Markt

11. Mai 2210


Clarence B. Sky

Es gab sie tatsächlich, diese ganz seltenen Tage an denen sich die beiden jungen Männer ganz und gar ohne Worte zu verstehen vermochten. So oft sie auch aneinander vorbei redeten, nicht nachvollziehen konnten warum der andere gerade angefressen war oder generell auch mal kein offenes Ohr für ihren Gefährten hatten, so sehr war Matthew dennoch in der Lage, aus einem einfachen Blick ganze Gesprächsfetzen zu interpretieren.
Es bedurfte keines laut ausgesprochenen Gedankens seitens Clarence‘, nur damit sein Mann genau absehen konnte, was der Jäger der jungen Frau im Augenblick am liebsten angedeihen lassen würde. Das war ein wertvolles Gut innerhalb einer Bindung die tagtäglich so wechselhaft war wie das derzeitige Wetter und unbezahlbar für ihren Umgang miteinander, der sich oftmals nicht einfach gestaltete.
Natürlich war es nobel von Matthew der müffelnden Sally kein Haar krümmen zu wollen, dennoch blieb die Frage offen, ob diese Einstellung im Umkehrschluss auch für sie selbst etwas Gutes bedeutete. Die junge Frau hatte etwas Verschlagenes an sich, ihre Augen und auch ihr seltsames Grinsen sprachen von Hinterlist und Tücke, die Claire noch nicht ganz zu ergründen vermochte – etwas das ihn wahnsinnig machte, auch wenn man das dem Jäger nicht unbedingt ansah.
Eventuell vielleicht hätte auch Quentin ihre Frage nach Freundschaft mit Ja beantwortet, wäre die Unbekannte nicht so erbost darauf, sie für ihre Bindung öffentlich an den Pranger zu stellen. Sicher, sie war keine Schönheit vom Lande, roch genau wie das Loch aus dem sie bei ihrer Geburt gekrochen war und war zudem eine sehr einfach gestrickte Persönlichkeit, aber dennoch schwang in ihrer Einfachheit ein gewisser eigener Charme mit, dem man die flapsige Ausdrucksweise nicht übel nehmen konnte.
Clarence, der sich oft schwer damit tat jemanden sympathisch zu finden oder lockere Bekanntschaften zu schließen, besaß einen unübersehbaren Faible für derartige Menschen. Auch Harriet, die in ihren losgelösten und unüberlegten Zügen übereilig handelte, hatte ihm von Anfang an gefallen und würde Matthew einige Leute aus dem Clan seines Mannes kennen, ihm wäre schnell aufgefallen, dass die am wenigsten Angepassten dem Hünen oft näher standen als das Durchschnittsvolk.
So aber, beschämt und beschimpft, würde Sally Mitchel es garantiert nie in die Top Ten des Jägers schaffen, zumindest was die beliebten anständigen Leutchen anging. Auf seiner Abschussliste hingegen kämpfte sie sich immer weiter empor, auch wenn sich die Lage dank seiner Ansage langsam aufzulösen schien.
Schweigsam folgte der Blick des Schamanen zuerst dem Dunkelhaarigen als jener sich zu entfernen begann, beinahe so als müsste man beim Söldner genauso auf ungeahnte Aktionen gefasst sein wie bei der Fischertochter, bevor sich seine kühlen Augen wieder zurück auf Letztere hefteten. Die Idee, der minderbemittelte Feivel könnte ihnen beiden beim Vögeln zuschauen, zauberte ihr beinahe schon ein träumerisches Funkeln in ihren fahlen Blick und wäre sie nicht ein derart unansehnliches Weib das eben ein Weib war und Claire nicht derart überzeugt von gottgewollter Monogamie, vielleicht hätte der Aufenthalt in Cascade Hill City dann tatsächlich noch unerwartet spannende Aspekte mitgebracht.
So aber, dem schiefen mondgelben Lächeln gegenüber stehend und den strengen Geruch des Fischerberufs gepaart mit Alkohol in der Nase, konnte der Bär von Mann nach jenem Vorschlag nur allzu gut nachvollziehen, warum sein Göttergatte sich nur wenige Minuten zuvor vor den Füßen der Fremden übergeben hatte.
Kein freundliches Wort des Abschieds hatte sich Sally Mitchell mehr verdient und selbst als sie schließlich brav kehrt machte um sich vom derzeitigen Standpunkt zu entfernen, genauso wie der treue und hörige Feivi, blieb der Jäger noch eine Weile mit wachsamen Augen an der jungen Frau hängen. Weit langsamere Schritte als die dies Jüngeren brachte ihn wieder mit seinem Mann zusammen, doch selbst der gerechtfertigte barsche Kuss konnte Clarence nicht davon abhalten der neuen Bekanntschaft nachzublicken, bis ihre Silhouette schließlich im dichten Nebel des Hafengebiets verschwunden war.
Cascade Hill City ist ein Dreckskaff“, formulierte Clarence, kaum von seinem Partner gelöst, dessen noch recht freundlich gewählte Worte klarer. Der Christ war ein Mensch, der sich schnell auf die Aussicht von angesteuerten Ortschaften freuen konnte; gewisse Sehenswürdigkeiten verbreiteten sich schnell im Volksmund, insbesondere in einer Welt wie der ihren, die ansonsten von Zerstörung und Tristesse nur so strotze.
Oftmals dauerte es nach Ankunft aber auch nur wenige Minuten bis dem Barbaren wieder klar wurde, dass zu einer Ansammlung von Gebäuden auch eine Ansammlung von Menschen gehörte und wie der Jäger zu denen stand, daraus hatte er noch nie ein Geheimnis gemacht.
Menschen nervten Clarence, zumeist alleine schon durch ihre bloße Existenz. Warum das so war, konnte er nicht mal genau sagen; aber irgendjemand hatte immer irgendwelche Ansichten oder Anliegen, die ihm gehörig auf den Zeiger gingen. Die einen wollten seine Dienste in Anspruch nehmen ohne dafür auch nur einen Heller zu bezahlen, die nächsten verabscheuten die Jäger weil sie meinten, jene Zunft würde einen sowieso nur über den Tisch ziehen. Dann gab es wieder solche, die einem sofort um den Hals fielen wie diese Sally und wenn es absolut schlecht lief – wie sich heute zum ersten Mal ganz offen bewies – dann wurde die eigene Ehe zum wohl schönsten Kerl der Welt offen angegriffen und beleidigt.
Und wenn man ganz viel Pech hatte, schmiss man sich ihm erst an den Hals, nur um ihn im Anschluss eins rein zu würgen.
Nein, Menschen waren nicht gerade seine Sache, deshalb hatten sie ihre kleine Gemeinschaft ja auch um zwei Hunde anstelle von zwei Menschen als Weggefährten erweitert.
Clarence senkte seine Stimme etwas, auch wenn auf den ersten Blick keine potentiellen Zuhörer auf dem Platz um sie herum zu erkennen waren. In einem Städtchen in dem jeder jeden kannte, konnte man seiner Meinung nach gar nicht vorsichtig genug sein.
Feivi, mir gefällt ihr Blick und der dämliche Ausdruck in ihrem Gesicht ganz und gar nicht. Das Ding führt irgendetwas im Schilde, ich weiß nur nicht was
Unmerklich schüttelte der Hüne seinen blonden Schopf, die Augen leicht verengend so als könne er dadurch plötzlich Superkräfte entwickeln und durch den suppigen Nebel hindurch blicken.
Wenn die und ihre Sippe Hand an unser Boot anlegen, während wir gedankenlos über den Markt schlendern…
Es war nicht nötig jenen Satz zu beenden, denn was das hieß, war wohl offensichtlich. Kamen diese Hinterwäldler auf den Gedanken es den beiden Schwuchteln heimzuzahlen indem sie ihr Transportmittel manipulierten, würden sie beide auf dieser gottverdammten Insel festhängen, so viel stand fest.
Im Gegenzug eines der fremden Schiffe zu kapern war zwar möglich, aber es ersetzte ihnen auch nicht ihr Hab und Gut, welches im Bauch der Harper Cordelia verschlossen war.
Nachdenklich leckte sich Clarence über die Lippen und blickte wieder hinab auf seinen Partner, ganz so als sei ihm erst jetzt wirklich bewusst geworden, dass er sich soeben nach all den Streitereien doch einen Kuss von seinem Mann verdient hatte.
„Wer weiß, wann der Laden hier aufmacht“, nickte Claire kurz hinüber zum Laden, vor welchem der Jüngere eben noch gestanden hatte um die Auslage zu betrachten. „Ich leg, wenn es nicht sein muss, auch keinen Wert auf ein neues Gewehr. Außer wir wollen uns den Weg zurück zum Steg frei schießen, dann überleg ich’s mir eventuell vielleicht noch mal.“
Noch immer uneinig mit sich selbst ob der Besuch des Marktes aktuell wirklich so eine gute Idee war oder ob er sich noch einen Kuss von seinem Geliebten einfordern sollte, atmete Clarence tief durch und gab der Schönheit neben sich stattdessen einen auffordernden Klaps auf den Hintern, bevor er sich mit den Hunden im Angang wieder langsam auf den Weg machte.
„Auf, beweg deinen Astralkörper mit mir Richtung Markt. Mit etwas Glück ergattere ich da eine Flasche Whisky und kann mir die Lage schön saufen, wenn schon nicht die Leute hier. Wie viel Münzen hast du eingesteckt, bevor du an Deck gekommen bist? Lass uns davon zügig das Nötigste kaufen und den Rest wo anders besorgen, ich lege auch keinen besonderen Wert darauf, länger hier zu bleiben als nötig.“


Matthew C. Sky

Die Umschreibung, dass Cascade Hill City ein Dreckskaff war, brachte Matthew unvermittelt zum Lachen, denn so wie Clarence es sagte, klang es als würde es auf der Welt keinen schlimmeren Ort geben. Dabei wussten sie eigentlich beide, dass das nicht stimmte. Klar, Sally Mitchell war eine kleingeistige Person und ihre Beleidigungen waren unterstes Niveau, allerdings war das ein echtes Luxusproblem. Man konnte sich überall schneller unbeliebt machen als man blinzeln konnte und Ärger handelte man sich schon aus Prinzip fast wegen allem ein.
Mancherorts bekam man ein paar Schläge auf die Nase, woanders flog man unter Gepöbel vor die Stadtgrenze. In bestimmten Regionen - dort wo die durchgeknallten Fanatiker lebten zu denen sein Mann einst gehört hatte - wurde man sogar an ein Kreuz genagelt und verbrannt. Da erschienen die verbalen Ausfälle der Fischerstochter schon regelrecht harmlos. Und das waren sie auch.
"Was denn? Fandest du die Kleine nicht herzallerliebst?", neckte Matthew seinen Gefährten, der so ernst dreinblickte, als habe man Matt vor seinen Augen gelyncht und versucht ihn an eines der Kreuze zu schlagen, die Clarence noch von früher kennen dürfte. In Wahrheit war ihm allerdings kein Haar gekrümmt worden, weder ihm, noch den Hunden - und damit war ihr Tag bisher weitaus besser als erwartet. Der Ältere schien an dem Vorkommnis aber irgendwie zu knabbern zu haben, verständlich, wenn man bedachte das sein Mut der Offenheit darin gegipfelt war, dass man einige nicht sehr charmante Dinge zu ihnen gesagt hatte.
"Mach dir nichts draus, hm? Sie ist weg, Fall erledigt.", aber Clarence starrte noch immer so finster in die Nebelwand, als würde er dadurch irgendwann erkennen wohin ihre neue Freundin verschwunden war.
„Feivi, mir gefällt ihr Blick und der dämliche Ausdruck in ihrem Gesicht ganz und gar nicht. Das Ding führt irgendetwas im Schilde, ich weiß nur nicht was…“ - nun sah auch Matthew in die bedrohlich wirkende Nebelwand, jedoch nicht mit der selben Verbissenheit wie sein Gefährte. Sally Mitchell alias das Ding, hatte sich in Clarence alias Quentin verguckt und war schlimm enttäuscht worden, weil der verwegene Kerl auf einen vetrottelten jungen Mann stand. Natürlich wäre es nicht nötig gewesen ihn so zu beleidigen, aber ihr mangelnder Anstand würde sie nicht dazu bringen jetzt heimlich wieder aus dem Nebel zu ihnen zu schleichen um was-auch-immer mit ihnen zu veranstalten.
"Das Ding wird sich jetzt wahrscheinlich noch einen Kartoffelschnaps zum Frühstück reinziehen. Die hat schon wieder vergessen dass es mich gibt und an dich hat sie sicher nur die besten Erinnerungen.", keck zwinkerte er dem Größeren zu, so als würden sie beide ein süffisantes Geheimnis teilen.
Natürlich könnte die gute alte Sally auf die Idee kommen Hand an ihr Boot zu legen, aber dieses war aus den hochwertigsten und stabilsten Materialien gefertigt aus denen man ein Boot fertigen konnte. Da schlug niemand ohne weiteres ein Loch ins Holz oder steckte es in Brand. Und abgesehen davon glaubte Matthew auch nicht, dass die junge Frau es versuchen würde. Trotzdem waren die Sorgen von Clarence nicht von der Hand zu weisen und auch nicht unbegründet. Wer wusste schon ob sich die junge Frau nicht noch tatkräftige Unterstützer für ihr Vorhaben suchen würde? Cassiel glaubte es zwar nicht, aber wissen konnte auch er nicht, was im Kopf der Dorfschönsten so vor sich ging.
„Ich leg, wenn es nicht sein muss, auch keinen Wert auf ein neues Gewehr. Außer wir wollen uns den Weg zurück zum Steg frei schießen, dann überleg ich’s mir eventuell vielleicht noch mal.“ kam es in gewohnt bitterernster Manier von dem Wildling und erneut brachte er mit seiner trockenen Art Matthew unabsichtlich zum Lachen. "Du bist ein Spinner, Clarence Bartholomy. Ein richtiger Spinner.", informierte der Dunkelhaarige seinen frostigen Barbaren und blickte ihn mit einem sanften Ausdruck in den Augen an, der allein für Clarence reserviert war.
Es war schon eine komische Sache was zwischen ihnen ablief, ihre Beziehung hatte mehr Facetten als ein in Rio Nosalida geschliffener Diamant. Manche Seiten waren weniger schön als andere, doch letztendlich reichte ein einziger Blick in die Augen des Anderen aus, um zu wissen wohin sie gehörten.
Beinahe seufzend atmete der Blondschopf schließlich durch und Cassiel hoffte für ihn, dass endlich ein Teil der Anspannung von ihm abfiel. Cascade war keine Metropole und auch sonst keine Erscheinung auf der Weltkarte, aber man würde sie hier nicht lynchen nur weil eine gewisse Sally Mitchell alte Vorbehalte hegte, was gleichgeschlechtliche Bindungen betraf. Ob nun tatsächlich abgefallener Anspannung oder schlicht einem Bedürfnis entsprungen, der Klaps des Hünen auf Matthews Hintern war etwas, das der Jüngere mit einem Grinsen zur Kenntnis nahm. Vor noch nicht allzu langer Zeit war es undenkbar gewesen, dass sie beide auch nur die Hand des Anderen in der Öffentlichkeit nahmen.
Und jetzt - nur wenige Monate später - erzählte Clarence freimütig herum mit Matt verheiratet zu sein. Wie sollte der junge Mann angesichts dieses enormen Wandels, nicht stolz sein? Er war es, auch wenn er das nicht offen aussprach.
Der Dunkelhaarige hatte sich soeben in Bewegung gesetzt um seinen Astralkörper in Richtung Markt zu lenken, als Clarence das Thema Münzen anschnitt und Matthew dazu veranlasste stehen zu bleiben.
"Ich hab gar keine Münzen eingesteckt. Ich dachte du hast welche?", seufzte er, bedeutete das Fehlen des Zahlungsmittels doch, dass sie nochmal umkehren mussten. Wieder vorbei am Häuschen von Sally wo die sympathische Fischerstochter sie mit etwas Pech sah und das Spielchen von vorne losging.
Bevor es dazu kam, ließ Cassiel seine mit fingerlosen Handschuhen bedeckten Hände über seine Taschen gleiten. In der linken Jackentasche fand er drei Kupferlinge und ein Stofftaschentuch. Die andere Seite gab gar nichts her und Matthew verzog genervt das Gesicht, bereits ahnend, dass er nicht genug Münzen einstecken hatte.
Doch da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn in einer der Gesäßtaschen seiner Hose, hatte er tatsächlich noch zwei Silberlinge. Das war nicht sehr viel, aber immerhin besser als gar nichts und wenn sie sich nur das Nötigste kauften, könnte es reichen. "Wir haben...drei Kupfer- und zwei Silberlinge. Und ein Taschentuch. Meinst du, wir brauchen noch mehr?" - für ein Pferd reichte das nicht, aber sollte Cassiel sich je ein Pferd kaufen, dann bestimmt keins das von diesem Flecken Land kam, wo die Leute sich aufs Fischen aber nicht auf Pferdezucht verstanden. Wenn er irgendwann echt dazu kommen sollte sich so ein Tier zuzulegen, dann würde es keins sein in dem wahrscheinlich ein Maultier eingekreuzt war. Am Besten noch jenes, das Sally Mitchells Cousin gegen den Schädel getreten hatte.
"Wir könnten auch in den Laden hier einbrechen und sehen was sich in der Kasse befindet. Und wenn nichts drin ist, nehmen wir die Gewehre und rauben ein paar Fischerstöchter- und Frauen aus, die ohne ihre Männer schutzlos ausgeliefert sind.", schlug der Dunkelhaarige scherzhaft vor, so als hätte der Ärger an diesem Morgen nicht schon gereicht. Es war absurd, aber die schlechte Laune und die Anspannung die er vorhin noch verspürt hatte, war völlig von dem jungen Mann abgefallen.
Die letzte Nacht war bescheiden gewesen, ihr bisheriger Start in den neuen Tag auch - aber der weitere Verlauf würde besser werden, regelrecht schön. Davon war Matthew aus irgendeinem Grunde fest überzeugt...und ahnte mit keinem Gedanken, dass er sich mit dieser Einschätzung irren sollte.


Clarence B. Sky

Auch an diesem Morgen wurde wieder deutlich, wie leicht Cassies Laune dazu imstande war auch die seines Bären zu beeinflussen.
Stichelte der schöne Dunkelhaarige garstig herum, schaffte er es schnell seinem Clarence den Tag damit temporär zu verderben – und schlug dessen Haltung, aus welchen Gründen auch immer, zurück ins Positive um, vergaß auch der Jäger alsbald seine Sorgen wieder.
Dieses Wechselspiel war nicht erst seit kurzem so, sondern hatte Bestand seitdem sie einander kannten. Wie ein ungeschriebenes Gesetz beeinflusste es ihren Alltag, ließ sie aneinander anecken und sich wieder versöhnen – und sich lieben, wie man wenige Tage vor der Ankunft in Coral Valley gespürt hatte.
Aus den stichelnden Kommentaren des Jüngeren war eine abgrundtiefe Trotzhaltung bei Clarence geworden, bis er schließlich abgehauen war und sich an der armen Dora vergangen hatte. Doch erst zurück in ihrem Lager, erkennend, dass dort keine Angriffslust mehr auf ihn wartete sondern sehnsüchtige Zuneigung, war aus einem unscheinbaren Moment heraus die erste Nacht geboren, in der sich die beiden Männer ehrlich nahe gekommen waren.
Das helle Lachen seines Mannes auf die eigentlich gar nicht scherzhaft gemeinte Äußerung sich den Weg freizuschießen, ließ die verbissenen Züge in Claires Gesicht unwesentlich entspannen und sich endlich vollends dem suppigen Nebel abwenden. Der Optimismus, mit dem Matthew zuweilen in der Lage war in die Welt zu blicken, war wirklich bemerkenswert; nicht selten hatte sich der frostige Barbar bereits gewünscht ebenso an manche Dinge heran gehen zu können, doch jenes Talent blieb ihm bislang verwehrt.
Ob gewollt oder nicht, stellte sich einen kurzen Augenblick später heraus, was ihnen an diesem Morgen ebenso verwehrt blieb: klimpernde Münzen.
„…bist du bescheuert?“, rutschte es Clarence aufgrund dessen ungefiltert heraus, während er mit unverständlichem Blick den Kopf schüttelte. „Warum um alles in der Welt sollte ich dein Geld einstecken haben, wenn ich die ganze Nacht bei Wind und Wetter an Deck stehe?“
Nicht, dass Matthew nicht auch einen beträchtlichen Anteil jener dunklen Stunden bei ihm oben verbracht hätte, aber letzten Endes war es ja immerhin der Jüngere, dem zum Schluss ein paar Stunden unten in der Wohngegend gegönnt gewesen war. Cassie war es, der die Möglichkeit gehabt hatte sich etwas Trockenes anzuziehen und den Landgang vorzubereiten - nicht der Hüne, der quasi direkt vom Steuerrad hinüber auf den Steg gezogen war.
Entnervt nach der anstrengenden Nacht im Sturm und der noch anstrengenderen Sally Mitchell, fuhr sich Clarence mit einer Hand durchs Gesicht während sein Mann in den Taschen nach verloren geglaubten Schätzen suchte.
„Das Taschentuch reißt es bestimmt raus wenn‘s eng wird, da bin ich mir sicher“, brummte der Jäger verdrossen und fuhr sich im Anschluss widerwillig nachdenkend durch den Bart, ganz so als ließe sich durch einen einfachen guten Gedanken aus dem Nichts heraus Kuper und Silber generieren, ohne dafür zurück zum Boot zu müssen.
Generell fand er die Idee in den Waffenladen einzusteigen gar nicht so schlecht, immerhin machte sich ein lebenslanger Vorrat an Munition, Gewehren und Pistolen nicht wirklich schlecht, wenn man zu zweit in der Wildnis unterwegs war und dazu noch einen offiziell verschollenen Jäger im Team hatte. Auch munkelte man in manchen Häfen über die Existenz von Piraten die die Seerouten von Transportschiffen abschnitten, wenngleich sie noch nie auf solche Genossen getroffen waren.
„Noch ist von den Geschäftsleuten sicher keiner wach… Ich denke, wenn sich auf der Rückseite des Hauses ein Fenster finden lässt…“, murmelte Clarence gar nicht so unangetan von der Idee, bis auch bei ihm einer der wenigen Groschen fiel, die sie einstecken hatten.
Voller Missgunst über diesen nicht ernst, sondern scherzhaft gemeinten Vorschlag seines Mannes, hoben sich die hellen Brauen des Bären und er setzte sich endlich wieder langsam in Bewegung – ganz so als müsse er etwas Distanz zwischen sich und den Laden bringen, um nicht doch noch Nägel mit Köpfen zu machen.
„Ich sag das nur ungern, aber ich hab notfalls immer noch die Armbänder von vorgestern an.“ – Sich sachte zu Matthew zurück wendend, hob er seinen linken Arm und ließ unter dem Ärmelsaum feine Silberkettchen hervor blitzen, die allesamt ihren Heller wert waren.
Die unterschiedlichen, mal größeren und mal kleineren Verschlüsse, hatten sich in den letzten Wochen hervorragend als Übung geeignet um die Feinmotorik des Hirngeschädigten Schamanen zu trainieren, auch wenn natürlich nicht jede filigrane Hürde wirklich einfach zu nehmen war. Bei manchen hatte es ganze Minuten gedauert bis er die beiden Enden endlich ineinander gepfriemelt bekommen hatte und an anderen scheiterte er selbst jetzt noch, aber immerhin ging es kontinuierlich bergauf.
Schmuck war zwar etwas, was zu dem rauen und wilden Barbaren scheinbar nicht zu passen schien, doch sich in Silber und Gold zu wanden war nicht unüblich unter jenen, die sich zu den Jägern zählten. Viele Menschen auf dem weit auslaufenden Land ohne direkte Infrastruktur bezahlten vor allem im Sommer lieber mit ihren Wertegenständen als mit wertvolleren Lebensmitteln und sauberem Wasser, denn jene beiden Dinge waren nach Wochen ohne Regen im Leben nicht mit Gold aufzuwiegen. Familienerbstücken waren zwar auch schwer zu verschmerzen, jedoch einfacher aus der Hand zu geben als das, was einen selbst, Frau und Kinder am Leben hielt.
Wer bis unter die Zähne geschmückt wurde durch Gold und Juwelen, zählte in Clarence‘ Berufsfeld als besonders begabt und guter Feilscher, was einem in Städten aber nicht augenblicklich auch ein besseres Ansehen verlieh, weil man sich dadurch wohlhabend schimpfen konnte.
Seinen hart verdienten Schmuck gab ein Jäger in der Regel nämlich nicht so einfach aus der Hand wie jeder andere Ottonormalbürger - eher nagte man tagelang am Hungertuch, bevor man seinen Status unter den Berufsgenossen freiwillig hinab stufte.
„Jedenfalls streichen wir definitiv schon mal Eddys Bar aus unserer Liste der zu besuchenden Sehenswürdigkeiten. Bestimmt hat die gute alte Sal‘ schon Fahndungsbilder von uns gezeichnet und dort ausgehangen“, gab Claire zu bedenken und konnte sich die Meisterwerke allzu gut vorstellen. Feivi mit dümmlichem Gesichtsausdruck und Sabber um den Mund, Quenti mit wallender Mähne und kleinen Herzchen versehen.
Abermals schüttelte es den Hünen bei diesem Gedanken; selten hatte ihm die Vorstellung einer Frau derart widerstrebt.
„Fleisch brauchen wir auch nicht, können irgendwo für ein paar Tage an ‘ner verlassenen Gegend anlegen und selbst dafür sorgen. Gemüse wär gut, Tabak… vielleicht ein paar Stück Obst und noch etwas Trockenfutter für die Hunde, falls unsere Fallen nicht viel hergeben sollten“, fasste er den derzeitigen Stand ihrer ungeplant angebrochenen Vorratskammer zusammen und verzichtete dabei auch freiwillig auf schwerer zu beschaffende Dinge wie Reis, Nudeln und Medikamente. Eigentlich würde es ihm sogar reichen die nächsten Tage sparsamer zu dinieren und dafür direkt wieder abzulegen, ganz ohne auf dem Markt vorbei geschaut zu haben.
Viehmarkt, pff…“ – aus der Ferne waren bereits hinter den Gebäuden die ersten Tiere zu vernehmen, von denen ihre neue Bekanntschaft zu Beginn berichtet hatte. Hoffentlich trafen sie dort nicht doch noch auf Sallys Eltern, das würde jedenfalls die großen vorstehenden gelben Zähne erklären.


Matthew C. Sky

"...bist du bescheuert?", entfuhr es Clarence ungehemmt und Matthew verdrehte die Augen, in einer stummen 'Nun reg dich nicht so auf Väterchen' -Manier.
"Ich bin der bekloppte Feivi, weißt du noch? Der, der das Schothorn an den Schädel gekriegt hat. Als kluger Kopf hältst du alle Münzen von mir fern. Genauso wie Feuerzeuge und spitze Gegenstände.", erwiderte der Dunkelhaarige unbehelligt und gewohnt schlagfertig. "Man Quenti, ich dachte du tust dich besser um mich kümmern? Jetz' machste den armen alten Feivi für die fehlenden Münzen verantwortlich... is' kein feiner Zug von dir!", monierte der junge Mann weiter und schob schmollend die Unterlippe vor, was ihm einen infantilen Ausdruck verlieh. "Echt nich", setzte Matt mit gespieltem Verdruss leise nach.
Wenn Sally - oder sonst wer - sie gerade hören könnte, würde eines ganz deutlich werden: beide Männer waren klaren Verstandes.
Matthews Necken waren nicht die Scherze eines geistigen Invaliden und Clarence war nicht nur ein rauer Seebär, sondern ein Mann mit Tiefe und Esprit. Zumindest mit einer Art Esprit, wenn man denn seine grummeligen Kommentare charmant fand. Und das tat Cassiel, auch während der Blonde mit seinem Gemoser fortfuhr.
Natürlich würde das dämliche Taschentuch gar nichts rausreißen, aber wenn Clarence Sky einen seiner seltenen Witze machte, dann musste man einfach lächeln. So auch Cassiel, den der Spruch sonnig schmunzeln ließ. Die Miesepetrigkeit seines Angetrauten war typisch für den Wildling, aber Matthew liebte ihn sogar dafür.
"Deine Armbänder bleiben schön da wo sie sind, du gibst die nicht her, nur weil wir den Weg zurück zum Boot nicht nochmal gehen wollen."
Alleine der Vorschlag war schon absurd, auch wenn Matthew nicht im Detail wusste wie genau sich der Status eines Jägers in Schmuck bemaß. "Wir kaufen einfach nur das Nötigste. Oder wir lassen uns die Sachen in Kisten lagern und zum Boot bringen und bezahlen dort. Denke, darauf lassen sich die Händler auch ein."
Je nachdem wie nötig es die Kaufleute hatten ein gutes Geschäft abzuwickeln, würde das sicher funktionieren.
"Eddys Bar ist raus, jepp. Schätze noch mehr Freunde brauchen wir uns hier nicht machen." - er sah zu Clarence und fügte ironisch an: "Sonst wird der Abschiedsschmerz zu groß." Bestimmt war der Blonde ärgerlich, weil sich der erste Mensch mit dem er hier geredet hatte als konservativ und niveaulos herausgestellt hatte. Für einen Mann wie ihn, der sowieso nur selten mit Anderen ins Gespräch kam, war es vermutlich eine ernüchternde Erfahrung und regte nicht zur Wiederholung an. Aber für Matt...? Für ihn zählte das Gerede von Sally Mitchell irgendwie gar nicht. Was viel wichtiger für ihn war, dass war die Tatsache das Clarence ihre Bindung nicht nur nicht versteckt, sondern offen in den Fokus der Frau gerückt hatte. Damit hatte er - ob gewollt oder nicht - alle Avancen der Fischerstochter im Keim erstickt und wie es sich für ein echtes Weib vom Hafen gehörte, musste sie ihrem Ärger Luft machen. Mehr steckte im Grunde nicht dahinter.
Dem bereits wenige Schritte vorausgegangenen Schamanen folgend, setzte sich auch der Kleinere schließlich wieder in Bewegung und ließ den Waffenladen vorerst hinter sich. Vielleicht überlegte es sich Clarence ja nochmal was die Sache mit dem neuen Gewehr anging. Dann konnten sie auf dem Rückweg immer noch die Auslagen ansehen. Vorerst jedoch war dieses Thema vom Tisch.
Matthew kehrte an die Seite des grummeligen Wildlings zurück, streifte mit den Fingerspitzen zart den Handrücken seines Liebsten und steckte anschließend ungefragt seine Hand in die Manteltasche von Clarence.
"Jetzt hör aber auf. So furchtbar wie du tust ist es hier auch nicht. Vergiss die gruselige Sally einfach." - auch ihm hatte ihr verschlagenes Grinsen nicht gefallen, allerdings bewertete er die Sache auch nicht über. Ausgerechnet Clarence, der sonst gegen Mutanten und Dämonen kämpfte, der grobschlächtige Räuber tötete und auch ansonsten nicht gerade zartbesaitet war, ausgerechnet dieser Mann, ließ sich die Laune von einer eigentlich unbekannten Frau vermiesen.
Da kam der Markt als Ablenkung gerade recht und wie Sally schon gesagt hatte, konnte man ihn auch gar nicht verfehlen.
Der Viehmarkt der sich also nach ein paar Augenblicken vor ihnen offenbarte, war größer als Matthew erwartet hatte und auch weniger schäbig. In einem Auslauf standen Schafe, alle mit mehr oder weniger auffälligen Mutationen zwar, aber trotzdem noch brauchbar. Es gab auch Rinder und Esel, wobei Letztere nicht so aussahen als würden sie noch lange machen. Dürr und ausgemergelt standen sie da, teilweise mit offenen Wunden und eitrigen Geschwüren. Die Tiere waren zwar in keinem guten Zustand aber Cassiel hatte auch schon weitaus schlimmeres gesehen.
"Wir könnten uns ein Schaf holen, die Schafe sehen ganz passabel aus.", schlug er Clarence vor ohne es ernst zu meinen.
Aufmerksam hoben Kain und Abel ihre Nasen in die Luft und spitzten ihre Ohren. Auf einem Markt, diesem nicht unähnlich, waren auch sie verkauft worden sodass ihnen die Atmosphäre und all die Gerüche sicher nicht unbekannt waren.
"Wir hätten die Leinen mitnehmen sollen...", nuschelte Cassie in seinen Bart und rieb sich über das Gesicht. Endlich setzte er auch seine Kapuze wieder ab, wodurch er nicht mehr so schrullig aussah wie eben noch der Fall.
"Na schön, lass uns holen was wir brauchen und dann wieder nach Hause, bevor die zwei uns noch abhauen.", er nickte zu den Hunden, die zwar interessiert an der Umgebung waren, jedoch beide noch keine Anstalten machten von der Seite ihrer Herrchen zu weichen.
Auf dem Markt selbst herrschte trotz der frühen Stunde relativ geschäftiges Treiben, auch wenn das Gedränge bei Weitem nicht mit dem in Coral Valley konkurrieren konnte. Das Gelände war deutlich kleiner und überschaubar, weshalb die paar Duzend Kunden ausreichten um das Gefühl von einer relativ großen Menschenansammlung zu erzeugen. Die Verkäufer waren jedoch - anders als in der Großstadt - verhalten und still und buhlten nicht um die Aufmerksamkeit der potentiellen Käufer.
Was außerdem im herrschenden Wirrwarr der Geräusche auffiel, war die Tatsache dass sich alle Anwesenden mehr oder minder untereinander zu kennen schienen. Da wurden Vornamen genannt, sich auf andere Verwandte bezogen, Neuigkeiten ausgetauscht. In diesem Gefilde war es also nicht verwunderlich, dass sie beide recht schnell auffielen. Doch das bedeutete erstmal gar nichts, denn weder sprach man sie an, noch gaffte man besonders lange oder intensiv. Fremde waren in Cascade Hill City also allem Anschein nach doch nicht so selten, wie Matthew nach der Begegnung mit der weltfremden Sally gedacht hatte.
Der erste Händler der schließlich angesteuert wurde, verkaufte Winteräpfel zu einem recht guten Preis, den Cassiel trotzdem noch weiter drücken konnte. Auch einigten sie sich darauf, dass man ihnen die Waren bis zum Schiff bringen würde.
Ein Sack Kartoffeln, Trockenfutter in Form von Dörrfleischfetzen für die Hunde und gesalzenen Fisch sowie Brot - all das konnten sie auf dem Markt finden und entgegen aller Erwartungen, waren die Leute mit denen sie ins Geschäft kamen alle freundlich.
Nach gut einer Stunde hatten beide jungen Männer all die Dinge gekauft, von denen sie sich vorgenommen hatten sie zu beschaffen. Einzig Medikamente und neuen Kaffee bot der Markt ihnen nicht, doch das war zu verschmerzen, zumindest für Cassie, der gerade dabei war einen Apfel zu verspeisen. "Hmm, was denkst du? Haben wir alles oder wollen wir noch mehr?", wandte sich Matthew an Clarence und sah dazu über seine Schulter hinweg nach hinten, wo der Blonde war. Er hatte den Satz noch gar nicht richtig beendet, da traf ihn ein etwa faustgroßer Stein seitlich am Kopf. Die Wucht des Aufpralls war so groß, dass Matthews Blut quer durch die Luft und gegen Clarence schlenzte, wo es ein fächerförmiges Muster hinterließ.
Matthews Blick, eben noch klar und lebendig, wurde von einem Sekundenbruchteil zum Anderen leer und abwesend. Der junge Mann sackte sofort in sich zusammen ohne auch nur einen Ton von sich zu geben. Mit einem dumpfen Geräusch ging er zu Boden wo er reglos liegenblieb.
Der Teil der kleineren Einkäufe welche Cassiel getragen hatte, verteilte sich um ihn herum. Ebenso die Lache aus Blut, die sich unter seinem Kopf bildete, wie ein dunkelroter Heiligenschein. Matthews Finger hatten den angebissenen Apfel zwar losgelassen, aber er war nur wenige Zentimeter über den hügeligen Erdboden gerollt ehe er wieder liegengeblieben war. Unmittelbar oberhalb von der Hand, die ihn gerade eben noch gehalten hatte.


Clarence B. Sky

So sehr der Dunkelhaarige sich zu Beginn über die zugewiesene Rolle des minderbemittelten Feivel mokiert haben mochte, genauso sehr bereitete es Clarence Freude seinem Mann dabei zuzuhören, wie er in dieser Rolle voll und ganz aufging.
Dass man Cassie besser von Feuer und spitzen Gegenständen fern zu halten hatte, war ja unterm Strich nicht unbedingt etwas Neues; allzu oft hatte der Söldner bewiesen wie grandios er dazu in der Lage war an einem einfachen Lagerfeuer zu scheitern oder sich beim Schnitzen in die Hand zu säbeln.
Lediglich das mit seinem zurückgebliebenen Intellekt war dahin gestellt, letzten Endes wussten sie es immerhin beide besser.
Matthew Cassiel Sky, früher einstmals Reed, war ein unsagbar belesener Mann, der in vielem gewandt war wie kein zweiter. Er wusste sich auszudrücken, sich zu präsentieren; sein Wortschatz übertraf den des Jägers ganz ohne Frage und auch in für andere Leute unnützen Dingen wie Geschichte und Naturwissenschaften wusste er jederzeit das ein oder andere Quäntchen einzustreuen.
Zwar mochte sich der wilde Barbar nicht fürs Lesen und Schreiben begeistern lassen, aber das bedeutete im Umkehrschluss keinesfalls, dass er nicht andere Lehren seines Geliebten aufzusaugen wusste wie ein trockener Schwamm. Kleinere und größere Anekdoten zum Leben waren die reizvollen Funken von Cassies Geist, die den Älteren oftmals an dessen Lippen hingen ließen wie Motten am Licht und auch wenn der Blonde es bislang noch nie in Worte gekleidet hatte, so war es doch mitunter eben jene Eleganz, die Cassie vom Rest der anderen Menschen abhob und für den Jäger so anziehend machte.
Der heutige Morgen war für Clarence wirklich kein leichter und das nicht nur deshalb, weil er im Gegensatz zum Dunkelhaarigen die vergangene Nacht über kein Auge zugetan hatte. Seit Wochen schon hielt Matthew ihn hin und aus der anfänglichen Freude nach seiner eigenen fortschreiten Genesung wieder zunehmend körperliche Nähe in ihren Alltag mit aufzunehmen, war mehr oder weniger eine Durststrecke geworden, die der grummelnde Seebär auf diese Weise nicht kommen gesehen hatte.
Natürlich bedachte ihn sein Mann dann und wann eines Kusses oder legte Hand an ihn an, aber das war nicht im Geringsten zu vergleichen mit den Möglichkeiten, die sich ihnen mit seiner zunehmend wieder stabileren Ausdauer bieten könnten.
Die Konfrontation mit Sally Mitchell hatte dieses Fass der angestauten Sehnsucht beinahe zum Überlaufen gebracht: Nicht etwa weil sie mit ihrem irren Gebrabbel irgendwelche Fantasien in Quentin gepflanzt oder diesen in irgendeiner Weise erregt hätte, sondern schlicht und ergreifend deshalb, auf welche Art Matthew ihm im Anschluss wieder entgegen gekommen war, seinen kernigen Bären geküsst und wenige Meter weiter zärtlich seinen Handrücken gestreichelt hatte.
In Coral Valley, mittlerweile gefühlte Jahre statt Wochen zurück liegend, hatten ihre frisch verliebte Unüberlegtheit und das Desinteresse der dort lebenden Menschen ganz und gar andere Möglichkeiten für sie offen gehalten. Wenn ihnen danach gewesen war, hatten sie ihr Glück überreizt und öffentlich in dem Hinterhof einer Gaststätte begonnen am anderen herum zu fummeln und selbst zu später Stunde zwischen betrunkenen Nachteulen war ihnen nichts verwerflich daran vorgekommen, ihren wilden Gelüsten in der nächstbesten Seitengasse nachzugehen.
Heute aber, etliche Meilen von der Metropole entfernt und wieder zurück im echten Leben, galt der erste Gedanke beim Erblicken einer solch düsteren Gasse nicht etwa dem gemeinschaftlichen Ehevollzug, sondern dem zur Strecke bringen lästiger Plagegeister. Ihr Liebesleben, welches durch ein äußerst erotisches Spiel zwischen Bär und Böckchen anfangs wieder Wind in die Segel bekommen hatte, war mittlerweile wieder zu weiten Teilen im Sand verlaufen. Selbst übermüdet und in der Stimmung gedrückt dank dieser Fischerstochter, wer konnte es Clarence da schon verübeln, wenn ihm ungestillter Appetit weiterhin die Laune vermieste?
Erst das teils bunte Treiben auf dem Markt war es, das eine Stunde später den Hünen von Mann wieder merklich entspannt und seine Sorgen vergessen gemacht hatte. Statt Sally Mitchell forderten ihre Hunde und die Auslagen seine Konzentration, immerhin wollten nicht mitgenommene Münzen ausgegeben und kleine Quälgeister im Zaum gehalten werden; dafür, dass Kain und Abel ebenso wie ihre Herrchen seit Wochen keine Zivilisation mehr zu Gesicht bekommen hatten, benahmen sich selbst die beiden erstaunlich gehorsam.
Es wurde geschnüffelt und interessiert geschaut, ab und an versuchte eines der beiden pelzigen Anhängsel sogar sein Glück am Metzgerstand wenn ihre Herrchen nahe genug daran vorbei gingen. Unterm Strich blieb ihr Betteln und Winseln dabei erfolglos – zum Glück, denn die beiden noch jungen Hunde waren die letzten Wochen über genug von Cassie während des regelmäßigen Landgangs verwöhnt worden.
Während eben jener sich an seinem dämlichen Apfel gütig tat - eine Form von Nahrung die sich Claire aufgrund der Härte noch immer nicht vollends zutraute – und er selbst auf eine Banane dank des lachhaft hohen Preises ob ihres Exotenstatus‘ verzichtet hatte, führte sie der gemeinsame Weg langsam aber sicher wieder in die Richtung aus der sie gekommen waren.
Mit einer Metropole war der Markt in diesem Städtchen definitiv nicht zu vergleichen und die Möglichkeit sich hoffnungslos zu verlaufen somit vom Tisch, aber wenn man sonst nur auf offener See unterwegs war und im tiefsten Winter auch sonst nicht viele Optionen hatte sich fürs Überleben wichtige und unwichtige Dinge zu beschaffen, erschien einem natürlich jede zweite Auslage unglaublich interessant.
Einen Verkäufer in unmittelbarer Nähe beobachtend, der auffällig unauffällig an seiner Waage herum manipulierte – irgendwo musste das Geld ja herkommen wenn die Käuferzahlen nicht stimmten – gab der Bär ein überlegendes Brummen von sich, kaum da sein Gefährte die finale Fragen aller Fragen stellte.
Sich eine Antwort darauf zu überlegen, dazu kam Clarence allerdings nicht mehr, denn ein unangenehmes Gefühl von Feuchtigkeit breitete sich schlagartig über seinem Gesicht aus und ließ ihn das Schlimmste bereits ahnen: Sallys Informationen hatten genug Zeit gehabt um Kreise zu ziehen und nun begann man sie auf offener Straße anzuspucken, bevor alsbald faulige Tomaten folgen würden.
Verflucht, was…“, zog der Bär angewidert seine hellen Brauen zusammen und wollte sich gerade mit der Hand die Rotze aus dem Gesicht wischen während er sich wieder Matthew zuwandte, als er den schlagartig leer gewordenen Blick seines Mannes wahrnahm, der völlig durch ihn hindurch zu gehen schien.
Nur selten in seinem Leben hatte Clarence jene Momente durchlebt, in denen es einem vorkam als würde das Leben plötzlich in Zeitlupe vor den eigenen Augen abgespult werden – und dieser hier war einer davon.
Gespenstisch langsam sah er sich durch seinen letzten Schritt die Distanz aufholen, die eben noch zwischen ihnen geherrscht hatte und nun zunichte gemacht wurde, weil sein Partner sich keinen Zentimeter mehr voran bewegte. An Cassies Schläfe, knapp an der Grenze zu einem Haaransatz, prangerte eine klaffende Wunde aus der sein Blut hervor quoll wie die Bäche am Gipfel des Cascade Hill. Noch lange bevor der Jäger sich überhaupt klar werden konnte woher diese Verletzung so plötzlich stammte, musste er dabei zusehen wie der stolze Söldner zu Boden ging.
Nichts drang mehr an die Ohren des Blonden außer weißem Rauschen und nichts mehr in sein Blickfeld außer dem Strudel von Farben, der sie mitten auf dem Markt umgab.
Hilflos spürte er wie Cassie durch seine Finger hindurch glitt, die er aus einem Reflex heraus nach dem anderen ausgestreckt hatte, und wie seine eigenen Knie kurz darauf auf dem gepflasterten Marktplatz aufschlugen. Jede Faser in Clarence‘ Körper war so kalt geworden als hätte man einen Kübel Eiswasser über ihm ausgegossen und selbst das konnte der Schamane nicht ausschließen, nachdem alles was er wahrnahm nur noch aus der größer werdenden Lache Blut unter dem Haupt seines Geliebten bestand.
Der Jäger konnte sich nicht daran erinnern den winzigen Bruchteil einer Sekunde früher einen Schuss oder ähnliches vernommen zu haben; was blieb, war noch immer das dumpfe Geräusch von etwas das mit aller Härte Cassies Kopf traf und das Claire im Augenblick auch nicht mehr von dem Laut auseinander halten konnte, den der leblose Körper beim Sturz aufs Pflaster erzeugt hatte.
Von irgendwo aus der Ferne hörte er wie jemand den Namen seines Mannes rief, ganz ohne dass sie sich irgendwo namentlich vorgestellt hatten; seine Stimme klang in den eigenen Ohren nicht minder verzerrt wie die derzeitige Realität auf ihn einwirkte.
Die unvollständigen, tätowierten Finger zitterten schlimmer als Espenlaub während Clarence mehr aus Intuition heraus dem Jüngeren die Mütze vom Kopf zog, als klaren Verstandes darüber nachdenken zu können. Der grobe Strick war alles andere denn ein guter Ersatz für ordentliches Verbandmaterial und dennoch besser als gar nichts wenn es darum ging die Blutung irgendwie zu stoppen die Cassie das wertvolle Leben aus dem Leib rinnen ließ, ohne dass sein unter Schock stehender Bär irgendwie dazu in der Lage war es mit seinen Händen aufzufangen.
Mutanten, Dämonen, böswillige angetrunkene Plünderer oder gar das Unbekannte – nichts von alledem scheute Clarence Bartholomy Sky außer den Menschen selbst, denen er deshalb zumeist tunlich aus dem Weg ging.
Für viele mochte diese Furcht völlig unverständlich sein, insbesondere für seinen Mann, der heute einen ganz besonders naiven Blick auf die Dinge an den Tag gelegt hatte. Doch der Mensch hatte etwas, das all die anderen Kreaturen nicht hatten:
Zu einem Mindestmaß Intelligenz und unersättliche Rachegelüste, wenn man diese erst einmal geschürt hatte.
Kein Monster auf dieser Welt war so unberechenbar wie der Homo sapiens, keines griff aus niederen Beweggründen derart hinterhältig an und kein anderes Monster war so frei von Anstand einem ganz sinnlos seine Liebsten zu nehmen, ohne dabei einem höheren Ziel zu folgen. Der Mensch tötete nicht aus dem Blauen heraus aufgrund von Hunger oder Selbstschutz, nein… er tat es weil er es konnte, nicht weil er es musste.
Clarence‘ Blick war verschwommen, doch nicht etwa vor den Tränen die ihm noch immer im Halse steckten, sondern von dem Blut seines eigenen Mannes, das ihm bis in die Augen gespritzt war. Wo er sonst zumeist in der Lage war zu reagieren wie kein Zweiter, schien ihn die Aufgabe die dunkle Mütze auf die Platzwunde zu pressen völlig einzunehmen und machte es dem Jäger dadurch immer noch unmöglich, sich auf ihre Umgebung und einen möglichen Täter zu fokussieren.
Zusammen mit dem vorlauten Taugenichts war von einer Sekunde auf die andere auch die gesamte Welt des Bären in sich zusammengebrochen. Außer dem Scherbenhaufen, vor dem er sich widerfand, blieb nichts außer Dunkelheit und Kälte. Noch immer wusste der Jäger nicht was genau diese Wunde verursacht hatte, ob ein Wurfgeschoss oder gar eine Schusswaffe, aber eines stand fest: Ohne sein treues Böckchen würde es kein Vor und kein Zurück mehr geben und bald auch keinen Mörder mehr, wenn Clarence erst mal die Kraft gefunden hatte seinem langsam entfliehenden Verstand freien Lauf zu lassen.
Cassie, wach… w-wach auf, Cassie… mach d-deine verfluchten Augen auf…“ - Von irgendwo abseits drang das aufgeregte Kläffen von Abel und Kain an seine Wahrnehmung, bis eine der beiden Tierstimmen in einen erbärmlichen Klagelaut überging und erstarb.
Wahrlich, Clarence hatte sich bis heute alleine aus den Erzählungen des Jüngeren heraus niemals vorstellen können wie jener sich gefühlt haben musste, als er den scheinbar toten Hünen im Baum hängend hatte vorfinden müssen.
Heute aber, knapp sechs Wochen nach jenem furchtbaren Ereignis, konnte Claire es leider besser als er es sich jemals gewünscht hätte – ein Leid das man ihm jedoch schnell ersparte, als die erbarmungslose Kante einer Holzplanke ihn mit voller Wucht erst im Rücken traf und anschließend am Hinterkopf.


Sally Mitchell

Die dunkelhaarige Frau welche Clarence mit der Holzplanke niedergeknüppelt hatte, holte gerade ein drittes Mal aus, da wurde sie von einem der Passanten barsch zurückgezerrt.
„Molly Mitchell!“, keifte der Mann und versetzte der jungen Frau einen Schlag mit der flachen Hand mitten ins Gesicht.
„Bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen?!“, er schüttelte sie so fest, dass ihr die provisorische Waffe aus den Händen fiel. Derweil hatten weitere Marktbesucher auch die blonde Fischerstochter dingfest gemacht. Sie hatte auf einem dünnen Pferd gesessen und hatte eine Umhängetasche voller Steine geschultert, an einigen klebte sogar noch der Dreck vom Feld, wo sie sie überhastet eingesammelt hatte.
Der Klepper den sie ritt war von dem Metzgermeister geistesgegenwärtig erschreckt worden, in Folge dessen gestiegen und hatte die Blonde abgeworfen wo sich sofort eine Menschentraube um sie scharte.
„Was um alles in der Welt hast du dir dabei gedacht?! Du musst vollkommen den Verstand verloren haben!“ - keifte eine dralle Bäuerin die junge Frau an und packte sie barsch am Oberarm.
„Aua! Lass mich los! Du darfst mich nich’ so anpacken!“, zeterte die junge Frau, so als sei ihr die Tragweite des Geschehenen noch gar nicht bewusst. „Du kannst froh sein, wenn ich dir nicht sofort den Schädel einschlage, du Miststück!“, schrie die Bäuerin wutentbrannt zurück und schleifte Sally durch die Menschenmenge hinter sich her.
Mittlerweile hatte sich jeder auf dem Markt eingefunden der den Tumult gehört hatte, der Hafen war verwaist, die Ladungen die weiterverbracht werden sollten standen herrenlos da, weil die Arbeiter alle gekommen waren um sich anzusehen was los war.
Um Clarence und Matthew hatte sich unterdessen ein Kreis gebildet. Die Menschen sahen erschrocken zu den am Boden liegenden Männern, von denen Molly Mitchell laut krakeelend erzählte: „…und dann hat sie gesagt, der Große hat ihr gesagt der is’ mit dem Kleinen da verheiratet! Das sin’ Schwuchteln, kapiert?! Die sin’ nich’ wie wir, die sin’ wie Vieh!“, ihre Stimme war schrill und laut und voller Entrüstung.
Der Mann der sie festhielt versetzte ihr noch einen Hieb, dieses Mal auf den Hinterkopf woraufhin Molly zu schreien anfing. „Gesegnet ist, wer nicht wie ihr ist, boshaftes Pack! Und jetzt halt dein dummes Maul oder ich stopfe es dir mit meiner Faust!“, daraufhin plärrte Molly nur noch lauter und versuchte sich energisch dem Griff des Mannes zu entwinden. Doch die anderen umstehenden Dorfbewohner hinderten sie daran sich mit Erfolg zur Wehr zu setzen.
Aus dem Wirrwarr an Stimmen und Unruhe setzte sich schließlich eine Frage durch und wurde wiederkehrend von allen Anwesenden, die einen Blick auf die beiden Fremden hatten, gemurmelt:
“Wer hilft denn nun? Irgendmand muss ihnen doch helfen.“ - es war ein junger Mann mit dunklem, halblangen Haar und dunklen Augen, der sich schließlich als Erster aus der eingetretenen Schockstarre der Zuschauer löste und laut und deutlich die Stimme erhob: „Steht hier nicht nur rum! Holt den Doc!“, sofort brach neue Unruhe aus und ein kleines Mädchen nahm auf Geheiß ihres Vaters die Beine in die Hand um schnellstens zum Haus besagten Arztes zu laufen und diesen herzuholen. Währenddessen kam der junge Mann näher und blickte mit erschrockener Miene auf das sich ihm bietende Bild.

Arquin

Beide Männer waren nach wie vor nicht bei Bewusstsein, wobei der Blutende von ihnen so aussah, als würde er bereits im Sterben liegen oder schon tot sein. Das Blut um seinen Kopf war dunkel und dick, einige der tiefbraunen Haarsträhnen klebten an der Wunde aus der noch immer Blut sickerte. Der Andere hatte versucht die Blutung zu stoppen in dem er die Mütze gegen das geschlagene Loch gepresst hatte - ein hilflosen Unterfangen welches Arquin trotz aller schlechten Befürchtungen nun wieder aufnahm.
Einer der Hunde versuchte unterdessen durch Stupsen und Lecken den Blonden wieder zu wecken wie der junge Mann am Rande wahrnahm, aber bisher fruchteten seine Versuche nicht. „Bitte sterbt nicht, Sai…“, murmelte er und drückte das durchweichte Stück Stoff fester gegen Matthews Schläfe. „Ich brauche Hilfe hier!“, rief Arquin verzweifelt und endlich fanden sich weitere beherzte Helfer.
Eine Frau und ein Mann lösten sich aus der Masse und eilten zu Clarence hinüber, eine der Obstverkäuferinnen brachte Arquin derweil eine Flasche voll Wasser um das Blut und den Dreck von Matthews Schläfe zu waschen.
„Hier ist noch ein Hund!“, rief die Frau plötzlich, die bei Clarence gekniet hatte und Kain zusammengekauert unter einem der Verkaufswagen sah. Der dunkle Jungwolf war von Clarence’ Angreiferin getreten worden und war dann in seiner Verwirrung und Panik davon gekrochen um sich zu verstecken.

Doktor Bennett

“Was ist passiert?“, ertönte es jäh. Der vertrauten und autoritären Stimme von Doktor Bennett machten die Anwesenden sofort Platz, auch wenn beide Schwestern umgehend wieder anfingen wüst ihre Motive zu erklären. Dabei wurde immer offensichtlicher, dass Sally über die Abfuhr von Quentin so erbost gewesen war, dass sie nach ihrer Heimkehr ihre Schwester aufgestachelt hatte ihr zu helfen den minderbemittelten Feivel zu töten. Dieser musste weg, weil er Schuld daran war, dass ein waschechter Seemann wie Quentin sich dazu herabließ mit ihm zu vögeln. Und das war nicht rechtens.
Wäre Feivel erstmal aus dem Weg geräumt, würde sich der Blonde schnell wieder fangen und normal werden - so wie es sich gehörte.
Für Geschichten wie diese, war der ergraute ältere Herr mit Brille und ernstem Blick jedoch nicht empfänglich. Er kam eiligen Schrittes an den Ort des Geschehens, ließ sich in groben Worten erzählen was passiert war und kniete dann mit einem Schnauben aus Unverständnis neben Matthew nieder. Er löste kurz den Stoff von der blutverschmierten Schläfe, dann brummte er neuerlich.
„Großer Gott… helft mir, ihn in mein Haus zu bringen. Schnell.“, wies er an und Arquin sowie ein weiterer Helfer hievten den Bewusstlosen nach oben. „Passt mit seinem Kopf auf und drückt unbedingt etwas gegen die Wunde!“, daraufhin eilte eine Frau zu Hilfe, die kurzerhand ihre Schürze abnahm und gegen das Loch im Kopf des jungen Mannes drückte, während die zwei anderen ihn forttrugen.
„Was ist mit ihm?“ - erkundigte sich der Arzt bei den beiden die bei Clarence waren. „Molly kam wie aus dem Nichts und hat ihn einfach niedergeschlagen. Wie eine Furie… Ich weiß gar nicht wie um alles in der Welt das passieren konnte…“, sie wirkte erschrocken und überfordert, doch für Bennett waren ihre Emotionen im Moment nicht von Belang.
Vorsichtig drehte er Clarence auf die Seite, fühlte seinen Puls und wischte ihm das Blut aus dem Gesicht, von dem sich erst danach herausstellte, dass es nicht das des Blonden war.
„Bringt ihn zu mir, nutzt eine Karre oder eine Plane als Trage, ich weiß nicht ob dem armen Mann etwas gebrochen wurde.“
Normalerweise hätte es sich gehört den Transport selbst zu überwachen, doch diese Zeit blieb dem anderen jungen Mann vermutlich nicht. Also erhob sich Bennett wieder und machte sich eilig auf dem Weg in sein Haus, wo man den Dunkelhaarigen bereits hingebracht hatte.
Sally und Molly Mitchell wanderten unterdessen in die Arrestzellen der kleinen Station der ansässigen Gesetzeshüter.


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