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Alte Werkstatt

17. August 2210


Clarence B. Sky

Er hätte sich am liebsten darüber mokiert, wieso er als sein Mann keine Geheimnisse haben durfte. Es musste doch wohl möglich sein dürfen, das ein oder andere Ding vor Matthew zu verschweigen und doch stellte sich schnell heraus, dass Geheimnisse nicht das größte Problem waren, das zwischen ihnen stand.

Es bedurfte nur ein einziges Wort um die Luft um sie herum zum Frieren zu bringen. Im ersten Moment verstand Clarence nicht mal, was nun genau jetzt schlimm daran war - er verstand lediglich, dass er ziemlich tief in der Scheiße steckte, ohne zu verstehen wieso.

Selbst Gabe hatte auf seiner Schulter das Zappeln eingestellt und traute sich nicht mal zu fragen, was so plötzlich los war. Matthews durchbohrender Blick ließ ihn frösteln und die blonden Härchen auf seinen Armen stellten sich auf, so sehr wusste sein Mann ihn selbst wortlos zu bestrafen, wenn er es denn wollte.

Es dauerte einen Moment und wenige kühle Worte seines Mannes, bis Claire begriff, welche Verbindungen der Jüngeren gerade knüpfte und die für ihn trotzdem nur wenig nachvollziehbar waren.

Nicht jeder Stein und nicht jede Spinne machten ihm Angst und so konnte der Blonde sorgenfrei durch einen Steinbruch wandern oder abends das Ungeziefer erschlagen, ohne an schlimme Dinge zu denken, die ihnen beiden widerfahren waren. Nicht in jedem Geröll sah er Cassie wieder, wie er blass und zerbrechlich in den weißen Laken bei Doktor Bennett gelegen hatte und der Anblick der Narben seines Mannes ließ ihn nicht sofort an ätzendes Spinnengift denken, nur weil jenes es verursacht hatte. 

Dass ausgerechnet jenes Buch also bei Matthew für die Dinge stand, die ihnen im Traum der Vetala widerfahren waren, hatte Clarence nicht ahnen können. Manchmal war er für solche Dispute viel zu einfach gestrickt und auch dieses war nicht das erste Mal, dass sein Mann auf ihn sauer wurde, ohne dass der Blonde verstand wie es dazu gekommen war.

Natürlich hatte Cassie das Recht böse zu werden weil der Wälzer Erinnerungen hervor rief, aber er war freilich nicht die Wurzel allen Übels. Das Buch hatte auch nicht als Schatz irgendwo umringt von drölfhundert Fallen darauf gewartet erobert zu werden, er war also keine Risiken eingegangen außer den - in einer Geisterstadt - offensichtlichen, um es zusammen mit den anderen einzusammeln.

Trotzdem reichten die wenigen zornigen Worte seines Mannes aus, um ihm die Standpauke seines Lebens zu verpassen für einen Fund, der in seinen Augen nichts anderes gewesen war als etwa die Eroberung der Kinder- oder Lernbücher.

„Ich… was?“, fragte er dünn, denn womöglich hatte er irgendwo den Faden verloren. Aus Spaß war Ernst geworden und dieser schlug ihm gerade mit einer Härte entgegen, wie der Dunkelhaarige schon seit Monaten nicht mehr an den Tag gelegt hatte.

Gabriel, mittlerweile wieder mit beiden Füßen auf dem Boden, drängte sich eingeschüchtert an ihn denn auch er verstand nicht so recht, was plötzlich aus dem ausgelassenen Spaß geworden war. Eine gespenstische Stille hatte sich über die Werkstatt gelegt während der sich Clarence fragte, ob Cassie auf ihn sauer war weil er alleine losgegangen war um das zu beenden, was sie gemeinsam angefangen hatten oder ob alleine das Wort Miami ausreichte, um dem Jüngeren einen Flashback zu bescheren, den er eigentlich gar nicht haben brauchte wegen eines dämlichen Buchs.

Viel wahrscheinlicher war allerdings, dass Clarence einfach ein Trottel war und alleine seine unüberlegte Art wie immer ausreichte, um seinem Mann ungewollt weh zu tun.

„Ach, Cassie… komm schon…“, versuchte er mit gezwungen aufmunternden Worten irgendwie die Stimmung wieder zu kitten, doch vergebens. Ehe er sich versah, hatte der andere plötzlich jegliches Interesse an dem sagenumwobenen Rucksack verloren und gab sich trist wieder dem Essen hin, als hätte nie helles Lachen den Raum erfüllt und als sei er die personifizierte Tristesse, die über ihnen allen und ihrer ganzen Situation lag.

Ich glaube… du solltest mal nachsehen, was Lucy so treibt“, flüsterte er Gabe zu, doch dieser schüttelte scheu den Kopf und schien nicht von ihm ablassen zu wollen. Seitdem sie sich hier alle kannten, hatten Matthew und er noch nie gestritten oder ein lautes Wort verloren und so wie er den kleinen Jungen verstanden hatte, hatte er sowas von seinen Eltern nie gekannt. Früher oder später hatte aber der Tag kommen müssen, an dem sich offenbarte, Clarence und sein Mann waren auch nicht besser als alle anderen Erwachsenen und genauso fehlbar, wie Gabes und Lucy’s Eltern es gewesen waren.

Schon okay, Kumpel. Das regelt sich wieder.“ - Aufmunternd wuschelte er ihm durch die Locken, bis Gabe sich von ihm löste und unsicher los trabte, um seine Schwester zu suchen.

„Matthew…“ , einen Moment sah er dem Jungen nach, bevor er vorsichtig die Distanz zwischen ihnen überbrückte und zurück zur Anrichte trat.

Clarence wusste noch genau wie verstört Matthew gewesen war, als er ebenfalls endlich die Augen aufgeschlagen und den Traum hinter sich gelassen hatte. Der Dunkelhaarige war kaum zu beruhigen gewesen. Lange hatte er ihn festgehalten und an sich gedrückt, in der Hoffnung dass Cassie wieder zu sich und Kraft fand aufzustehen, um mit ihm das Weite zu suchen.

Mehrere Tage lang hatte das Erlebnis Matthew noch in den Knochen gesteckt und zwischen ihnen gestanden, ohne das Geschehene genauer zu benennen. Und irgendwann… hatten sie einfach aufgehört darüber zu reden, als sei alles verwunden, was sie gesehen und gespürt hatten.

Matthew neigte dazu taff sein zu wollen, den harten Kerl zu geben der nicht unterschätzt werden wollte und grantig zu werden, wenn man ihm nicht genug zutraute. Doch so sehr er die harte Schale mimen wollte die er sich erhoffte zu haben, gab es genauso oft auch Situationen in denen sich zeigte, wie verletzlich und sensibel sein Mann war.

Er war eben kein Jäger und so sehr er das auch sein wollte, es würde auf ihrer Reise vielleicht immer wieder Erlebnisse geben, mit denen er überfordert war… genauso wie Clarence es war bei Dingen, die er nicht kannte und die einem Angst machen konnten.

Vorsichtig schmiegte er sich von hinten an seinen Mann und legte die Arme um ihn, die des Jüngeren dabei gefangen nehmend - einerseits um ihn behütend einzufangen, andererseits aber, damit Cassie ihn nicht mit dem Messer abstach.

Das Kinn auf die Schulter des vorderen legend, musterte er ihn leise von der Seite und besänftige die Versuche des Jüngeren sich zu wehren mit geduldigem Nachdruck, bis Matthews Gegenwehr endlich nachließ.

Es… tut mir leid, was passiert ist. Ich wusste nicht, dass dich das…“ - ‚noch belastet’  war sicher die falsche Formulierung, denn natürlich tat es das. „…dass es dich verfolgen würde, wenn ich das Buch suche. Ich wollte dir nicht damit weh tun.“

Sich zu entschuldigen, Fehler einzugestehen und Unzulänglichkeiten auch mal bei sich selbst zu suchen, das hatte Clarence erst dank und mit seinem Mann gelernt. Er war ein Typ, der seine Meinung lieber ausschwieg statt nachzugeben und der lieber Recht behielt, anstatt mit etwas falsch zu liegen. Das mochte in Willow Creek auch so funktionieren, aber eben nicht hier und nicht mit Matthew, mit dem er in ihrer Ehe auf einer Augenhöhe war und nicht irgendwo darüber.

Aber ich bin hier, weißt du? Und ich werde auch nie gehen, so lange du bei mir bist. Egal was ist und was kommt. Ich verspreche dir… dass ich dich nicht verlassen werde und immer nach dir suche, wenn wir getrennt werden. Auch wenn wir - Gott bewahre - mit einem Zeppelin abstürzen sollten und ich die ganze Nacht suchen muss“, wisperte er ihm leise ins Ohr und hauchte ihm anschließend einen Kuss darauf. Das mochte ein sehr flacher Witz sein und unter der Gürtellinie, aber er war wahr und er hatte schon bewiesen, dass er selbst in solch eine Katastrophenfall zu ihm zurück kehrte. Genauso wie er Matthew liebte, wenn Unfälle ihn, dem Erachten des Jüngeren nach, entstellten oder sie sich des nachts in einem riesigen Feld verloren, in dem es vor Mutanten nur so wimmelte.

Du machst mich glücklich, hörst du? Welchen Grund hätte ich zu gehen oder so etwas zu tun?“, wollte er berechtigt wissen und löste eine Hand aus der Umarmung, um dem Kleineren damit durchs Haar zu streichen. Sie hatten sich damals in einer sehr kläglichen Verfassung kennengelernt und die Möglichkeit schien nahe, dass er sich auch heute noch dem Tod wesentlich näher fühlte, als er es dem Leben tat.

Aber Cassie vergaß dabei regelmäßig eins: Der Hüne hatte mittlerweile den besten Mann der Welt an seiner Seite und somit den allerbesten Grund, eben jene nicht mehr verlassen zu wollen.


Matthew C. Sky

Manchmal lagen die Dinge komplizierter als sie auf den ersten Blick anmuteten. 

Ohne Frage, Cassandra Steen, die in Jägerkreisen offenbar so etwas wie ein Prophet war, konnte nichts dafür, dass beide junge Männer in die Fänge der Vetala geraten waren. 

Jene Wesen, von denen Clarence ihm später erklärt hatte, dass sie ihre Opfer in Schlaf und süße Träume versetzten um ihnen die Lebensgeister auszusaugen bis nichts mehr von ihren Opfern übrig war, außer einer vertrockneten Hülle. 

Aus einem solchen Traum gab es kein Erwachen außer man wählte den Freitod, nachdem man die Zeichen richtig gedeutet hatte. 

Und so hatte der Bär von Mann damals auch alles richtig gemacht als er sich in der Bibliothek erschossen hatte. 

Er hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte und seinem Wissen allein war es zu verdanken, dass sie heute beide noch lebten. 

Matthews Selbstmord war jedoch nicht der Erkenntnis geschuldet, dass er Gefangener von derartigen Wesen war. Die Erkenntnis die ihn in den Tod - und damit paradoxerweise zurück ins Leben - getrieben hatte, war eine andere gewesen. Nämlich, dass er ohne Clarence nicht weiterleben wollte weil es in einer Welt ohne den Blondschopf nichts mehr gab, dass sich zu erleben lohnte. 

Die Buchreihe jener Autorin der Alten hatte damit nichts zutun und doch… verband Matthew die Suche nach diesem Buch und folglich die Ankunft in der Bibliothek und den Selbstmord von Clarence mit jener unsäglichen Lektüre. 

Logisch betrachtet war seine Reaktion schwer zu verstehen und Matthew verstand sich nicht einmal selbst so richtig. Aber er fühlte sich auf schreckliche Weise an den Moment erinnert, an dem Clarence sich die Waffe unters Kinn gepresst und den Abzug betätigt hatte. Ohne zu zögern und nur Sekunden nachdem er ihn noch geküsst hatte. 

Und dann hatte der Schuss von einer Sekunde zur anderen alles verändert und Matthew hatte nicht begriffen was passiert war. Er hatte nicht gewusst, dass dieser Weg der einzige Weg war um wieder zu erwachen und das Clarence ihm nicht hatte sagen dürfen, dass sie beide träumten. 

Heute, etliche Wochen und einige Abenteuer später, hatte er längst geglaubt dieses Ereignis sei abgehakt und dann kam Clarence mit diesem Buch an und es stellte sich heraus, dass noch nichts abgehakt war. 

Matthew musste sich nicht zu Clarence umdrehen um zu wissen wie dieser nun dreinblickte. 

Ratlos, traurig und ein bisschen überfordert. Und weil Matthew diesen Blick nicht sehen wollte, kümmerte er sich stur darum die Arbeitsfläche aufzuräumen. 

Schweigsam umarmte der Blonde ihn schließlich von hinten und der erste Impuls des Kleineren war es, den anderen abzuschütteln und auf Distanz zu bringen. 

„Lass…“, brachte er über die Lippen. Ein einziges Wort nur und doch konnte man ihm anhören wie angespannt er war. 

Er zog die Schultern hoch und versteifte sich in der ungewünschten Umarmung, aber Clarence hielt ihn fest und brach seinen Widerstand schon nach kurzer Zeit. 

Das bärtige Kinn des Größeren auf seiner Schulter, spürte er den stillen Blick seines Mannes und alle Wut und aller Trotz erloschen unwiederbringlich. 

Er wusste der Blonde hatte keinen Fehler gemacht, er allein war derjenige der ein Problem hatte und es war in gewisser Weise ungerecht, dass er dem anderen Vorwürfe machte. 

Aber Clarence schlug nicht in jene Kerbe, machte ihm weder klar, dass er sich nicht so anstellen sollte noch stellte er ihn zur Rede. 

Stattdessen war seine Stimme weich und nachsichtig. Er klang traurig, aber nicht um seinetwillen- sondern weil er wusste, dass hinter Matthews Kratzbürstigkeit Angst um ihn steckte. 

Eine Angst, die nicht von ungefähr kam. Als sie einander kennengelernt hatten, lag Matthew im Sterben und Clarence hatte sich ein Todeslager errichtet in dem er zu verhungern gedachte. Und in den Wochen und Monaten danach, da hatte sich der Ältere immer wieder unnötigen Gefahren ausgesetzt. Er hatte das Schicksal, das Leben und den Tod herausgefordert als läge ihm nichts an seinem Sein. 

Ein Spiel mit dem Feuer welches Matthew zu oft gesehen hatte. Doch jene Zeiten waren vorbei. 

Clarence war glücklich, weil Matthew ihn glücklich machte. 

Eine Formulierung, die den Jüngeren dazu veranlasste sich in der Umarmung des Hünen umzudrehen. 

Er blickte nicht zu ihm auf, sondern lehnte das Gesicht gegen Clarence‘ Hals, den er sogleich küsste. 

„Du hast nichts falsch gemacht… ich bin derjenige der sich entschuldigen sollte.“ wisperte er gegen die warme Haut, mit einer Stimme, die verdächtig belegt klang. 

„Du bist alles was ich habe, alles was mir etwas bedeutet. Das weißt du, hm?“ - erst jetzt hob er den Kopf und sah zu dem Blonden auf. 

In seinen grau blauen Augen lag Nachsicht und Liebe und eine Art von Weisheit, wie sie nicht zu einem jungen Mann zu passen schien. Clarence hatte viel gesehen und viel erlebt - aber egal wie oft er kurz davor gewesen war aufzugeben, er hatte es nie getan. 

Nicht damals und nicht heute und Matthew wollte seinen Versprechen, niemals fortzugehen, glauben. 

„Was du getan hast… was wir getan haben in dieser Bibliothek… das…“, er schüttelte den Kopf als könne er dadurch die Gedanken abschütteln. 

„…ich hab dich sterben sehen und…auch wenn es ein Traum war…wir zwei waren echt. Und wie du gestorben bist, der Knall…das Blut…w-wie du hingefallen bist…das war auch echt. Zumindest für mich…“

Matthew legte den Kopf zurück an Clarence‘ Hals, schloss die Augen und versuchte jene Erinnerungen zu verdrängen. 

„Das Buch kann nichts dafür, aber ich kann es trotzdem nicht leiden. Aber wenn du es schon lesen musst, lass es uns zusammen tun, okay?“


Clarence B. Sky

Wenn man ihn fragen würde was der Zauber ihrer Bindung zueinander war, wieso sie sich in der Zeit seit ihrem Kennenlernen nicht chronisch auf den Keks gingen und Streitigkeiten nicht über mehrere Tage hinter sich her schleppten, dann gab es nur eine logische Antwort auf diese Frage:

Sie gehörten einfach zusammen und waren füreinander gemacht.

Kein Disput konnte groß genug sein um sie für längere Zeit zu entzweien, immerhin planten sie ein ganzes Leben miteinander zu verbringen. Jeder Tag, den sie einander hatten, war viel zu kostbar um ihn nicht miteinander zu nutzen - das wussten sie beide aus Erfahrung nur zu gut. Es konnte schneller vorbei sein als man es erwartete und was gewannen sie, wenn sie Kleinigkeiten hinterher trauerten? Wenn sie es bevorzugten einander anzuschweigen statt miteinander zu reden, obwohl genau das doch so wichtig war, wenn sie einander besser kennen wollten als jeden anderen Menschen auf der Welt? 

Es ging nicht darum dem anderen gefallen zu wollen oder ihn durch Überschütten mit Geschenken oder Gefälligkeiten an sich zu binden, sondern darum sich zu kennen und vertraut miteinander zu sein. Sich zu lieben, nicht obwohl, sondern weil man anders war als andere Menschen und einander anzunehmen, auch wenn Gefühle etwas schwieriges sein konnten und nicht immer nachvollziehbar.

Das Herz tat manchmal was es wollte und gerade wenn sie zusammen waren, hatte Clarence das schon oft feststellen müssen. Dinge, die ihn für Tage in Schweigen hätten verfallen lassen, fühlten sich wie verflogen an sobald Cassie ihn berührte oder mit ihm sprach und genauso verhielt es sich mit seinem Mann, wenn er versuchte sich vor ihm zu verschließen. Der Dunkelhaarige hatte es noch nie geschafft seine Gegenwehr lange aufrecht zu erhalten, wenn sein Bärchen ihn nur in den Arm nahm und an sich drückte. Genauso verhielt es sich auch jetzt wieder.

Der Atem des Jüngeren schlug warm gegen seinen Hals und fühlte sich dabei so vertraut an, wie er es nur von seinem Mann kannte. Obwohl sie schon seit Tagen nicht mehr richtig alleine gewesen waren, waren es kleine Momente wie dieser hier, die sich trotzdem intim und zweisam anfühlten und die jede Sekunde lohnenswert machten. Trotzdem war ihre Nähe einer eher ernsten Natur, wie sich den Bruchteil einer Sekunde später bewies, als Cassie leise die Stimem erhob.

Er klang belegt und man hörte ihm deutlich an wie nah ihm das dumme Buch ging, obwohl es mit dem eigentlichen Problem nur wenig zu tun hatte. An seinem Mann nagte noch immer das einst erlebte, wenn auch in den vergangenen Monaten eher unterbewusst, wie es schien.

Hey… hey, sieh mich an“, forderte er leise vom Kleineren, auch wenn es ihm nicht gefiel, sich selbst den wohligen Atem vom Hals zu lauen. Trotzdem legte er seine großen Hände behütend um Matthews Gesicht und hob es sanft zu sich an, fast so als könne er durch diese einfache Geste seinen Liebsten von allem Bösen dieser Welt abschirmen, auch wenn das natürlich völliger Unsinn war.

In den kandisfarbenen Iriden seines Mannes lag so viel Liebe, wie Clarence es früher nie für möglich gehalten hatte. Cassie hatte oft kurzsichtig auf ihn gewirkt mit seinen Hang zum Glücksspiel, zu leichten Mädchen und generell dem kurzen Vergnügen, das oft nur von zwanzig Uhr bis vier Uhr früh andauerte. Nicht selten war der Kerl am letzten Tag viel zu spät zum Treffpunkt erschienen und viel zu oft war es Clarence dabei vorgekommen wie eine Art Test, ob er auch wirklich auf den Taugenichts wartete. Ob das stimmte konnte er freilich nicht sagen und offen angesprochen hatte er Matthew darauf auch nie. Warum auch?

Am Ende des Tages waren sie doch immer wieder gemeinsam aus einer Ortschaft aufgebrochen, ganz gleich wie früh oder spät, ob im Gespräch oder schweigend, bei Regen oder Sonnenschein.

Manchmal, wenn Clarence ihn heute so betrachtete, meinte er das verliebte Funkeln in den Augen des Jüngeren auch damals gesehen zu haben, wenn er doch wieder auf ihn gewartet hatte um gemeinsam aufzubrechen. Und wenn er, Stunden später, aus den Wäldern zurück gekommen war, nachdem er Cassie mit Abwesenheit und Schweigen hatte strafen wollen, war der kleine Taugenichts manchmal kurz später viel zu vergnügt gewesen für jemanden, der sich einfach nur freute nicht mehr alleine zu sein.

So oder so, in vielen kleinen und großen Gesten, ob bewusst oder unbewusst, hatte sich schon oft ihre Zuneigung füreinander niedergeschlagen.

Sachte rieb er mit den Daumen über Cassies Wangen, so wie er es oft tat wenn er ihn nachdenklich ansah und nach den richtigen Worten suchte.

So ein Vetala-Traum… der ist echt. Jedenfalls so lange, bis er vorbei ist“, setzte er leise an. „Man weiß erst ob man richtig liegt, wenn man aufwacht. Wenn… man aufwacht.

Denn wenn nicht, wenn man die falsche Entscheidung traf, dann gab es kein Erwachen mehr. Hinter dem Tod würde kein Licht lauern sobald man die Augen aufschlug, keine Erlösung von dem beißenden Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung war.

Und das schlimmste: Es würde nicht die Gewissheit geben denjenigen gerettet zu haben, der einem mehr bedeutete als das eigene Leben.

Es mag sich echt angefühlt haben und deshalb echt gewesen sein, Cassie… alles davon. Aber es war eben nicht real und das ist das wichtigste. Es war nicht die Realität. Kein Wort, keine Sekunde Angst, kein Blut war real. Und kein Traum, egal wie echt er sich anfühlt, kann so lebenswert sein wie die Realität.“

Es mochte einfacher gesagt als getan sein so zu denken, aber um seine Worte hoffentlich in Cassies Gefühlswelt zu verankern, küsste er ihn sanft auf die Stirn, bevor er auch die Nase und schließlich die Lippen seines Mannes mit einem innigen Kuss bedachte. Wahrscheinlich konnte alle Zuneigung dieser Welt nicht die Angst binden, die Matthew verspürt haben musste ab jenem Moment als er begriffen hatte, was sein Bär im Begriff war zu tun und schließlich auch getan hatte.

Clarence war nie auf die Idee gekommen sich vorzustellen wie es Matthew ergangen sein musste nebst der normalen Angst, die er nach dem Aufwachen verspürt hatte. Wie er hatte ansehen müssen was passiert war und wie er hatte darauf reagieren müssen, am Ende nur eine richtige Entscheidung treffend, die zweifelsohne mehr Mut erforderte als alles andere auf der Welt. Er selbst war erwacht, war beschäftigt gewesen seinen Liebsten zu bergen und hatte gewartet - und vielleicht war ihm seine Blauäugigkeit dadurch verziehen, dass er auch noch nie von einem Fall gehört hatte, dass mehre Menschen ein und denselben Traum träumten.

Vielleicht war es auch einfach nicht möglich sich vorzustellen durch welche Hölle Matthew in diesen scheinbar wenigen Minuten gegangen war, die sich sicher angefühlt hatten wie ein halbes Leben, das an einem vorbei zog.

Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt, kleines Böckchen. Genau deshalb… kann ich nicht zögern solche Entscheidungen zu treffen, wenn ich es muss. Und ich kann es mir nicht erlauben das Falsche zu entscheiden, wenn ich dich bei mir behalten will“, wisperte er ihm leise zu und suchte erneut kurz Matthews Lippen mit den seinen. Immer wieder würde es in Zukunft auf sie beide zukommen kritische Entscheidungen zu treffen, nicht zuletzt direkt nach dem Absturz, als sie sich hatten fragen müssen ob sie des nachts nach dem anderen im Schnee suchen oder in Sicherheit verharren wollten.

„Wärst du an meiner Stelle und dir sicher gewesen, dass etwas nicht stimmt, hättest du dich nicht anders entschieden. Du hättest alles getan was nötig ist, um mich zu retten und genau deshalb sind wir beide heute hier. Weil wir beide in der Lage sind kritische Entscheidungen zu treffen um zu überleben, so wie wir es schon immer getan haben.“

Auf vielen Ebenen waren sie keine Abenteurer sondern einfache Überlebenskünstler, anders konnte man es kaum nennen. Doch gerade weil dem so war, waren sie heute auch hier und konnten einander lieben, statt längst an dem zerbrochen oder gestorben zu sein, was schon alles hinter ihnen lag.

Behütend löste er seine Hände von Cassies Wangen, schob sie stattdessen über dessen Schultern hinweg und zog den Kleineren feste an sich. Zweifelsohne war - bei ihrem Glück - selbst die jüngste Katastrophe nicht die letzte in ihrem Leben und Clarence war froh nicht jetzt schon zu wissen, was die Zukunft alles für sie bereit hielt. Das schloss das Buch von Steen aber aus, für das er extra den armen Gabriel durch die halbe Stadt hatte marschieren lassen. 

Versprich mir… dass du mit mir redest, wenn dich etwas beschäftigt oder es dir nicht gut geht. Selbst wenn wir deshalb das hundertste Mal über das Gleiche reden, das ist mir egal. Ich will wissen, was in dir vorgeht… und ich will dir helfen können, wenn irgendwas ist. Dafür hat man doch einen Ehemann, oder nicht?“


Matthew C. Sky

Hätte man Matthew vor ein paar Jahren gesagt, dass der große Blonde, der so gern schwieg und immer barfuß lief, irgendwann sanft sein Gedicht in beide Hände nehmen und ihn trösten würde, so hätte Matthew es definitiv nicht geglaubt. 

Natürlich hatte es sie gegeben, die Momente in denen sich gezeigt hatte, dass sie einander wichtig waren - aber es waren vereinzelte, kleine Gesten gewesen die man auch hätte übersehen können. 

Etwa, wenn Clarence ihn keinen Kopf kürzer gemacht hatte, war der Jüngere mal wieder zu spät zum Treffpunkt erschienen. Oder wenn er ihm eine extra Portion Fleisch unterschob, damit er ja genug aß. So als würde Matthew sonst vom Winde verweht werden, nahm er auch nur ein einziges Gramm ab. 

Matthew hatte sich mit anderen Gefälligkeiten revanchiert. Zum Beispiel mit Wärmekissen die er ungefragt ans Fußende von Clarence’ Schlafplatz drapiert hatte, sodass dem Hünen bei Zeiten wohlig warm wurde, wenn er unter die Decke schlüpfte. Oder wenn er mal wieder Fischsuppe zubereitete und behauptete nach einem Becher pappsatt zu sein - damit Clarence mehr bekam. 

Sie hatten einander augenscheinlich oft genervt, aber mindestens im selben Maße hatten sie aufeinander aufgepasst. Und das taten sie bis heute. 

Traurig schaute Cassie zu dem Größeren empor, in dem Wissen, dass sein eigener Kummer auch der Kummer des Blonden war. 

Clarence sprach leise und dennoch bestimmt mit ihm und in seiner Stimme lag keinerlei Zweifel. Natürlich war der Traum irgendwie echt gewesen, doch in einem Traum dieser Art gab es keine Zukunft und hätte Clarence ihn nicht beendet, wären sie beide schon längst tot. 

In der Theorie war Matthew das bewusst und doch brauchte es erneut die eindringliche und doch so einfühlsame Erklärung des Größeren, damit Cassies Angst in den Hintergrund trat. 

Clarence hatte sich nicht erschossen, damit er von Matthew weg kam. Er hatte sich erschossen, damit sie beide zusammen sein konnten. Es klang absurd aber ganz genau das war die Wahrheit. 

„Ich hab…dich so oft fast verloren.“ warf der Dunkelhaarige unglücklich ein, das warme Gefühl der zarten Küsse noch auf Stirn und Lippen spürend. 

Nähesuchend schmiegte er sich an Clarence als dieser ihn schließlich umarmte. Wie gut diese Nähe zu dem Blonden tat, dass würde wahrscheinlich niemand je verstehen können. Trotzdem löste sich der Jüngere nach einem Augenblick wieder, nahm die Hände seines Mannes in die seinigen und blickte nachdenklich auf sie herab. 

Sie waren ein bisschen rau, aber das störte Cassie nicht. Ebensowenig wie es ihn je gestört hatte, dass sie unvollständig waren. 

Die kleinen Finger beider Hände hatte er sich um eine Kuppe gekappt und den rechten Ringfinger vollständig entfernt - als Strafe für etwas, an dem er keine Schuld trug. 

„Du warst nie besonders gut zu dir…“, erhob Matthew leise die Stimme, ohne den Blick von des Anderen Händen zu heben. Kennengelernt in einem Todeslager, hatte Matthew zu Anfang nicht nur ein bisschen an der geistigen Gesundheit des Hünen gezweifelt. 

Sie waren beide kaputt gewesen und heute waren sie wieder heil, dank des jeweils anderen. 

„Seit ich dich kenne, hast du dich weder geschont noch hast du auf dich aufgepasst. Also… passe ich auf dich auf. Aber weder auf dieser dämlichen Spinneninsel noch in Miami ist mir das gelungen. Und im Zeppelin hab ich nicht verhindern können, dass du fällst…“  - es war ein Ding der Unmöglichkeit jede Gefahr abzuwenden, dass wussten sie beide. Und am Ende war es gut, dass Clarence aus dem zerbrochenen Zeppelin gestürzt war, denn wer wusste schon, ob er sonst überlebt hätte?

Aber Angst hatte er dennoch. 

„Ich liebe dich, ich liebe dich mehr als ich sagen könnte und dich so zu sehen…wie damals in dem Kokon oder wie du dir die Waffe unter das Kinn drückst…“ - er schüttelte verdrießlich den Kopf und hob schließlich wieder den Blick in Clarence‘ Gesicht. 

„Wenn ich dich verliere, verliere ich alles.“

Beinah verlegen anmutend blickte Matthew wieder nach unten und hob die Hände des Größeren empor um auf beide je einen Kuss zu drücken. 

Dann erst ließ er sie wieder zwischen sie beide sinken und reckte sich empor um die Lippen Blonden einzufangen. 

Energisch und doch behutsam küsste er seinen Mann und ließ erst jetzt eine seiner Hände los, damit er die eigene anheben und in Clarence‘ Bart verkrallen konnte. 

Der Wildling fühlte sich so unbeschreiblich gut an und seine Nähe so unglaublich richtig. 

„Ich wünschte wir wären allein…“ wisperte er gegen die geküssten Lippen und vereinnahmte sie schon einen Sekundenbruchteil später erneut. 

Einander zu lieben hieß auch einander zu begehren und Sehnsucht nach der Nähe des anderen zu haben. 

Aber dafür gab es in ihrer jetzigen Situation keinen Raum. 

Mit einem süffisanten Lächeln blickte er zu dem Blondschopf empor, strich ihm zärtlich die Haare aus der Stirn und hinter die Segelöhrchen. 

„Danke…für deine Geduld mit mir.“


Clarence B. Sky

Mit Matthew verheiratet zu sein, ihn an seiner Seite zu haben und ihn lieben zu dürfen wie auch von ihm geliebt zu werden, war das größte Glück, was Gottes schöne Erde für einen bereit halten konnte. Wenn dieser Mann ihn küsste oder ihm mit seinem Lächeln die Haare hinters Ohr strich, konnte selbst einem kräftigen Jäger wie ihm ganz anders werden. In seiner Magengrube kribbelte es, wenn Cassie ihn mit warmem Blick ansah und nicht selten wanderte eben jenes Kribbeln an seinem Körper tiefer hinab, wenn sie sich in einem innigen Kuss verloren oder der Dunkelhaarige sich auf eine Weise vor ihm räkelte, wie der Hüne es besonders gerne hatte.

Doch es gäbe kein Glück ohne Unglück, genauso wie es kein Licht geben konnte, ohne dass diesem Schatten voraus ging. Mit eben jener Liebe, die in ihm für Matthew aufgeflammt war, ging eine Sorge einher, wie er sie schon seit Jahren nicht mehr für einen anderen Menschen empfunden hatte. Es reichte ein einfacher Schnitt aus, den Cassie sich beim Kochen wegen Unachtsamkeit zuzog, damit es Clarence plötzlich ganz anders wurde und ein unangenehmer Schauer durch seinen Leib ging, den er nicht mal dann empfand, wenn er sich selbst etwas zuzog. Verletzungen bei seinem Mann fühlten sich um ein vielfaches schlimmer für ihn an, als wenn er sich selbst weh tat. Selbst die Angst die von ihm Besitz ergriffen hatte, als er nach dem Absturz ohne den anderen erwacht war, hatte sich alleine um seinen Partner gedreht - und nicht etwa darum, dass er vielleicht nicht mehr aus dem hohen Gebäude heraus fand und dort elendig verhungern könnte.

Jemanden zu lieben war Segen und Leid zugleich und bis zu einem gewissen Grad war das auch gut so, um all das, was man sich gemeinsam aufgebaut hatte, nicht selbstverständlich sein zu lassen. Trotzdem spürte er Sorge und Furcht lieber selbst, als sie in Cassies Augen zu erkennen.

Ebenso wie der Jüngere, blickte er auf seine unvollständigen Finger in den Händen des anderen hinab und lauschte mit melancholischem Ausdruck in den Augen den Worten seines Mannes. Seit ihrem Kennenlernen hatten sie beide Narben und Schrammen hinzu gewonnen, sahen noch abgenutzter aus als damals und doch fühlte sich Clarence so viel mehr genesen als zu jener Zeit. Es gab Wunden auf ihrer beider Seelen, die ganz sicher niemals heilen würden, ganz egal sie sehr sie sich liebten - aber so lange sie zusammen waren, taten jene Narben weniger weh und das war etwas, das Claire noch vor zwei Jahren niemals für möglich gehalten hätte.

Schweigend und mit betretenem Blick hinab auf seine Hände, lauschte er dem leisen Wispern seines Mannes und konnte dabei die Sorge in dessen Stimme nur allzu gut nachvollziehen. Es gab Dinge, die keiner von ihnen jemals würde verhindern können und wegen denen sie sich immer Vorwürfe machen würden, ganz gleich ob sie wirklich daran etwas hätten ändern können oder nicht.

Ich hab auch nicht immer gut auf dich aufgepasst. Weder hab ich dich davor bewahren können, dass du auf der Insel im Feld mit den Spinnen in diese Höhle fällst… noch war ich bei dir im Zeppelin, weil ich zu dumm war um Schuhe zu tragen. Ich bin auch nicht besser als du“, erklärte er ihm leise und schüttelte sachte den Kopf, als ließen sich damit all die schlechten Erinnerungen abschütteln.

Ohne Erfolg.

Niemand hatte ahnen können, dass der Flug an diesem Morgen ein unterworfenes Ende nahm und dementsprechend war es nicht seine Schuld, dass er barfuß in die Scherben getreten und auf seinem eigenen Blut ausgerutscht war. In diesem Moment hatte er nicht nur sein ganzes Leben, sondern auch seine Zukunft mit Matthew an seinem inneren Auge vorbei ziehen sehen. Aber wäre es überhaupt nötig gewesen vor den anderen barfuß aufzutreten, nur um ein altes Selbstbild weiterhin aufrecht zu erhalten, das längst überflüssig geworden war?

Manchmal war solch ein falscher Stolz ebenso überflüssig wie die Frage danach, wer an wessen Unfällen Schuld trug oder nicht und deshalb war es auch überflüssig, wie viele Gedanken Matthew sich machte.

Das Einzige, was ihn wirklich über all das hinweg trösten konnte was hinter ihnen lag, war der bestimmte und doch zarte Kuss, der schließlich erst seinen Händen und im Anschluss seinen Lippen auferlegt wurde und in den er sich sehnsüchtig hinein lehnte, die Augen für einen Moment schließend. Es hätte nicht viel gebraucht und sie hätten sich nie mehr geküsst, wenn im schlimmsten Fall nicht sie beide, sondern nur einer von ihnen bei dem Absturz des Zeppelins ums Leben gekommen wäre.

Lass uns nicht so viel darüber reden was wenn gewesen wäre, außer du willst mich hier heute Abend noch vor allen heulen sehen wie ein Kleinkind“, wisperte er Cassie entgegen und klaubte sich einen weiteren kleinen Kuss von dessen Lippen, um jegliche Widerworte im Keim zu ersticken. Er hatte in seinem Leben schon genug Menschen verloren die er liebte - und darüber nachzudenken, es könnte ihm mit Matthew auch so ergehen, ließ ihn sofort einen dicken Kloß im Hals spüren.

Egal was passiert ist und wer wann etwas verpasst hat, wir sind beide hier und das sollte uns beschäftigen. Alles davon war gut so, sonst wären wir jetzt vielleicht nicht hier. Okay?“

Am Ende stimmte ja auch genau das und gerade deshalb sollten sie keine einzige Sekunde von dem ändern, was hinter ihrem lag. Vielleicht nicht mal die Wochen in Cascade Hill, die womöglich verhindert hatten, dass sie auf hoher See in einem tödlichen Sturm geraten waren. War immerhin alles denkbar.

Dem sanften Zug an seinem Bart und dem Kribbeln auf seinen Lippen nachspürend, lehnte er seine Stirn gegen die des Jüngeren und brummte genüsslich. Cassie hatte keine Ahnung wie sehr der Bär von Mann die Nähe zu ihm vermisste und sich schmerzlich herbei sehnte.

Ich wünschte auch, wir wären alleine. Es gibt immer noch die obere Etage, weißt du? Jeremy kann aufs Essen aufpassen und Constantin sich mit den Kindern um Feuerholz kümmern, ich denke mein Bedarf ist da sehr hoch“, entgegnete er keck und schmunzelte genüsslich, wohl wissend, dass dieser Vorschlag schon mehrmals abgelehnt worden war.

Mhh… aber ich glaube… dafür musste ich schon viel zu lange warten. Ich bin mir nicht sicher, ob das noch das Richtige ist.“ - Nicht, weil ihm der Appetit auf den Dunkelhaarigen vergangen wäre, sondern weil sein Hunger viel zu groß geworden war, um sich mit ein paar hastigen Minuten in den verstaubten Umkleiden zufrieden zu geben. Das wäre noch vor einer Woche als Abenteuer durchgegangen, mittlerweile wäre es aber ein fader Abklatsch dessen, was hätte sein können.

Lass uns morgen jagen gehen, nicht du und Lucy oder Gabe mit mir. Nur wir beide und ein provisorisches Zelt. So wie damals… bevor wir ums Boot herum das Ufer abgegrast haben. Wir stellen ein paar Fallen auf, suchen nach etwas Großwild… und abends machen wir uns ein schönes Lagerfeuer, an dem wir zwei alleine sind. Die Hunde werden es mit Jeremy und Constantin werden ja wohl schaffen, eine Nacht auf drei Kinder aufzupassen, von dem eines ihnen gehört und das andere schon halb erwachsen ist“, flachste er hoffnungsvoll, denn auch wenn er sich da nicht ganz sicher war, sollte man es wenigstens erwarten können. „Wir suchen uns eine windstille Ecke für unser Zelt und uns… und nachts machen wir das, was nicht für fremde Ohren bestimmt ist. Was hältst du davon?“

Vielsagend zupfte er bei seiner unschuldigen Erklärung an Matthews Kragen, so als könne er es jetzt schon kaum erwarten ihn aus dem Oberteil heraus zu schälen.


Matthew C. Sky

Egal wie lange und gut Matthew Clarence auch zu kennen glaubte, immer wieder gelang es dem Blonden ihn zu überraschen. 

Am Ende hatte Clarence recht und alles war genau so gekommen wie es richtig war. 

Sie wussten nicht wovor all das scheinbare Unglück sie bewahrt hatte und vielleicht wären sie heute schon gar nicht mehr lebendig, wäre nichts davon passiert. 

Kein Spinnenfeld, kein Schieferstein, kein tödlicher Traum, kein Absturz mit dem Zeppelin…

Eines schönen Tages würden sie vielleicht alt und grau auf ihrer Veranda sitzen und rückblickend sagen, dass jedes Abenteuer richtig und wichtig gewesen war - auch die, die ihnen wie das größte Unglück erschienen waren. 

Schweigsam lauschte Matthew seinen Mann und bewunderte ihn still für alles was er sagte, aber noch viel mehr für alles was Clarence war. 

Ein aufrechter, geduldiger und liebenswürdiger Mann der sich niemals zu schade dafür war, Matthew an seinen Gefühlen teilhaben zu lassen. 

Er hatte keine Angst mehr davor ihn wissen zu lassen was in ihm vorging, denn nur mit dem schönen Schein waren sie beide nicht verheiratet. 

Matthew liebte Clarence für jeden weisen Blick, für jedes verschmitzte Lächeln, für jeden albernen Vorschlag. Aber ebenso liebte er ihn für seinen Kummer, den er mit ihm teilte, für seine Tränen, wenn er traurig war und sich mit jener Trauer nicht zurückzog. 

„Du hast recht…“, räumte Cassie ein. Er wusste so wenig wie Clarence, wofür all die Umwege und Schicksalsschläge gut gewesen waren. Aber was sie beide wussten war, dass sie noch hier waren - und zwar zusammen und so unversehrt wie es in Anbetracht ihrer Vergangenheit nur möglich war. 

Matthew machte die Augen zu und genoss den Moment der innigen Nähe, die sein Bär so leicht zu schaffen wusste wie niemand sonst den Matt kannte. 

Die Stirn an die seine lehnend, erschuf Clarence eine wohlige und behütende Atmosphäre, die den Kleineren mit Ruhe und Liebe erfüllte. 

Vor der Beziehung zu Clarence hatte Matthew viele Bekanntschaften gehabt. Liebeleien, flüchtige Begegnungen amouröser Natur - aber auch einige Bekannte, zu denen er ein etwas intensiveres Verhältnis gepflegt hatte. 

Freundschaftlich, manchmal - aber nicht immer - auch mit einer sexuellen Komponente, hatte sich durchaus auch eine Art Vertrautheit zu jenen Personen entwickelt. 

Doch die Art von Nähe die Clarence ihm schenkte, hätte Cassie niemals von einer anderen Person zulassen können. 

Es war allein der Hüne, der ihm auf diese Weise nah war und nah sein durfte.

Er war es, der den Dunkelhaarigen auf eine Art berührte, wie es Matthew nicht einmal selbst ganz begriff. Auf Außenstehende mochte der Blonde streng und abweisend wirken und beides konnte er zweifellos auch sein. Aber aus irgendeinem Grund hatte Matthew nach dem Ablegen seiner Skepsis und Angst begonnen die harte Hülle als genau das wahrzunehmen was sie war: ein Mantel. Etwas, dass der Blonde der Außenwelt zeigte, damit diese keinen Blick auf das erhaschte was Clarence wirklich war. 

Sensibel, verletzt, unsicher und im Zwiespalt mit sich selbst. Die Welt um ihn herum hatte ihm zu oft gezeigt, dass er nicht lieben durfte wen er lieben wollte, dass diejenigen die ihm lieb und teuer waren jederzeit von ihm fortgerissen werden konnten ohne, dass er es verhindern konnte. 

Clarence war nicht wirklich rau und grob, aber er hatte gewollt, dass andere ihn so sahen. 

Nur bei Matthew hatte die Scharade irgendwann nicht mehr funktioniert. Und heute sah der Dunkelhaarige in dem Größeren nichts anderes mehr als die Liebe seines Lebens. 

Der ziemlich kühne Vorschlag nach oben zu gehen um ein paar Minuten Zweisamkeit zu haben stieß bei Matthew auf wenig Gegenliebe, aber es amüsierte ihn. In der zurückliegenden Zeit hatte der gar nicht mal so brave Christenjunge schon mehrfach diese Örtlichkeit als möglichen Platz für ein Stelldichein vorgeschlagen - und hatte nie Erfolg damit gehabt. 

„Die Umkleiden sind immer noch keine Option.“, verneinte Cassie und musste nicht mehr ausführen weshalb er so dachte. 

Diese Werkstatt war zwar verwinkelt aber nicht wirklich groß und er wollte nicht, dass die anderen ahnten was sie da - so abseits der Gruppe - taten. Vielleicht gar mithören. 

Clarence hatte jedoch bereits eine bessere Idee. Und wie er da so unschuldig an Matthews Oberteil zupfte, einen kecken Ausdruck in den Augen und den Hauch eines Schmunzelns auf den Lippen, konnte der Jüngere nicht anders als zu kichern und den Kopf zu schütteln. 

„Ich mag die Idee.“, räumte er ein und ließ seine Hände in die hinteren Taschen von Clarence‘ Hose gleiten. 

„Damals dachte ich allen Ernstes, ich wäre der Schlimmere von uns beiden. Aber mittlerweile weiß ich, dass ich meinen Mann nicht zu lange hinhalten darf, wenn ich nicht will, dass er verrückt wird.“, er klaubte sich einen Kuss von den nahen Lippen seines schönen Bären und drängte sich ihm hungrig entgegen. 

„Morgen… gehen wir jagen. Also solltest du heute deine Kräfte schonen, sonst kann es sein… dass du deiner Beute vielleicht nicht gewachsen bist.“ - wahrlich eine unwahrscheinliche Prognose, aber ein untrüglicher Wink, dass auch das Böckchen gewisse Bedürfnisse hatte. 


Clarence B. Sky

Manchmal, ganz stillschweigend, war Clarence über alle Maße hinaus erstaunt darüber, wie schnell sich Vertrautheit in einen gemeinsamen Alltag einschleichen konnte. Es hatte Monate, beinahe Jahre gedauert, bis Matthew ihm überhaupt so weit vertraut hatte um ihn nachts in sein Zelt zu lassen - und selbst dafür hatte es einsetzenden Frost gebraucht. Sie beide waren gebrannte Kinder und vertrauten anderen Menschen nicht sofort und doch hatte Clarence vorher nie jemanden getroffen, der so hart zu knacken gewesen war wie der Dunkelhaarige.

Besonders am Anfang hatte er das Gefühl gehabt, bei einem halbwegs zwielichtigen Wort seinerseits fast von Cassies skeptischen Blicken durchbohrt zu werden die manchmal so eisig sein konnten, dass es einem regelrecht weh tat auf der Haut. Ziemlich lange hatte der kleine Trotzkopf ihn spüren lassen, dass er für ihn weder Freund noch Vertrauter war, sondern ein Fremder, der es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit anders überlegen und den Söldner ausrauben würde, wenn nicht sogar in eine Falle locken, die über Monate hinweg aufgebaut war.

Aller Skepsis zum Trotz hatten sie es nie geschafft sich ernsthaft auseinander zu leben. So zurückhaltend hoffnungsfroh wie Cassie gewesen war, seinen wilden Barbaren nach ein paar Tagen wirklich am vereinbarten Treffpunkt wiederzusehen, so überrascht und erleichtert war der Jäger insgeheim gewesen, dass der Taugenichts ihn nicht einfach sitzen gelassen hatte.

Ohne es laut auszusprechen oder es auch nur still zu denken, hatten sie - jeder für sich - beschlossen ein Team zu werden. Eine Einheit, die sich gegenseitig den Rücken stärkte und nicht zuließ, dass dem anderen etwas Schlimmes widerfuhr… die aber auch nicht offen darüber sprach zueinander zu gehören.

Jede versehentliche Nähe war durch beschämtes Schweigen abgetötet worden oder durch Matthews Keifen übertönt, je nach Tagesform und Laune. Und manchmal waren auf ein schnelles Stelldichein, bei dem sie wenige Sekunden zu nah beieinander gewesen waren, Tage voller Abwesenheit gefolgt, während denen Clarence freiwillig im Dickicht verschwunden war, um dem Zorn seines fragwürdigen Wohltäters zu entgehen.

Rückblickend fühlte sich diese Zeit an wie ein völlig anderes Leben und genauso lange hatte es gebraucht, um aus ihrer distanzierten Freundschaft mit dem gewissen Extra schließlich Mehr werden zu lassen. Doch statt genauso lange zu brauchen um als Ehepaar zusammen zu wachsen wie es gedauert hatte Freunde zu werden, war die Vertrautheit einfach da. Ganz plötzlich und mit nicht mal halb so vielen Auseinandersetzungen, wie es gebraucht hatte um Freunde zu werden.

Sich einem anderen Menschen nach so langer Zeit wieder nahe zu fühlen, angenommen und geliebt zu werden mit allen Macken und Schwächen die man hatte, war ein Gefühl, das man mit keinem Gold der Welt kaufen konnte. Keine Hure würde einen mit solch bedingungsloser Nachsicht und Liebe ansehen können und keine Berührung konnte so schön kribbeln wie von jenem Menschen, den man vergötterte wie niemanden sonst.

Doch mit Vertrautheit und Liebe ging auch eben jene Sehnsucht einher, wie sie an einen Ort wie diesen nicht zu passen schien. Diese Werkstatt, ja ihre ganze Situation sogar schrie bis zum Himmel, dass hier nicht Ort und Zeit waren für Zärtlichkeit und körperliche Liebe; das sagte einem der gesunde Menschenverstand, auch wenn Clarence ihm ganz offensichtlich nicht zuhören wollte. Das einzig treffende Argument, das er hatte, war, es schon an bedeutend schlimmeren Orten als einer Geisterstadt oder einer hellhörigen Werkstatt voller Fremder mit seinem Mann getrieben zu haben - doch da gab es noch immer den gravierenden Unterschied, dass dort keine Kinder zugegen gewesen waren. Hoffte er zumindest.

Ja? Du magst sie?“, echote er beinahe überrascht, was er tatsächlich auch ein bisschen war. Natürlich war seine Idee grandios, wie so viele seiner Ideen es ausnahmslos immer waren. Das hieß aber nicht, dafür auch Matthews Einverständnis zu erhalten, vor allem weil so ein Zwei-Tages-Ausflug zu zweit ja auch ein gewisses Risiko barg und Risikos waren bekanntlich strickt verboten. Das hatte der Blonde artig versprochen!

Das verschlagene Grinsen eines selbstzufriedenen Siegers machte sich zunehmend und unaufhaltsam auf seinen Lippen breit. Ganz sicher wusste sein Mann, dass er ihm dabei widersprechen würde der Schlimmere von ihnen zu sein - aber er konnte nicht darin widersprechen eine bestimmte Behandlung in gewissen zeitlichen Abständen dringend nötig zu haben, um nicht auf dumme Gedanken zu kommen.

Damals dachte ich auch, dass mich kein Mann aus dem Konzept bringen könnte, nachdem ich schon so lange durchgehalten habe. Aber dann kam der Schlimmste von allen und da kann selbst jemand wie ich nicht widerstehen“, legte er seinem koketten Böckchen die umgedrehten Worte in den Mund, bevor er sich selbigen von ihm erobern ließ. Er konnte sich nicht dagegen verwehren von Matthew mit warmen Küssen bedacht zu werden, selbst dann nicht, wenn man sie gleich dabei erwischte weil es schon viel zu lange wieder ruhig im Gemeinschaftsraum war. Jeder Kuss und jede Sekunde voller Zweisamkeit war einfach viel zu kostbar um sie abzulehnen.

Cassie hatte eben ganz Recht: Clarence würde früher oder später in diesem Kabuff hier noch verrückt werden, wenn er weiterhin darauf warten musste noch mehr zu schmecken als nur Matthews Lippen.

Wenn du mich noch länger warten lässt, hab ich Angst, dass ich mich meiner Beute gegenüber bei der Jagd gar nicht mehr zurück halten kann, wenn ich sie erstmal in Reichweite habe. Ich hatte schon Tage… da wusste ich einfach nicht, wann ich zu weit gegangen bin. Man muss eben vorsichtig sein, wenn man meint, man müsse mir ins Netz gehen…“ - Vor allem freche Rehböcke waren ihm schon immer in die Fänge geraten. Davon konnten nicht nur Matthew, sondern auch Dora ein Lied singen, die beiden nur allzu gut wussten dass Clarence in der Regel bekam, was er wollte.

Willig drängte er sich dem Leib seines Mannes entgegen, wohlwollend die forschenden Hände auf seinem Hintern spürend. Es war genauso schwer dem Locken des Jüngeren zu entsagen wie es Cassie zweifelsohne schwer fiel einem hungrigen Bären zu entkommen; beides war jedoch ein Schicksal, das sie nur allzu gerne miteinander teilten.

Einnehmend legte er die Hände auf den Wangen seines Mannes ab und zog ihn zurück an sich, ihn in einen hitzigen Kuss zwingend, in den der Bär leise hinein brummte. Wenn er könnte wie er wollte, Clarence hätte den Kleineren schon längst nach oben geschleift und überfallen - doch das Leben war kein Wunschkonzert und so wenig wie er heute zum Abendessen Fischsuppe bekam, würde er heute Cassie haben können. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche und die leisen eiligen Schritte hinter seinem Rücken.

„Habt ihr euch wieder vertragen?“ - „Gabriel, komm her!“

Von der Tür aus zischte Constantin ihn an wie eine Dampfsirene, nachdem der Junge offensichtlich an ihm vorbei gehuscht war, wie es zuvor Zoe bei ihrem Dad getan hatte. Die Kleinen brachten sich gegenseitig in fünf Minuten mehr bei als die Erwachsenen ihnen in zwei Wochen Geisterstadt, so viel war sicher.

„Du bist ein ganz schöner Quälgeist, weißt du das?!“ Genervt brummte er gegen Cassies Lippen, bevor er ihn anstandshalber los ließ und seinem Mann noch vor sich selbst mit der Hand über die Lippen fuhr, um sie trocken zu wischen. Wenigstens einer von ihnen sollte anständig aussehen und nicht, als würden sie gleich doch noch hoch verschwinden wollen - und da Matthew ja angeblich der bravere von ihnen sein wollte…

„Bin ich gar nicht! Ich frag ja nur“, verteidigte Gabriel sich unterdessen und blickte schließlich zu Lucy hoch, die zu ihm aufgeholt hatte, um ihren Bruder zu maßregeln: „Sag mal, was sag ich dir eigentlich ständig?“

„Na, eh… ich soll auf die Erwachsenen hören?“, riet er ins Blaue hinein.

„Ja, ganz genau!“ - „Ja, genau.“

Mit Augen voller Unschuld klimperte er ihr entgegen, viel zu artig um ihm länger als nötig böse sein zu können. Dass er nur unterbrach, weil er ein wichtiges Anliegen hatte, war offensichtlich.

„Was macht das Essen? Wirklich, ich hab doll schlimm Hunger… gibt es bald was?“


Matthew C. Sky

Schlimmen Hunger hatte Matthew auch, nur dass sich sein Appetit nicht mit etwas Eintopf würde stillen lassen. 

Eines nicht allzu fernen Tages, das könnte der Dunkelhaarige schwören, würde Gabriel ihn noch um den Verstand bringen mit seinem Talent immer dann aufzukreuzen, wenn sie es am wenigsten gebrauchen konnten. 

Nur zu gern hätte Cassie den Kuss ausgedehnt, in den sein Bär so herrlich gebrummt hatte. Das zarte Kratzen seines Bartes, der sanfte Druck mit dem er ihn an sich drängte und die fordernde Umrahmung seines Gesichts… all das hatte Matthew auf eine Weise betört, wie es nur Clarence vermochte zu tun. Das Verlangen nacheinander war mitnichten mit ihrem Treiben von früher vergleichbar. Damals war es Triebabbau gewesen, später hin und wieder körperliches Begehren. Doch längst war da mehr. 

Matthew sehnte sich nach den Berührungen seines Mannes, danach ihn zu schmecken, von ihm mit allen Sinnen eingenommen zu werden. 

Es war mehr als nur Lust, es war wie glimmende Glut in seinem Innersten, die nicht erlosch sondern immer wieder neu aufflammte. Eine nie versiegende Hitze, derer sich sein Bär annehmen musste, ehe Matthew noch den Verstand verlor. Auch wenn er bisher vernünftig gewesen war und es stets geschafft hatte den Avancen des Blonden zu widerstehen, so hieß das nicht, dass ihm das leicht gefallen wäre. Matthew war ein sinnlicher Mann und Clarence hatte eine unheimlich erregende Wirkung auf ihn, sodass Cassie sich gern noch weiter in seiner Nähe verloren hätte. Seine betörende Wärme, sein Duft, sein Geschmack… und nicht zuletzt sein muskulöser Leib, der unter der Kleidung lag und den Matthew nicht sehen musste um zu wissen wie schön er war. 

Aber Gabriel erinnerte sie beide daran, dass es aktuell weder Raum gab sich aneinander zu verlieren, noch die Gelegenheit geboten war noch einen Schritt weiterzugehen. 

Die Kinder waren wichtiger als jedes sonstige Bedürfnis und auch wenn der Junge sicher nicht verhungert wäre, hätte er sich noch ein paar Minuten zurückgehalten, so war es schwer dem Lockenkopf böse zu sein. 

Clarence löste sich und wischte Matthew über die schimmernden Lippen, eine Geste die sowohl liebevoll als auch unterschwellig dominant war und die dem Dunkelhaarigen ein warmes Kribbeln im Unterbauch bescherte. 

„Schon gut, Gabe, Hunger ist die einzig gültige Ausrede dafür, nicht auf deine Schwester zu hören.“ - obwohl Matthew gern auf die Unterbrechung verzichtet hätte, hörte man ihm weder an genervt noch verärgert zu sein. 

Er sah flüchtig hinüber zu Clarence und schmunzelte verschmitzt ob ihres sündhaften Planes morgen, auf dessen Umsetzung er sich schon jetzt freute. 

„Schätze du musst noch ein paar Minuten warten.“ -„Aber ich bin am verhuuuuungern!“ 

Matthew piekste den Jungen in die Seite und dieser giggelte. „Das fühlt sich nicht so an. An dir ist noch genug dran.“, immer wieder piekte er vorsichtig Gabriel in Seite und Bauch, was für lautes Kichern des Kleinen sorgte. 

Schließlich ergriff er die Flucht und versteckte sich mit blitzenden Augen und einem ausgelassenen Grinsen hinter seiner Schwester. 

„Aufhören!“, flehte er und Matthew ließ Gnade wallten. 

„Ich seh mal nach dem Essen. Und wenn es fertig ist, möchte ich, dass du alle holst und du schon Schüsseln für alle bereitgestellt hast. Einverstanden?“ - „Einverstanden!“, bestätigte Gabe. 

Tatsächlich mussten sich alle noch etwas gedulden. Um eine geschmackvolle Suppe zu bekommen, ließ Matthew das Wasser immer wieder verkochen, goss dann neu auf und gab erst zum Schluss den Reis mit dazu. 

Zusammen mit den anderen Zutaten wurden die kleinen Körnchen schließlich gar und etwa eine Stunde nach dem angekündigten Hungertod von Gabriel war das Essen schließlich fertig. 

Zwar war es nicht die von Clarence innig geliebte Fischsuppe, doch angesichts der begrenzten Zutaten war es ein gelungenes, gehaltvolles und wohlschmeckendes Gericht, von dem jeder eine zweite Portion bekam der denn eine wollte. 

Dank dem Reis - der gut sättigte - blieb sogar für den morgigen Tag noch etwas übrig. 

„Warum kann ich morgen nicht mit zur Jagd kommen?“, fragte Gabriel unglücklich, als die Schüsseln weggeräumt waren und alle um das Feuer herumsaßen. 

„Weil wir etwas Größeres brauchen als Hasen.“, erwiderte Constantin geduldig. In den letzten zehn Minuten hatten schon Matthew und auch Jeremy versucht ihm zu erklären, dass Großwild ihre Proviantsorgen für lange Zeit lösen würde. 

„Aber ich kann trotzdem mitkommen und helfen.“ - „Hier gibt es kein Wild. Clarence und Matthew werden weit wandern müssen. Es könnte gefährlich werden.“ 

Daraufhin schwieg der Junge, aber nicht etwa weil er die Antwort gut fand, sondern weil er einen Blick von Lucy aufgefangen hatte. 

„Die zwei sind nicht deine Ammen, Gabriel. Du wirst hier bleiben und dich benehmen und die beiden tun lassen was es braucht, damit wir überleben.“, kam es von ihr. So ernst und so direkt wie es für ihr Alter eigentlich nicht sein sollte. Aber so war sie einfach und Gabriel, auf den seine Schwester stets aufgepasst hatte, wusste es war klug ihr nicht zu widersprechen. 

 


Clarence B. Sky

Man konnte sagen was man wollte, aber bislang hatte es Fortuna wirklich gut mit ihnen gemeint. An keinem Abend hatten sie hungrig ins provisorische Bett gehen müssen, frieren mussten sie nur wenn sie das Gelände der Werkstatt verließen und auch jagte sie keine Einsamkeit die hätte aufkommen können, kämen sie alle miteinander nicht zurecht und hätten einander nichts zu sagen.

Das gesellige Schmatzen war schon lange erloschen und alles was blieb war das Klappern von Geschirr und als solches missbrauche Wrackteile, während Zoe und Lucy es aufeinander stapelte, nachdem es ordentlich von ihnen geschrubbt worden war.

Von draußen war ein kalter Wind herein gewehrt, als Constantin mit Gabriel im Schlepptau vom Holz holen zurück gekommen war, doch auch diese frische Brise war längst wieder vom warmen Lagerfeuer verschluckt worden. Jeremy, der dich mit seinem Knöchel schwer tat bei den alltäglichen Dingen mitzuhelfen, hatte sein Wehklagen schon vor etwa zwei Wochen eingestellt - nicht etwa weil er keine Beschwerden mehr hatte, sondern weil es  für ihn keine Extrawurst geben würde und konnte, jedenfalls nicht über das schon bestehende Maß hinaus. Stattdessen suchte er sich Aufgaben, die er ohne große Wege erledigen konnte und seine heute letzte würde darin bestehen, sich um seine Tochter zu kümmern, bevor es für die Jüngsten von ihnen ins Bett ging.

Clarence blickte kurz auf, als Jeremy den Arm für das Mädchen hob und sie sich müde vom langen Tag an ihren Vater anlehnte. Gleich hinter ihr kam Lucy herbei, die wie gewohnt ihren Platz neben Gabriel einnahm, der noch immer beleidigt die Arme vor der Brust verschränkt hielt.

Es gab keine Notwenigkeit ebenso auf den Kleinen einzureden, das taten die anderen schon zur Genüge. Jeder Satz, den man ihm entgegen brachte, ließ den Jungen nur noch weiter diskutieren und irgendwie schienen das manche der hier Anwesenden nicht zu verstehen in der guten Absicht, es Gabe ausgiebig erklären zu wollen.

Ohne den Kopf von seiner Arbeit zu heben, fixierte er immer mal wieder Constantin mit seinem Blick und schielte im Anschluss zu Gabriel hinüber, um das Gegenfeuer abzuwarten. Auf das Wieso und Weshalb folgte verlässlich das Deshalb und Darum, bis sich die Katze selbst in den Schwanz biss und die Antworten wieder von vorne losgingen.

Bei so einem guten Unterhaltungsprogramm hätten sie die ganzen Bücher gar nicht mitbringen müssen, von denen die Schreibübungshefte auf seinem Schoß lagen. Doch anstatt darin zu schreiben oder zu lesen, hatte er seine Kräutertasche darauf ausgebreitet und schnitt mit einer kleinen Schere Blätter von den einzelnen Bündeln, die er schon auf der Harper Cordelia sortiert hatte.

Gabriel holte schon energisch Luft um abermals zu betonen, dass ihm „Gefährlichkeit“ nichts ausmachte und dass er weite Strecken genauso wandern konnte wie Matthew und Clarence, immerhin habe er das ja in den vergangenen Tagen draußen bereits bewiesen. Dass er die Hasen und andere kleine Tiere tragen konnte, die sie fangen würden wenn kein Großwild zu finden war und dass er wusste wie man Fallen dafür aufstellte, immerhin war er der hochoffizielle Fallenbeautragte und das konnte ihm wirklich keiner mehr wegnehmen.

Doch Lucy kam ihm zuvor und fuhr ihm derartig über den Mund, dass Clarence sich ein erheitertes Schmunzeln nicht verkneifen konnte das er versuchte zu verstecken, indem er sich etwas tiefer über die Tasche lehnte, als würde er darin nach einem verschollenen Bündel suchen. Er wusste, sein neuer Partner würde es ihm lange übel nehmen wenn er ihn nicht nur nicht verteidigte, sondern sich auch noch über ihn amüsierte und so musste Claire sein ernstes Gesicht irgendwie wahren, damit sein neuer Kumpane keinen Verrat an sich witterte.

Perplex stierte Gabe seine Schwester an, uneins mit sich selbst, ob er Widerworte geben sollte oder nicht. Zwei Mal öffnete sich sein frecher Schnabel sogar zum Gegenangriff, doch weil er wusste, dass man Lucy besser keinen Grund gab richtig sauer zu werden, schloss er sich schließlich endgültig. Stattdessen begann der Junge, Clarence mit auffordernden Blicken zu taxieren als könnte der Jäger das Mädchen noch umstimmen - jedenfalls spürte Claire das, die Blicke des Jungen brannten in seinem Nacken nämlich höllisch.

„Weißt du, Gabe… wir brauchen außerdem jemandem hier im Lager, der alles im Blick behält und den Überblick bewahrt. Ich kann mir keinen besseren Mann dafür vorstellen als dich“, versuchte er schließlich die Stimmung des Kleinen zu retten und sein Gesicht aus der Tasche hervor zu heben. Doch Gabe guckte wie ein verdutztes Kaninchen, das man etwas zu sehr mit einer Taschenlampe angestrahlt hatte und der Blonde musste seinen Kopf postwendend zurück in die Tasche stecken, um nicht noch aufzufallen.

„Aber wir haben Jeremy da und der ist der Älteste. Oder nicht? Solltest du nicht den Überblick behalten?“, wollte Gabriel wissen und musterte den Vater von Zoe irritiert, ganz so als habe er etwas grundlegendes verpasst.

„Jeremy ist angeschlagen und passt auf Zoe und sich selbst auf. Aber es muss ja jemand noch auf die anderen aufpassen, wenn wir weg sind“, korrigierte Clarence ihn geduldig und amüsiert darüber, dass der Junge nicht einfach in der Lage war das versöhnliche  Kompliment anzunehmen, das man ihm entgegen brachte.

„Und Contantin? Der kann doch aufpassen.“

„Hast du dir den man angesehen? Constantin kann bestimmt nicht mal auf sich selbst aufpassen.“ - „Hey!“, warf besagter erbost über so viel Dreistigkeit ein, jedoch ohne von Clarence Gehör zu finden, weil Gabriels erheitertes Gekicher alles überdeckte.

„Es braucht schon jemanden, der die Stellung hier hält und alle beieinander.“

Einen Moment ließ Gabriel die Worte seines Kumpels sacken und nickte schließlich langsam um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Über seinem Gesicht lag ein zufriedenes Grinsen, wohl eher weil sie Constantin in die Pfanne gehauen hatten als weil er nun Verantwortung trug, aber das war am Ende ja egal. Hauptsache er war nicht traurig, weil er zurück bleiben musste.


Matthew C. Sky

Dass Gabriel einmal derart vorlaut sein würde, war nicht abzusehen gewesen als sie ihn vor wenigen Wochen gerettet hatten. 

Aus dem schüchternen kleinen Kerl war ein frecher kleiner Kerl geworden, der sich nicht stillschweigend die Butter vom Brot nehmen ließ. Er machte ordentlich Rabatz mittlerweile und manchmal schlug er dabei auch über die Strenge. 

Nachdem schon so ziemlich jeder versucht hatte, Gabe die Gründe dazulegen weshalb er morgen nicht mitkommen konnte, hatte Lucy die Dinge beim Namen genannt und damit hätte es gut sein könnten, weil Gabriel seiner Schwester selten die Stirn bot. 

Doch aus irgendeinem Grund versuchte nun Clarence dem Jungen wieder Honig ums Mäulchen zu schmieren und er wählte dafür ausgerechnet Constantin als ein Opfer aus, welches er in die Pfanne haute. 

Matthew erhob sich schließlich ohne noch etwas dazu beizutragen und verließ den Raum um sich frisch zu machen.

Das entrüstete „Hey!“ von Constantin und das Gekicher von Gabriel begleiteten ihn hinaus und er war froh, als er sich im angrenzenden Zimmer etwas heißes Wasser in eine Schüssel gießen und sich damit auf zum Waschraum begeben konnte. 

Die Fliesen in jener Räumlichkeit waren teilweise gesprungen oder ganz von den Wänden gefallen, aber trotzdem konnte man noch gut erahnen, wie es hier zur Zeit der Alten ausgesehen hatte. 

Zwei der insgesamt vier Spiegel waren trüb geworden, in den anderen beiden reflektierten sich die Lichter von Kerzen und kleinen Öllampen. 

Cassie kippte das heiße Wasser in eines der Becken und schöpfte aus einer bereitstehenden großen Schale kühles Wasser dazu, so lange bis die Temperatur angenehm warm war. Dann zog er sich aus und fing an sich zu waschen, wobei er im Hintergrund das aufgeregte Stimmengewirr der anderen vernahm. 

Was genau gesprochen wurde verstand er allerdings nicht und Matthew war es im Grunde auch nicht so wichtig. 

Ihre Gruppe funktionierte ganz zuverlässig, jeder hatte seinen Platz gefunden und irgendwie hatten sie sich zusammen gerauft. 

Ein Handtuch um die Hüften geschlungen und mit noch feucht glänzendem Oberkörper war Cassie gerade dabei die Verfärbung an seiner geprellten Seite im Spiegel zu begutachten, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein wutschnaubender Constantin hinein polterte. 

„Oh oh! Ich wusste nicht, dass du hier bist!“, entschuldigte sich dieser prompt und senkte in Rekordzeit den Blick. 

„Schon gut, kein Problem. Bin eh gleich fertig.“, erwiderte Matthew gelassen und nickte in Richtung Tür. 

„Alles okay?“, wollte er wissen und erntete einen schweren Seufzer des Anderen. „Nein, nichts ist okay. Dein Mann lässt mich dastehen wie eine Witzfigur.“

Er hob den Blick wieder und Matthew erkannte, wie angefressen Constantin eigentlich war. 

„Er meint das nicht so.“ - da war sich Matthew relativ sicher, auch wenn Constantin sicherlich nicht mithalten konnte, wenn es um Überlebenskünste ging. 

Aber er leistete seinen Beitrag innerhalb der Gruppe, ebenso wie alle anderen. 

„Er wollte einfach, dass Gabriel nicht bockt.“

„Dann soll er sich selbst vor diesen Karren spannen.“

Nun klang Constantin ähnlich kindisch wie Gabriel weshalb Matthew nichts erwiderte. Es breitete sich ein merkwürdiges, befremdliches Schweigen aus, das der Blonde letztlich unterbrach in dem er das Thema wechselte. 

„Vorhin…hattet ihr Streit.“ 

Cassie schmunzelte und schüttelte den Kopf. Er wollte Constantin gerade korrigieren, da redete dieser schon weiter. 

„Ist wieder alles okay bei euch? Ich frage das weil…“, er ließ den Satz vorerst unvollendet, unschlüssig wie er ihn letztlich formulieren sollte. Nach ein paar Augenblicken gab er sich aber den Ruck und sprach weiter. „…weil er grob ist und du ihm nicht gewachsen bist. Körperlich meine ich.“

Verdutzt starrte Matthew Constantin daraufhin an, fast so als hätte der Blonde in einer anderen Sprache geredet, sodass Cassie ihn gar nicht verstehen konnte. 

Aber Constantin fügte nichts hinzu und relativierte das Gesagte auch nicht. Er stand einfach da und sah Matthew an, mit einem eigentümlichen Ausdruck in den Augen. 

Matthew räusperte sich schließlich. Die Situation war mit einem Mal ziemlich befremdlich geworden und nun galt es die Kuh vom Eis zu kriegen. 

„Du hast ein falsches Bild von ihm. Clarence ist alles andere als grob.“ - nicht das es Constantin etwas anging, aber Matthew versuchte diplomatisch zu sein. 

„Das musst du sagen.“ setzte Constantin nach, woraufhin Matthew ihm energisch widersprach. 

„Muss ich nicht. Ich muss gar nichts. Und es war auch kein Streit. Wenn wir wirklich streiten hört sich das anders an, glaub mir.“ - Constantin mochte sich gerade unfair behandelt fühlen, aber deshalb konnte er noch lange nicht mit Matthew schlecht über Clarence reden, den er immerhin kaum kannte. 

„Okay okay, tut mir leid.“, Constantin hob abwehrend die Hände. „Ich wollte mich nicht einmischen. Es…geht mich ja auch nichts an.“  - „Stimmt.“ , pflichtete Cassie ihm sofort bei. „Aber…wenn mal was ist, du reden willst oder so…“

Constantin beendete den Satz nicht, sondern ließ ihn unvollständig so stehen - was wohl auch besser war.

„Es gibt nichts zu bereden. Ich denke du bist gerade angefressen und siehst die Dinge nicht klar.“ 

Cassie hoffte zumindest, dass es so war und der Kerl nicht wirklich so dachte. 

Clarence hatte auch ihn hierhin geführt, in diese Werkstatt die warm und sicher war. Sie hatten volle Bäuche, trockene Sachen, waren versorgt und ausgeruht. 

Zu behaupten, Clarence sei grob war nicht nur grundverkehrt sondern auch undankbar. 

„Ist schon gut. Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“, erwiderte Constantin zügig, aber die Art wie er Matthew dabei ansah gefiel dem Dunkelhaarigen nicht. 

„Ich weiß nicht wie du auf die Idee kommst es könnte anders sein, aber Clarence und ich haben keinen Ärger. Und wenn wir den doch hätten, würden wir dich nicht brauchen um ihn aus der Welt zu schaffen.“ - war das deutlich? Cassie hoffte es und sein Blick verriet, dass der Andere es nun besser wirklich gut sein ließ. 

Ein knappes Nicken und ein gemurmeltes „Verstehe“ war alles was Constantin dazu zu sagen hatte, dann senkte er wieder den Blick, kratzte sich nervös hinterm Ohr und versuchte sich an einem Lächeln. 

„Ich… stör dann mal nicht weiter. Bis später…“

- „Bis später.“ - nicht das Matthew Lust auf ein später hatte.

Nach diesem befremdlichen Gespräch wäre es ihm lieber, er würde den Kerl heute nicht mehr zu Gesicht bekommen. 

Und so kam es letztlich auch. Als Matthew wenige Minuten später den Waschraum verließ, bekleidet nur in einem dunkelblauen Unterhemd und gleichfarbigen, engen Boxershorts, war Constantin nochmal die letzte Runde drehen. Die Kinder waren im Bett und über das Lager hatte sich eine friedliche Ruhe gelegt. 

 


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