lage nur allzu bewusst, lächelte Cassie und fügte amüsiert an „Ich muss noch nicht mal selbst nackt dafür sein.“ 

Das behutsame Streicheln seiner Brust, gepaart mit dem sanften Druck auf seinen Schoß machten ihn zu Wachs unter Clarence‘ Tun. Der Dunkelhaarige hob eine Hand an das Gesicht seines Liebsten, zwang ihn dazu den Blick von seiner Mitte abzuwenden und ihm in die Augen zu sehen. Cassie hob den Kopf etwas an und suchte nun seinerseits den Mund des Anderen um ihn sanft zu küssen und ihre Zungen miteinander tanzen zu lassen. 

Das Prickeln und die Erregung welche der Bär in ihm entfachte wurde unter dem Kuss schnell für selbigen spürbar. 

Das Glied des Jüngeren drängte sich gegen den Stoff seiner Jeans und wölbte das Kleidungsstück sicht- und fühlbar aus, schmiegte sich der massierenden Hand entgegen. 

Leise stöhnte Cassie in den Kuss und fing damit an sich unruhig zu winden. Der junge Mann sehnte sich danach von dem hungrigen Raubtier gerissen zu werden, auf das er allein ihm gehörte, sie eins wurden und einander so spürten wie es unbeschreiblich war. 

Schon jetzt wallte in ihm das Verlangen danach auf den prallen Schwanz des Hünen in sich zu spüren, zu fühlen wie der Bär ihn dehnte und mit der eigenen Lust befeuchtete, bis selbst der große Schwanz ganz leicht in ihm bewegt werden konnte. 

„Du...erregst mich so...“ flüsterte Cassie gegen die eben noch geküssten Lippen und tastete mit der Hand nach dem Schoß seines Raubtiers um es an eben jener Stelle zu stimulieren. 

Wie so oft wenn sie zusammen waren, wurde Matthew schnell unruhig und ungeduldig, wollte zügig alles haben wonach es ihn verlangte - obgleich er doch mittlerweile wusste, dass der Weg bis zum Ziel mindestens so prickelnd war wie das Ziel selbst. 

Trotzdem konnte er sich nicht immer in Geduld üben. 

„Hmm~ mein schöner Bär...“, er atmete tief ein, wodurch sich sein Brustkorb der kosenden Tatze entgegen hob. Seine weichen Knospen waren längst aufgerichtet, verborgen unter dem Oberteil. Der Harnisch war durch das vollständige Lösen des Bandes zur Gänze aufgeklappt und hing - völlig ohne Funktion - nur noch an den Seiten herab. 

Clarence wanderte mit der Hand wieder herunter zu seinem Bauch, wodurch sich der Stoff von Matthews Shirt wieder über dessen Brust legte und damit ein Bild kreierte wie es voller sinnlicher Erotik war. Die eben noch umschmeichelten Knospen zeichneten sich als kleine Erhebungen unter dem Shirt ab und legten offen wie erregt das junge Böckchen bereits unter den Pranken seines Bären geworden war. 

Er nahm die Hand von Clarence‘ Schritt und verkrallte sich stattdessen im Stoff des Oberteils um daran zu ziehen. Er ließ es ein Stück weit zur Seite rutschen, nicht weit genug um eine seiner Knospen zu entblößen, auch wenn das sein Ziel gewesen war. Doch durch seine Haltung war sein Shirt etwas eingeklemmt und ließ sich nicht weiter verschieben - allerdings verursachte der reibende Stoff ein sehr angenehmes Gefühl, was den Kleineren wohlig seufzen ließ. „Was machst du mit mir, hm? Was machst du bloß...?“ - jammerte das erregte Böckchen leise, unfähig seinem Häscher gegenüber auch nur den geringsten Widerstand zu leisten. Dafür machte das Raubtier es einfach zu schön für ihn, machte ihn sich so empfindlich fühlen und kümmerte sich zu gut um seine Bedürfnisse. Bedürfnisse freilich, die es nur wegen dem Bären überhaupt hatte...


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