Supermarkt - Eiswüste
13. Juli 2210
Clarence hatte heute den ganzen Tag an ihre Hochzeit denken müssen und dass Matthew seinen Kommentar alles andere als komisch fand, konnte er gut verstehen.
Komisch – im Sinne von seltsam - war einzig und alleine, welche Irrungen und Wirrungen das Leben nahm. Mit einem Zeppelin abzustürzen, das schien so unrealistisch. Sowas passierte anderen, nicht einem selbst. Den Leuten, die auch an der Küste wohnten und von einem Tsunami erwischt wurden oder Leuten wie denen in Prism Shore, unter denen sich eine Erdspalte aufgetan hatte, um sie alle zu verschlucken.
Auf der anderen Seite gab es sicher auch Menschen, die es komisch fanden, im Bau von mutierten Spinnen verloren zu gehen oder spontan ein Boot zu kaufen, obwohl man gar keine Ahnung vom Segeln hatte. Oder einen Wildfremden im Wald aufzugabeln. Ihn gesund zu pflegen, ihn danach über Monate lang zu vögeln und erst dann herauszufinden, dass man da die Liebe seines Lebens mitgenommen hatte.
Wenn sie hier raus waren, der Winter in ein paar Jahren vorbei und sie irgendwann eigenen Grund und Boden hatten, würde Clarence seinem Mann eine ganze Plantage voller verdammter Birnenbäume pflanzen, wenn er die Dinger gerne aß. Dann konnte Cassie ihn jeden Tag aufs Neue versuchen davon zu überzeugen wie gut die Dinger schmeckten, obwohl das gar nicht stimmte.
Weil all das, ihre Verbundenheit zueinander aber auch der massive Kummer irgendwo ihren Ursprung vor plus minus sieben Monaten gefunden hatte, deshalb dachte der Hüne heute schon die ganze Zeit an ihren Hochzeitstag.
Von dem Moment an, als er auf dem Dach des Hochhauses in den Verbrannten seinen Mann gewähnt hatte, musste er an ihr Versprechen denken, dass sie sich lieben und zusammen bleiben würden, bis das der Tod sie schied. Er dachte daran, in welchem Zustand er Matthew finden würde wenn er vielleicht noch lebte – und dass er ihm versprochen hatte ihn zu lieben und zu Ehren, wenn die Gesundheit längst zu Ende war und Krankheit begonnen hatte… genau wie damals in Cascade Hill, als die bleibenden Einschränkungen des Jüngeren noch nicht absehbar gewesen waren und Claire ihn niemals hätte hergeben wollen, selbst dann wenn er eine Körperhälfte nie mehr hätte richtig benutzen können.
Auch jetzt musste er daran denken und er erkannte, dass sie trotz der zahlreichen Tiefen die hinter ihnen lagen ihrem Versprechen immer treu geblieben waren, auch schon in all den Monaten vor ihrer Ehe und vor ihrer Liebe zueinander, während sie nichts anderes gewesen waren als bloße Freunde. Sie hatten zueinander gestanden in den schlechten Zeiten genauso wie in den guten, waren zusammen geblieben ob mit oder ohne Geld. Sie hatten sich gegenseitig gehegt und gepflegt in Krankheit und den anderen nicht weniger geliebt weil sie sich hatten um ihn kümmern müssen oder weil sie von ihm abhängig gewesen waren.
Clarence wollte keinen einzigen Tag in seinem Leben mehr von Matthew getrennt verbringen und die zärtlichen Liebkosungen, die aufopfernde Umsorgung seiner Verletzungen und der traurig-besorgte Blick in den kandisfarbenen Iriden seines Mannes sagten ihm, dass es dem anderen genauso erging wie ihm selbst.
Etwas eingesunken saß er auf der Tischkante, stützte den frisch reponierten Oberarm mit der guten Hand und beobachtete das Tun des Dunkelhaarigen schweigend. Die Schulter tat gleich viel weniger weh nun wo sie wieder richtig im Gelenk saß, auch konnte er sie wieder richtig an den Körper nehmen. Ein Teil der Schmerzen blieb jedoch und die Erfahrung riet einem sich nicht gleich wieder zu überfordern, nur weil man dachte, man wäre nun wieder auf dem aufsteigenden Ast.
Auf die kopfschüttelnde Frage des anderen hin, blickte Clarence an sich herunter und wackelte langsam mit den steif gefrorenen Zehen, so gut es die Kälte eben zuließ. Sein ganzer Körper hatte sich nach Ankunft geschwollen und prall angefühlt als die kurze Wärme des Feuers das Blut wieder hatte in seine Haut schießen lassen; geblieben war das unwohle Gefühl nur in den Fingern und den Zehen und er würde den Teufel tun sich übermäßig zu beschweren, besonders nun, wo es ihm schon besser ging und er seinem Mann keine unnötigen Sorgen machen wollte.
„Naja… ich konnte schlecht bleiben wo ich war und…“, versuchte er sich hilflos zu erklären und zuckte gleichgültig mit den Schultern, während Cassie sich erhob im zurück beim Regal zu werkeln. „Ich wusste nicht, dass sie so zerschunden sind... Die Kälte hat es zu einem… gewissen Grad erträglich gemacht, denk ich. Außerdem… hat mich die Schulter abgelenkt…“
Nicht nur die Schulter, sondern am meisten das Adrenalin in seinen Adern. Die Sorge um Matthew war größer gewesen als irgendwelche Selbstbemitleidung es je hätte sein können, aber das wusste der andere sicher selbst.
Unsicher blickte er neben sich während er hörte wie Stoff zerschnitten wurde, immerhin hatte Ceyda ihm nicht so viel mitgeben können und sein alter Pullover war derart verdreckt, dass Cassie ihn ganz sicher nicht als Verband benutzt hätte. Stockend legte er die Hand an den Kleiderstapel neben sich und schaute durch die Sachen, die ihm alle eigentümlich… bekannt vorkamen.
„Das sind m-meine…?!“, stellte er mehr fest, als dass er es wirklich in Frage stellte. „A-Aber wie…? Wie hast d-du die…?“
Der Zustand der Kleidung ließ nicht vermuten, Matthew hätte die Teile einzeln aus den Trümmern gezerrt und auch wenn er den Rucksack, aus der Ferne und bei nun näherer Betrachtung nicht sicher als seinen ausmachen konnte, so konnte er ihn auch nicht als seinen ausschließen.
Er musste sich zusammenreißen, damit ihm nicht sofort wieder Tränen in die Augen stiegen während seine Füße verbunden wurden – denn bis vor einer Stunde hatte er noch gedacht, überhaupt nichts mehr zu besitzen.
Nun aber war ihm das Teuerste wieder da, nämlich sein Mann… und dazu auch noch ein sauberes Paar Socken, eingelaufene Stiefel, ein Hemdchen und einen Pullover, der passte und wenigstens… ein bisschen nach Zuhause roch.
Eigentümlich wortkarg war er geworden, während Cassie sich daran machte seine zerschundenen Füße zu verbinden, denn aus viel zu vielen Gründen war ihm schon wieder zum Weinen zumute. Er wollte gar nicht so eine Heulsuse sein und war das auch nie gewesen – wenigstens bis zu dem Moment in seinem Leben, in dem die Liebe wieder bei ihm eingekehrt war.
Mit Matthew das Leben zu teilen hatte etwas an sich, das Clarence unheimlich berührte. All die Dinge, vor denen er sich früher verschlossen hatte, prasselten seitdem gefühlt umso heftiger auf ihn ein. Zur Angst, die er sowieso schon ständig um seinen Mann hatte, kamen heute noch Schmerzen und diese unendliche Kälte hinzu, von der Clarence derzeit nicht glaubte, dass sie je wieder aus seinen Knochen weichen würde. Er war unendlich müde… er war so erschöpft wie vermutlich noch nie in seinem Leben und obwohl es seinem armen, tapferen Böckchen ganz sicher nicht anders ging, fand es trotzdem noch die Kraft dazu sich so aufopfernd um ihn zu kümmern und ihm hoffnungsvolle Worte zuzuflüstern.
Das Gesicht schließlich enger an den Bauch seines Mannes drängend, nachdem er in Verbände, dicke Socken und seine wunderbar schützenden Schuhe eingepackt war, legte er den rechten Arm um seinen Liebsten – und schließlich auch behutsam den wieder reponierten linken. Ihn endlich wieder richtig halten zu können, dafür sorgen zu können, dass Cassie ihm nun nicht mehr fortlaufen oder abhandenkommen konnte, war eines der schönsten Dinge die er seit langem getan hatte.
Einen Moment saß er da einfach nur, das Gesicht an Cassie gedrängt während dessen Unterhemd stille Tränen von seinen Wangen verschwinden ließ, bevor er stockend die heisere Stimme erhob:
„D-Damals… dachte ich, d-du kommst nicht zur K-Kirche oder… dass du… e-ein paar Tage später alles als… g-großen Fehler erkennst. Dass ich… m-morgens aufwache und… neben mir auf dem Kopfkissen liegt… d-dein Ring und deine… U-Urkunde…“
Lautlos schloss er auf Matthews Rücken die Hände ineinander, damit sein Böckchen keine Anstalten machen konnte, sich von ihm zu lösen – in Anbahnung lauten Protestes wenn er nicht fassen konnte was der Bär still und heimlich dachte, so wie es Cassie schon immer zu Eigen war.
„Aber dann… bist du mit mir zur Werft und du hast uns… zur Hochzeit ein Z-Zuhause geschenkt. K-Kein Pferdewagen oder… oder ein teures Zelt. Sondern ein B-Boot… ein Zuhause, aus dem man… nachts nicht still und heimlich abhauen kann. D-Da wusste ich… dass du bei mir bleiben wirst und dass du… e-es ernst meinst, mit mir alt werden zu wollen…“
Das mochte seltsam klingen, immerhin waren sich die meisten Paare bei ihrer Eheschließung ja durchaus bewusst auf was sie sich einließen. Aber bei ihnen beiden war alles so schnell gekommen… so viel schneller als für die meisten normal und gut gewesen wäre. Sie hatten sich keine Zeit gelassen darüber nachzudenken was das hieß, was das alles bedeutete.
Und doch schienen sie es intuitiv gewusst und ersehnt zu haben.
„E-Egal was ich… für Wunden habe oder… was ausgerenkt oder g-gebrochen ist, i-ich… komme immer zu dir zurück. Ich l-laufe… hunderte von Meilen wenn es sein m-muss und… er-… erklimme jeden Berg. Ich k-könnte dich… niemals alleine l-lassen. Niemals… du hast mich nicht v-verlassen und… und ich verlasse dich nicht. I-Ich liebe dich… K-Komme was wolle, so-… solange ich atme und mich b-bewegen kann… so lange werde ich dich immer suchen kommen… und finden.“
Minutenlang herrschte Stille in dem kleinen Lager und hinter Matthews Lidern Dunkelheit.
Der junge Mann dachte an ihr Zuhause, daran wie sie an fremden Stränden aufgewacht waren, über ihnen hatten sie den blauen Himmel sehen können... und Möwen.
Die Harper Cordelia hatte im sanften Wellengang sacht hin und her geschaukelt, eine angenehme Bewegung- selbst für jemanden der schnell seekrank wurde.
Oftmals hatte neben ihm sein Mann gelegen und diese Morgen waren die schönsten überhaupt gewesen.
So friedvoll, so warm und so voller Zuneigung.
Matthew hatte sich insgeheim gewünscht, dass jene Zeit niemals endete. Er hatte immer mit Clarence umhersegeln wollen, jeden Morgen aufwachen und ihn neben sich finden.
Wie naiv er doch gewesen war.
Ohne Zweifel, hätte er wissen müssen, dass jedes Glück endlich war, nichts Gute währte ewig und in Rio Nosalida war die Zeit der Idylle vorbei gewesen.
Trotzdem...in der Gegenwart des Älteren fühlte Matthew sich derart angekommen, derart glücklich, dass seine Erfahrungen nicht mehr wichtig gewesen waren und er hatte geglaubt, mit ihm zusammen konnte das Glück vielleicht doch ewig währen.
Mittlerweile lag die Metropole hunderte Meilen hinter ihnen, aber seit sie sie verlassen hatten war alles schrecklich schiefgegangen.
Matthew wünschte sich, sie hätten diese Stadt nie betreten und folglich auch nie mit dem Zeppelin hinter sich gelassen.
Rio Nosalida hatte ihnen von Anfang an kein Glück gebracht und irgendwie...hatte er das gewusst, noch ehe sie in den Hafen gesegelt waren.
Es war Intuition gewesen, ein zuverlässiges Ding und doch so nutzlos. Er hatte ein schlechtes Gefühl gehabt, aber das hatte nichts geändert, weil man Pläne eben nicht einfach aufgrund eines beklemmenden Gefühls änderte.
Also hatten sie getan was sie getan hatten und nun hatten sie nahezu nichts mehr.
Aber in all dem Chaos, in all der Asche und dem Blut, war ihm das Wichtigste doch erhalten geblieben.
Clarence.
Und das war es, worauf es ankam.
Still legte er die Hände über die Schultern des Größeren und lauschte - ohne Ambition ihn zu unterbrechen- als der Blondschopf schließlich zu sprechen anfing.
Dass er damals geglaubt hatte, Matthew würde ihre Beziehung auf Dauer nicht wollen und irgendwann abhauen, hörte Cassie nicht zum ersten Mal.
Clarence hatte gedacht, er habe der Hochzeit zugestimmt ohne sich der Tragweite dieses Schrittes bewusst zu sein.
Das hätte Matthew verletzen können, aber in Wahrheit konnte er den Blonden verstehen.
Traurigerweise waren die Befürchtungen des Blonden weder abwegig noch weit hergeholt gewesen, sondern logisch und nachvollziehbar.
Matthew war... niemals sesshaft gewesen, hatte niemals versucht irgendwo anzukommen, weil er gedacht hatte dafür sei er ohnehin nicht gemacht. Er hatte auch nie suggeriert mit all seinen Bettgeschichten unzufrieden zu sein, weil er gar nicht gewusst hatte, dass es noch etwas anderes geben könnte für ihn.
Aber Clarence hatte alles anders gemacht.
Er hatte das Loch in seinem Herzen gefüllt und zwar mit Licht und Wärme.
Er hatte Matthew zu einer besseren Version seiner selbst gemacht, er hatte ihn in sein Herz geschlossen mit allen Ecken und Kanten, mit allen Unzulänglichkeiten und allen Lasten der Vergangenheit.
Behutsam streichelte Cassie nun über die Schultern seines Mannes während dessen Tränen von seinem Unterhemd getrocknet wurden.
„Ich weiß, dass du das wirst....ich weiß...“
Clarence war ein Kämpfer. Er würde immer alles tun um zu ihm zurück zu finden. Doch ob man den Absturz eines Zeppelins überlebte oder nicht hatte nichts damit zutun ob man ein Kämpfer war oder nicht.
Es war Glück, einfach nur Glück.
Und es würde der Moment kommen, an dem würden all ihre Reserven diesbezüglich aufgebraucht sein.
„Und w-weißt du...ich h-hab dich schon...lange vor unserem ersten Kuss geliebt.“
Gestand er leise, während sich Tränen unter seinen Wimpern hindurchdrängten.
„U-und an dem Abend...als...als wir uns...zum ersten Mal geküsst haben...da hatte ich Angst du k-kommst nicht wieder. W-wir hatten Streit wegen irgendwas... Ich w-weiß nicht mehr was es war... Und ich hab mich gefragt, was ich ohne dich tun soll. Ich h-hätte Coral Valley gefunden, aber...ich h-hätte nicht gewusst w-was ich dort...hätte tun sollen. Ohne dich.“
Die Wahrheit war, ohne Claire funktionierte er nicht.
Er brauchte ihn, er hatte ihn immer schon gebraucht. Matthew schniefte leise, dann löste er den Kopf seines Liebsten vorsichtig von seinem Bauch, in dem er es mit beiden Händen sanft umrahmte.
„Ich h-hab dich damals schon gebraucht u-und ich w-werde dich immer brauchen. Und ich m-müsste schon...e-ein v-verdammter Idiot s-sein...um dich sitzen z-zu lassen.“
Wieder strichen seine Daumen die Tränen fort, die der Blonde leise geweint hatte.
„K-keine Sekunde h-habe ich überlegt d-dich zu verlassen. Du hast mich...heil gemacht. Und ich wusste...wusste schon v-vor jenem K-Kuss...d-dass ich nirgendwo anders sein will als bei d-dir.“
Selbst wenn Clarence seine Gefühle nicht erwidert hätte, hätte Matthew ihn nicht verlassen, nicht wenn er nicht gemusst hätte.
„W-wir gehören zusammen.“
Vorsichtig drängte er Clarence‘ Kinn empor um ihn zu mustern. Es kam ihm so surreal vor ihn wiederzusehen, es war ein Wunder... und doch saß er hier vor ihm.
Zerschrammt und zerschunden, aber in einem Stück und lebendig.
Neue Tränen - zweifellos Tränen des Glücks - verschleierter seine Sicht auf den Älteren und Matthew machte die Augen zu, beugte sich zu Clarence herunter und drängte seine Lippen auf die seines Geliebten.
Nicht zart und vorsichtig, sondern energisch und fest. Nichts auf der Welt vergötterte er so sehr wie jenen Menschen und ihn hier vor sich zu haben war nicht weniger als das beste, schönste und kostbarste Geschenk.
„Du bist m-mein und i-ich bin d-dein.“, flüsterte Cassie dem Anderen zu, die Lippen nur Millimeter von Clarence‘ Mund entfernt. Dann küsste er ihn wieder.
„Irgendwann...werden wir unseren Kindern hiervon erzählen. Wie wir abgestützt sind, beide überlebt haben und uns durch den Winter bis zur nächsten Stadt durchgeschlagen haben.“
Er sagte das nicht um sie beide zu beruhigen, sondern weil er daran glaubte, dass es so werden würde. Sie würden überleben, sie würden es schaffen.
Weil sie es bisher immer geschafft hatten und weil aller Kampf und aller Schmerz nicht umsonst gewesen sein durfte.
„Wie wir ein weiteres Mal geheiratet haben, in jeder Metropole einmal...weil wir uns niemals haben entmutigen lassen, niemals.“
Er lächelte vage, aber nicht weil er nicht überzeugt war, sondern weil ihm die Kraft für mehr fehlte.
„Ich l-liebe dich und...wir kommen hier raus. Wir werden beide...wieder ganz gesund.“
Erneut verwob der Dunkelhaarige ihre Lippen miteinander, schmeckte die Tränen darauf und konnte doch nicht umhin gedanklich festzustellen, dass er nie glücklicher war als in jenem Moment, da er das Salz von seines Liebsten warmen Lippen schmeckte.
„K-komm...w-wir ziehen dich an u-und dann...gehen w-wir schlafen, zumindest ein zwei Stunden.“ Der Gedanke war so verlockend... und das räumte er schließlich auch mit einem müden Lächeln ein.
„V-verdammt...wie ich mich d-darauf freue ein bisschen die Augen zuzumachen und zu w-wissen, wenn ich sie wieder öffne w-wirst du bei mir s-sein...“
Matthews Küsse waren schon immer die schönsten, die der Blonde jemals auf seinen Lippen hatte schmecken dürfen. Oft waren sie energisch, beinahe harsch – aber nicht auf eine grobe Art und Weise, sondern auf jene die einen spüren ließ: Derjenige den man liebte war da, er war bei ihm hier und jetzt und er würde niemals gehen. Weder heute, noch morgen. Manchmal küssten sie sich auch sanft und zärtlich, ganz ohne Frage… aber in jenen Augenblicken, in denen es wichtig war zu wissen ob man den anderen bei sich hatte oder nicht, da hatten sie einander in einem Kuss schon immer spüren machen, nicht alleine zu sein.
Lautlos legte Clarence die Hände auf den Unterarmen ab und hielt ihn für einen Moment bei sich, spürte nach wie die fremden Daumen seine stillen Tränen hinfort wischten als wolle man sie ungeschehen machen weil es keinen Grund mehr gab traurig zu sein und musterte den Dunkelhaarigen aus der Nähe. Er war mittlerweile schon so mit Cassie vertraut, mit jedem noch so kleinen Sprenkel in den kandisfarbenen Iriden und jedem Lachfältchen um die Augen seines Mannes, dass er schon gar nicht mehr wusste wie es mal gewesen war, in ihm nichts mehr als einen Weggefährten oder einen Fremden zu sehen, den er eigentlich gar nicht so richtig kannte.
„Ich weiß noch… warum wir uns damals gestritten haben“, gestand er leise und seufzte, bevor er hinter sich auf dem Tisch nach dem Pulli langte und ihn in Reichweite neben sich zog. Es war einer dieser typischen Ausraster zwischen ihnen gewesen, den man sich aufgrund fehlenden Sinns auch hätte sparen können. Rückblickend allerdings, wenn man sich betrachtete in welcher Beziehung sie nur wenige Tage später zueinander gestanden hatten, war es womöglich ihre Form von Ventil gewesen, dem Unaussprechlichen Platz zu schaffen.
„Ich war angepisst w-weil… wir nicht über den Devils Teeth gewandert sind und mir bis zum Abend die Füße so weh getan haben, d-dass ich… kaum noch laufen konnte. Aber ich wollte d-dir nicht… die Genugtuung lassen, dass du Recht damit gehabt hast vorzuschlagen, schon e-ein L-Lager aufzubauen. Also hab ich… dich dumm angemacht und du hast mir im G-Gegenzug gesagt… dass ich mich ficken und gefälligst… Feuer machen soll, während du das dämliche Wildschwein jagst.“
Clarence war nicht weniger müde und erschöpft als sein Mann, dennoch waren die Zeiten längst vorbei in denen Cassie ihn durch ungebremstes Plappern davon abhalten konnte, seinen eigentlichen Plänen zu folgen. Bevor sie sich irgendwo hinlegten um sich auszuruhen, würde sein Mann kaum drum herum kommen sich ebenso begutachten zu lassen wie er auch eine Fleischschau am Blonden durchgeführt hatte; der einstige Söldner hatte nicht erst seit gestern die fragwürdige Angewohnheit herunterzuschlucken wenn er Schmerzen hatte anstatt sich mitzuteilen, eine Tradition die sie noch in Bedrängnis führen würde angesichts der Umstände, in denen sie sich derzeit befanden.
„Ich hab zu viel Angst davor gehabt, du könntest… auf dem Weg nach Coral Valley nachts erfrieren, wenn ich mich nicht anständig um dich kümmern kann. Und gleichzeitig hatte ich Angst dir könnte was passieren, wenn ich sich im Halbdunkel alleine dem Schwein hinterher laufen lasse. Ich… war zu dickköpfig zu der Zeit, genau wie du. Ich dachte, sobald ich dir auch nur einen Schritt entgegen komme… dann müsstest du sofort merken, du bist mir viel mehr als ein Freund, mit dem ich zusammen reise. Und als du mich dann geküsst hast, am nächsten Morgen… da war ich so überfordert weil du auf mich zugegangen bist, dass ich damit gar nicht umgehen konnte. Mhh…“
Ohne Widerworte oder Gegenwehr zu akzeptieren, zog er Matthew so gut er konnte das verdreckte Unterhemd empor und legte eben jene punktuelle, dunkelviolette Zierde frei, die Clarence vorhin schon hatte durchblitzen sehen. Der Brustkorb seines Mannes sah aus, als wäre er von irgendetwas zerquetscht worden und der Jäger zweifelte nicht daran, dass er mit dieser groben Ahnung gar nicht so falsch lag. Wie ein Riese hatte das Gerippe des Flugschiffs ihn unter sich begraben und Claire war nicht dort gewesen, um sein zartes Böckchen davor zu beschützen.
„W-Was… ist passiert, nachdem… ich raus gefallen bin?“, wollte er wissen und zerrte ihm das Leibchen bis zu den Schultern hoch, seine freie Hand hebend um vorsichtig über Cassies Rippen zu streicheln, auch wenn ihm die eigene Schulter dabei schmerzte. „Wie bist d-du… da raus gekommen, hat Barclay dir geholfen? H-Habt ihr… Abel oder Kain gesehen oder… Adrianna… oder… habt ihr auf d-der Suche nach ihnen m-meine Sachen gefunden?“
Bislang war er noch völlig ahnungslos, denn bis auf den Verbleib seines Mannes hatte er nicht viel von dieser Ceyda wissen wollen und auch Cassie gab sich bislang wortkarg über das Geschehene oder das, was ihm alles fehlte.
Wie ein altes Ehepaar, das sich gegenseitig half die Defizite auszugleichen die das Alter ihnen bereits beschert hatte, war es nun an Clarence ihn zu begutachten nachdem er selbst so gut es ging und besser als zu erwarten war vom Jüngeren versorgt worden war.
Ihn zwischen den Knien haltend mit den Füßen sachte antreibend, nötigte er Cassie dazu sich für ihn zu drehen und ihm auch die Rückseite zu präsentieren, die der Jäger bislang nur in der Dunkelheit vom Tisch zurück ans Regal hatte zu sehen bekommen. Matthew war noch nie ein Mensch gewesen der sich beklagte oder jemals dem Hünen seine Wehwehchen vortrug wenn er auf ihren Reisen je welche erlitten hatte, dazu hatte es – wenn überhaupt – schon einen triftigen Grund geben müssen. Dementsprechend verwunderte es ihn umso weniger, unter dem dunkelroten Fleck des Unterhemds schließlich eine tiefe Fleischwunde freizulegen, die zweifelsohne wie all die anderen Schrammen und Kratzer bereits so gut es ging gesäubert worden war. Umso mehr verletzte es ihn allerdings auch, dass sein Mann es nicht für nötig hielt ihm seine Verletzungen zu offenbaren, sondern stattdessen gedrängt hatte sich alsbald ein Lager herzurichten.
„Oh Cassie…“, murmelte er desillusioniert, während die schlimmsten Bilder zur Entstehung dieser Verletzung durch seine Fantasie irrten. Nicht nur zerquetscht, sondern auch aufgespießt hatte das Gerippe des Wracks seinen Mann – und wer wusste was Cassie noch alles vor ihm verbarg, so stur wie dieses Böckchen für gewöhnlich war.
„Habt ihr Alkohol gefunden? Wir m-müssen… die Wunde an deiner Schulter ausspülen und verbinden und w-wer weiß… was sonst noch alles“ – Der Vorwurfsvolle Ton in seiner Stimme war trotz des erstickten Flüsterns kaum zu überhören, während er damit begann zielstrebig am Gürtel seines Mannes zu nesteln. Ganz sicher nicht um hier hinten im Lager unanständige Dinge mit ihm anzustellen – danach war selbst Clarence derzeit nicht und das musste schon was heißen – sondern um keinen Zentimeter Haut ohne Begutachtung zu lassen, auch wenn er dort schließlich keine Aufsehen erregenden Verwundungen mehr an Cassies Beinen entdecken konnte bis auf die zu erwartenden Schwammen und Prellungen, die sie sicher alle am Körper trugen.
„Ich flick dich wieder zusammen, hörst du? S-So wie damals als… als ich dir die Pfeile raus gezogen hab und du ausgesehen hast wie ein durchlöcherter Käse. D-Dann kann ich… unseren Kindern auch davon erzählen… was für ein zäher Kerl ihr Daddy schon war, bevor sie angefangen haben ihm den letzten Nerv zu rauben…“
Müde schmunzelte er während er Matthew bis zur Hüfte wieder einkleidete damit er ihm nicht erfror, ein Schmunzeln das genau wie jenes des Dunkelhaarigen zu sagen wusste, eines Tages würde es definitiv so kommen. Sie würden hier nicht sterben, nicht in dieser Geisterstadt und auch nicht in der nächsten – nicht wegen ein bisschen Winter.
„W-Wir haben… damals drei Tage ohne Wasser überstanden als es so heiß war und wir keinen Fluss oder See gefunden haben. Weißt du noch? Wir haben unsere Kräfte eingeteilt und sind… so lange weiter gelaufen, bis wir den kleinen Bachlauf gefunden haben, der fast ausgetrocknet war“, nun zog er ihm letztlich doch das schmutzig gewordene Unterhemd von den Schultern, rutschte vorsichtig von der Tischkante und stellte sich langsam auf die frisch verbundenen Füße auf. Die Schuhe fühlten sich wie ein Segen unter seinen Sohlen an und das weiche Bett, das Cassie ihm mit den Verbänden gemacht hatte, ließ ihn die tiefen Schnitte weniger spüren wenn er auf den Beinen war.
Es dauerte nicht lange, da hatte er seinen Rucksack auf den Tisch gehoben und in den Untiefen ein weiteres frisches Hemd mit langen Ärmeln und einen zweiten warmen Pullover hervor geholt, in die er Matthew hinein half, damit der schmutzige Stoff nicht weiter seine Schulter bedeckte.
„Wenn wir es überlebt haben halb zu verdursten und den… d-den Absturz auch, dann… überleben wir auch den Weg raus aus einer Geisterstadt. D-Das wird… wie ein Spaziergang werden. Ein kalter und… eisiger vielleicht, aber… wir haben zusammen schon schlimmeres hinter uns gebracht.“
Rückblickend betrachtet, hatten Clarence und Matthew schon einige unmöglich und ausweglos scheinende Situationen überwunden.
Die Natur war Mal ums Mal ein unerbittlicher Gegner, traf sie mit sintflutartigem Regen, mit sengender Hitze, mit Dürre und Dornen, mit Kälte und schroffen Kanten.
Es war selten ein Spaziergang gewesen in der Wildnis von A nach B zu gelangen, aber die hatten es stets hinbekommen.
Immer hatten sie es geschafft zu überleben und tatsächlich half es dabei Mut zu schöpfen, sich all der vergangenen Widrigkeiten zu erinnern denen sie getrotzt hatten.
Warum sollte das dieses Mal anders sein?
Es war nur Winter.
Es war nur eine Geisterstadt.
Dass Clarence sich noch an den Ursprung ihres damaligen Streits erinnerte, machte Cassie vage schmunzeln.
Es war - wie fast immer - kompletter Nonsens gewesen wegen dem sie sich in den Haaren gehabt hatten.
Aber wohin dieser eine Streit geführt hatte, war das Beste was in Matthews Leben passiert war.
Wenige Tage nach ihrem Disput hatten sie beide begonnen jede Stunde mehr Distanz zwischen ihnen aufzulösen.
Sie hatten sich in einer Weise und Geschwindigkeit angenähert, die es ihnen beiden nicht so leicht gemacht hatte damit umzugehen, aber gleichzeitig hatte - zumindest Matthew - keinen Augenblick mehr daran gezweifelt was und wen er wollte.
Er hatte sich seiner Gefühle bewusst gestellt, sie angenommen und seither auch keine Sekunde in Frage gestellt.
Sie beide hatten auf ihre verschrobene Weise alles richtig gemacht.
Und seither machten sie einfach damit weiter. Sie waren die richtigen füreinander. Genau passend für den anderen. So gut kannten sie sich mittlerweile, dass Clarence genau schwante, dass der Jüngere seine Wunden nicht zum Thema machen wollte.
Beherzt und ohne Cassie die Chance zu lassen zu intervenieren, schob er sein zerschlissenes Hemd hoch und betrachtete die dunklen Stellen.
Von den Rippen bis hinunter zur Leiste zog sich ein violettes Band. Großflächige Hämatome gaben Aufschluss über die Heftigkeit des Aufpralls und darüber was mit den Passagieren geschehen war.
Und dabei hatte Matthew noch Glück gehabt.
Prüfend betrachtete Clarence ihn und die Sorge in seinen Augen versetzte dem Dunkelhaarigen einen Stich.
Vorsichtig strich der Bär über seine Rippen, eine hauchzarte Berührung die trotz ihrer Leichtigkeit wehtat - auch wenn Cassie sich das nicht anmerken ließ.
„Nachdem du...gefallen bist...“, er schluckte hart und musste sich beherrschen nicht wieder die Fassung zu verlieren.
„Da i-ist...” benommen schüttelte Matthew den Kopf und fing nochmal von vorne an.
„Es gab eine weitere Explosion...ich wurde nach hinten geschleudert, ich w-weiß noch...ich hab gedacht, d-dass es das jetzt nicht gewesen sein d-darf. Weil w-wir doch...noch so viel vorhatten.“
Seine letzten Gedanken hatten ihrer gemeinsamen Zukunft gegolten, die aufzugeben er sich immer weigern würde.
„Alles hat...gebrannt...die Luft war s-so heiß...d-die Schreie der anderen w-waren so schrill...“, er erinnerte sich an den Geschmack von verkohlter Haut auf seiner Zunge.
„Die Wände...alles ist zusammengebrochen und hat gebrannt oder ist zerrissen...“
Sogar Menschen hatte es zerfetzt. Es war nichts und niemand verschont geblieben.
Zögerlich und unwillig drehte Cassie sich langsam, verfiel wieder in Schweigen und senkte betreten den Blick, als er hinter seinem Rücken leise die Worte:
„Oh Cassie...“ hörte.
Er wusste, dass der Blonde besorgt und untröstlich war ihn so zu sehen. Wann immer es Matthew nicht gut ging, war Clarence da um ihn zu schützen und zu pflegen.
Der Blonde passte auf ihn auf, seit dem Moment in dem er entschieden hatte, Matthew nicht sterbend an dem Baum zurückzulassen.
Egal was war, Clarence ließ ihn niemals aus den Augen. Er achtete darauf, dass er genug aß, genug trank, sich nicht übernahm, ihn niemand angriff... und wenn er doch verletzt war, dann flickte der Blonde ihn wieder zusammen.
Clarence behütete ihn kompromisslos - und auch dafür liebte Matthew ihn maßlos.
„Ich bin...zu dir gelaufen als du abgestürzt bist, aber bevor ich das Loch erreicht hab... gab es diese letzte Explosion. Ich bin... mit dem Rücken gegen das Geländer gefallen und dabei...ist das passiert.“
Gefallen war etwas untertrieben, angesichts der Tatsache, dass die gesplitterten Holzpfeiler über seine Wirbelsäule gerutscht und sie aufgerissen hatten, um sich letztlich in sein Fleisch zu bohren.
„Danach...ich b-bin nicht sicher...es gab noch einen Knall, ich bin gefallen...ich glaube ich h-hab mir ein oder zwei Rippen gebrochen.“ - vielleicht auch drei, aber das wusste er nicht mal selbst, also sagte er es nicht. Und nach kurzem Zögern fügte er leise an:
„Wein...wir haben Wein, aber nichts zum desinfizieren.“ wieder schluckte und zögerte Cassie.
Wenn sie Alkohol gefunden hätten, hätte es eine Person gegeben, deren Wunden man dringender desinfizieren musste als seinen Rücken.
„Ich hab...Barclay verloren. Ich weiß nicht... was aus ihm geworden ist. Aber...“, mittlerweile hatte Clarence ihm die Jeans wieder hochgezogen und Matthew das blutige Hemd abgenommen.
Der Dunkelhaarige schwieg wieder und lauschte. Clarence zog ihm Sachen aus seinem Rucksack an, die Ärmel von dem Hemd waren etwas zu lang und der Pullover war auch ein bisschen zu groß, aber er roch nach zu Hause, nach Clarence, nach allem was Matthew liebte.
Er hatte solche Angst um diesen Mann gehabt und selbst jetzt ließ ihn das Gefühl nicht vollständig los.
Die warmen und sauberen Fasern kamen einer Umarmung gleich und Cassie drohte, erneut in Tränen auszubrechen. Tränen der Erleichterung dieses Mal.
Er hätte ohne Clarence nicht leben können, dass wusste er und er war so unglaublich nah dran gewesen ihn zu verlieren. Die Sekunden während des Absturzes hatten ein klaffendes Loch in sein Herz gerissen. Sekunden in denen ihm mehr als klar geworden war, wie kostbar jeder Augenblick war den sie zusammen hatten.
Jeder Kuss, jede Berührung, jeder Blick... er wollte keine Zeit mehr verschwenden, denn alles konnte von einer Sekunde auf die andere vorbei oder ganz anders sein.
„W-wir schaffen das...natürlich tun wir das. Du hast...mir einen Hof versprochen und...eine Veranda auf der wir sitzen, wenn wir alt und grau geworden sind.“
Er versuchte zu lächeln und der Gedanke an jene ferne Zukunft schaffte es tatsächlich ihn ein bisschen aufzuheitern.
„Du hast mich schon immer wieder zusammengeflickt, ich weiß, dass du das auch dieses Mal machen wirst... Du hast ein Herz für...Zerbrochenes.“
Und damit meinte er nicht seine körperlichen Verletzungen. Nicht seine Schrammen, nicht seine frakturierten Rippen, nicht die Blutergüsse oder Stichwunden.
Was er meinte war das, was unter der Oberfläche lag.
Clarence hatte ihn auf so viele Arten wieder zusammengeflickt, dass Matthew ihm niemals genug würde danken können.
Gehüllt in die weichen, warmen Fasern des frischen Pullovers, lehnte Matthew sich an den Größeren und legte die Arme um dessen Rücken.
Sanft schmiegte er sich an den Blonden, bettete den Kopf an seiner heilen Schulter und küsste Clarence auf den lädierten Hals.
Sie würden beide wieder in Ordnung kommen, eine andere Wahl hatten sie nicht und es würde auch niemals eine Option sein aufzugeben.
Schließlich, nach einer kleinen Weile der Ruhe, öffnete Cassie die Augen wieder, blieb jedoch an Clarence gelehnt stehen. Er blickte zu Boden, fixierte den schmutzigen Belag zu seinen Füßen und nahm wahr was er sah ohne es wirklich zu beachten. Wollmäuse lagen herum, Blutsprenkel von Clarence’ Füßen und Schmutz aus den letzten Jahrhunderten...
„Was...was Adrianna angeht...“
Cassie biss sich auf die Unterlippe und zögerte kurz. Matthew wollte eigentlich nicht über die junge Frau reden, die als vollständiger Mensch am Morgen aufgewacht war, nur um am Abend des selben Tages um einen Unterarm ärmer zu sein. Aber er musste es Clarence sagen, denn schon bald würde er ohnehin sehen was passiert war.
„Wir...haben s-sie am Nachmittag gefunden. Lebendig...a-aber...“
Aber nicht heil, oh nein.
Nachdem er gefallen war.
Clarence erinnerte sich noch genau an jene wenigen Sekunden. Sie hatten sich endlos angefühlt, wie quälende Minuten, nicht enden wollende Stunden, wie… ein ganzes Leben, das vor seinen Augen in Form der zerrissenen Zeppelin-Wand an ihm vorbei zog. Wie eine ganze Ewigkeit, die ihm unter den Händen davon schwamm und nie er nie wieder würde einfangen können.
Er erinnere sich noch daran, wie der Boden unter ihm gekippt war und die Schwerkraft ihn plötzlich hatte hinab gleiten lassen an der Wand, auf die er gestürzt war. Keine Schuhe, keine zwei Hände hätten ihn an Ort und Stelle halten können, nachdem das Flugschiff einen gewissen Winkel überschritten hatte. Und er erinnerte sich an die scharfkantig abgerissenen Holzplanken, die den Abgrund in das tiefe Loch hinab geebnet hatten. Kurz hatten sie sich in seine Kleidung gefressen, hatten sein Rutschen stocken und ihn beinahe glauben lassen, er könne festhängen und davor gefeit sein, was unabänderlich vor ihm lag. Die ausgesplitterten Planken hatten sich teilweise tief in seine Oberschenkel gefressen – Wunden, die Ceyda ihm versorgt hatte bevor sie ihm geholfen hatte in eine saubere Hose zu steigen.
Und doch war nichts von alledem so schlimm wie jener Bruchteil einer Sekunde gewesen, in der er geglaubt hatte es zu schaffen, sich festhalten zu können… bis er hatte feststellen müssen, dass er die linke Hand nicht hinauf bekam um sich weiter hoch zu ziehen, was sein Todesurteil besiegelt hatte.
Alles Schreien hatte nicht geholfen, hatte den Zeppelin nicht mehr in die andere Richtung kippen lassen.
Hatte nicht gemacht, dass er zurück zu Cassie kam, damit er seinen Mann beschützen konnte vor dem was kam.
Noch in dem Moment, in dem er das letzte Holz unter den Fingern verschwinden gespürt hatte, war ihm die Luft zum Atmen weg und sein Kopf leer geblieben. Im Gegensatz zu Cassie, der verzweifelt gedacht zu haben schien es durfte nun noch nicht alles gewesen sein, war sich Clarence schmerzlich bewusst gewesen, dass es das nun gewesen war. Einfach so.
Am liebsten hätte der Blonde ihn nun an sich gezogen und ihn an sich gedrückt so fest wie er konnte. Doch nun zu wissen, was unter dem Hemd seines Mannes an Verletzungen und zweifelsohne Schmerzen verborgen war, hielt ihn davon ab.
Missmutig und mit gebrochenem Herzen hörte er dabei zu, wie der Mann den er liebte im wahrsten Sinne gebrochen worden war und wusste instinktiv, wie maßlos Matthew bei seinen Ausführungen untertrieb, nur um seinem Bärchen nicht noch mehr Sorgen zu bereiten. Wie es aussah wenn es knallte, wenn Matthew auf das Geländer fiel und wenn er glaubte, sich ein oder zwei Sachen gebrochen zu haben, konnte Clarence sich - zu seinem eigenen Leidwesen – nur allzu gut vorstellen, auch wenn er mit aller Gewalt versuchte es nicht zu tun, um nicht wieder neuen Tränen Raum zu bieten.
Er hatte eigentlich keine Kraft mehr zum Weinen und abgesehen davon, dass sie Abel und Kain noch nicht gefunden hatten, auch keinen Grund mehr dazu. Matthew war wieder da, das war wohl das allerwichtigste, danach kamen ihre Hunde, dann erst ihre Sachen. Die Welt sollte in Ordnung sein, solange sie sich nur hatten.
Schwer schluckte er, bevor er wortlos den überschüssigen Stoff des für Cassie zu großen Pullovers nahm, um den Kleineren wie bei einer Decke darin einzuwickeln. Nicht nur er selbst, auch sein Mann war die letzten Stunden ziellos draußen durch den Schnee geirrt und somit fühlte sich auch die Haut des Jüngeren nicht weniger kalt an. Sie mussten beide schleunigst wieder warm werden, denn ansonsten raffte sie nicht der Absturz oder die Geisterstadt dahin, sondern schlicht und einfach eine Lungenentzündung, die sie nicht wieder los wurden.
„…und ich hab dir Pferde auf unserem Hof versprochen, vergiss das nicht“, ergänzte Clarence leise, wobei ihm ein müdes Lächeln über die Lippen wehte. „Ich bau dir… die schönste Veranda, die du je gesehen hast. Und du wirst mich jedes Mal ausschimpfen, wenn ich mir… mit dem Hammer auf die Finger haue oder meckern, wenn dir eines der Bretter auch nur ein klein bisschen schief vorkommt…“
Und wenn diese Veranda fertig war, würden sie auf ihr – so Gott denn wollte – gemeinsam lachen, an lauen Sommerabenden eng aneinander geschmiegt auf ihrer Bank sitzen, bei schönem Wetter mittags dort zusammen essen wenn sie Pause machten von ihrer Arbeit auf dem Hof oder einfach nur gemeinsam ihren wirren Gedanken nachhängen. Über die großen Abenteuer, die sie gemeinsam erlebt hatten, aber auch die kleinen, die ihnen noch bevorstanden. Sie würden heil sein, zusammen, und die Narben ihrer Erlebnisse wären längst verblasst durch den guten Einfluss des anderen.
So vorsichtig wie er konnte und Rippen möglichst unberührt lassend, legte er seine Arme statt um Cassies Rücken um dessen Schultern als dieser sich angelehnt hatte und genoss die heimelige Berührung die etwas zarter geworden war, dafür aber umso inniger. Matthews stiller Kuss auf seinen Hals löste lautlos neue Tränen beim Jäger; Erleichterung, Müdigkeit, Glück, Erschöpfung und letztlich auch einfach nur der Schock, der sich über alle von ihnen gelegt hatte, steckte ihm noch immer in den Knochen und wollte sich einfach nicht abschütteln oder unterdrücken lassen.
„E-Endlich… gehörst du wieder mir…“, wisperte er leise und dachte an den Moment am Mittag, kurz nach seinem Erwachen auf dem Dach des Hochhauses. An die verkohlten Überreste eines Mannes, die er kurzzeitig für die seines eigenen gehalten hatte, aber auch an den Anblick der Überreste des Wracks, die von oben so viel friedlicher und gleichzeitig so viel grausamer ausgesehen hatten, als das stählerne Gerippe es von hier unten aus getan hatte.
„I-Ich hatte… solche Angst um dich, schlimmer als… j-jemals in Cascade H-Hill. Ich dachte i-ich… w-werde dich niemals wiederfinden…“ – und damit meinte er nicht lebendig, denn diese Möglichkeit war ihm so unwahrscheinlich erschienen wie die Behauptung, morgen würden die Wolken aufbrechen und dreißig Grad Sonne auf sie herab scheinen.
Nein… ihn überhaupt nicht zu finden war das, was ihm die meiste Angst gemacht hatte. Nicht mal die Gewissheit vor Augen und in seinen Händen zu haben, dass sein Mann tot war – denn ansonsten hätte Clarence ewig nach ihm weitersuchen müssen, vermutlich bis ans Ende seiner eigenen Tage.
Etwas fester schob er seine Arme um die Schultern des Jüngeren, küsste dessen Stirn, seine Nase und schließlich die warmen Lippen seines Geliebten, als er sie zu ihm hinauf reckte. Eines Tages wieder solche Ängste wegen jemandem durchstehen zu müssen den er liebte, hatte er nie gewollt und trotzdem ließ sich genau in der Furcht ihre maßlose Liebe zueinander ablesen.
Auch als Cassie schließlich wieder leise die Stimme erhob um über Adrianna zu reden, ließ Clarence ihn nicht los. Der Dunkelhaarige klang unsicher und zögerlich, ein klein wenig… ängstlich sogar, genug Gründe um ihn nicht alleine zu lassen sondern seine Stirn an die des Jüngeren zu lehnen und geduldig seinen Worten zu lauschen, woraufhin er kurze Zeit schwieg, um das Gesagte bei sich ankommen zu lassen.
„Ihr habt sie g-gefunden, lebendig… aber nicht unverletzt“, beendete er den Satz seines Mannes eben so, wie der verstörte Tonfall es hatte vermuten lassen. Auch wenn er leise gewesen war bei seiner Ankunft und außer Ceyda niemand auf den Beinen, eine Fairbanks schlief für gewöhnlich immer mit einem offenen Auge, so wie jeder Jäger es tun würde unter freiem Himmel oder in einer Situation wie dieser hier. Es war aber keine Rothaarige aufgestanden und auf ihn zugestürmt, noch hatte sie von irgendwo her nach ihm gerufen oder den Kopf über das Gerümpel gereckt, nachdem Unruhe sich erhoben hatte.
„Das heißt, sie ist… gestorben, nachdem ihr sie gefunden habt?“, wollte er leise wissen, denn das Sterben von Cassies Stimme während seiner Erzählung, ließ das schlimmste vermuten. Sie war ihren Verletzungen erlegen oder… auf der Suche nach anderen vom einfallenden Gerippe zerquetscht oder erschlagen worden. Ein Schicksal, wie es ihm nicht unwahrscheinlich erschien bei ihrem Dickkopf und der Art sich Gefahren auszusetzen, selbst wenn sie ganz offensichtlich zu groß für die klein geratene Jägerin waren. Auch Matthew war vom Wrack halb verschluckt und zerquetscht worden, wie sicherlich unzählige andere, die Clarence draußen zu Gesicht bekommen würde, wenn in ein paar Stunden die Sonne aufgegangen war.
Zuhause das war ein vielschichtiger Begriff.
Er bedeutete für jeden etwas anderes und doch irgendwie immer das selbe.
Ein Zuhause waren meistens vier Wände, ein geschützter Ort, ein friedlicher Flecken Erde, zu dem man immer wieder zurückkehrte.
Ein Lager, das einem Zuflucht versprach.
Zu einem Zuhause gehörten meistens auch Menschen die es gut mit einem meinten, im Idealfall liebten sie einen, aber falls nicht - und das gab es auch - dann zog man zumindest gemeinsam an einem Strang. In einem Zuhause wusste man ganz selbstverständlich wo der Kaffee stand, man bewegte sich zielsicher von A nach B. Man stieß sich die Zehen nicht an einer Kante, auch nicht im Dunkeln, weil man wusste wo die fiese Kante war.
Man kannte die Regeln und man wusste gleichzeitig, wenn man die Regeln brach, dann gab es höchstens einen Nasenstüber, aber mehr nicht.
Denn ein Zuhause war sicher.
Auf dem Lande war es fast immer ein Häuschen, manchmal gepflegt, manchmal windschief und mit undichtem Dach. In den Städten auch manchmal eine Wohnung oder nur ein Zimmer.
In der Wildnis auch mal eine Bretterbude, zugig und knorrig, mit knarrenden Dielen und Türen, die nicht mehr ganz schlossen.
Ein Zuhause musste nicht groß sein, nicht modern, darum ging es nicht.
Denn es waren die kleinen Dinge die es ausmachten.
Etwa der Duft von einer speziellen Kräutermischung für Tee oder Pfeife, der einem bei Betreten in die Nase stieg.
Oder die Tatsache, dass ein Feuer loderte wenn man aus der Kälte kam. Ein Zuhause war es, wenn man aus dem Fenster sah und eben jenen Ausblick auf etwas hatte, dass man schon so oft gesehen hatte, dass es einem komplett vertraut und zugleich beruhigend war.
Es war auch, bekannte Melodien zu hören die gesummt wurden und die Stimme sofort zu erkennen. Zuhause war es, wenn man erwartet wurde, wenn man wusste, die Welt die hinter den vier Wänden lag, hatte hier drinnen keine Macht. Wenn man sich sicher fühlte, obgleich man es besser wissen sollte.
Dabei war es egal, ob dieser Platz eine Wohnung, ein ganzer Hof, ein Zelt oder ein Boot war.
Das Gefühl war es, dass aus einem Ort ein Zuhause machte.
Ankommen, sicher sein, geliebt werden, zur Ruhe finden, Vertrautes spüren. All das brauchte ein Heim.
Und als Clarence den Dunkelhaarigen in den zu großen Pullover wickelte, die Arme um ihn legte und ihn bei sich hielt, da fühlte Matthew, wie er nach Hause kam.
Er brauchte kein Haus, keinen Hof und auch nicht ihr Boot. Sein Zuhause war genau da wo er sich im Augenblick befand und nirgendwo anders.
Matthews Zuhause...das war in den Armen des Blonden, wo er wie immer den Wind in seinen Haaren riechen konnte, die athletische Kraft seiner Muskeln spürte und die Wärme seiner Liebe so deutlich wahrnehmen konnte, wie bei keinem Menschen zuvor.
Er war sein Feuer im Kamin, sein Duft nach Kräutern, sein heiles Fenster auf die Welt, sein Blick über goldene Felder vor einem blauen Himmel.
Clarence gab ihm einen sicheren Platz inmitten von Trümmern und so lange sie zusammen waren, konnte ihr Zuhause überall sein.
Und auf der anderen Seite würde Matthew nirgends daheim ankommen, wenn er Clarence nicht hatte.
Dann wäre ihr Boot nur ein Boot und ihr Zelt nur ein Zelt. Der Kleinere brauchte den wilden Barbaren - der zu ihm niemals barbarisch gewesen war. Er brauchte den eisigen Klotz - der ihm wärmende Paste auf die Ohren rieb, er brauchte den unerbittlichen Jäger - der so zärtlich mit ihm umging, er brauchte den Mann, den seine Freunde Sky nannten - und der für ihn Claire oder Bärchen war.
Er brauchte jenen Mann, den andere fürchteten - und der Matthew dann und wann so spitzbübisch anblickte, wie ein kleiner Junge.
Dort, bei ihm, da war Matthews Zuhause.
Und so wie sich die Arme des Blonden um Matthews Schultern legten, so legte sich Clarence‘ Liebe über alle Verzweiflung und merzte sie aus, so wie die Frühlingssonne den Schnee vertrieb.
Clarence nahm ihn mit zu ihrem Hof mit den Pferden, zu ihrer Veranda auf der sie saßen und den Frieden genossen.
„Ich gehöre immer dir. S-selbst wenn ich...gestorben w-wäre. Ich w-werde niemals...jemand anderem gehören.“
Irgendwann, so war der Lauf der Welt, würde einer von ihnen vor dem anderen gehen. Aber wenn dieser Moment kam, in hoffentlich weit entfernter Zukunft, dann würden sie doch immer einander gehören.
Denn die Liebe...die Liebe hörte niemals auf.
Warm legen sich die Lippen seines Mannes auf seine Stirn, eine Geste die so behütend war, dass Cassie gar nicht anders konnte als ein kleines Lächeln auf den Lippen zu zeigen.
Clarence machte ihn heil, selbst jetzt da er selbst zerschunden und erschöpft war.
Einen Moment lang spürte Matthew den winzigen Küssen nach, lauschte erst auf die Stille und dann auf Clarence‘ Stimme.
Selbige war leise und klang etwas krächzend, aber sie hörte sich trotzdem perfekt an - denn sie zu hören bedeutete, dass Clarence lebte. Wirklich und wahrhaftig.
Und das war so viel mehr als er wirklich geglaubt hatte.
„Das heißt, sie ist… gestorben, nachdem ihr sie gefunden habt?“ kaum merklich schüttelte Matthew den Kopf.
Wäre sie gestorben wäre das vielleicht gnädiger gewesen. Glaubte er Ceydas Worten, dann hätte er die verletzte Rothaarige besser getötet und erlöst, statt sie zu befreien und damit zu verstümmeln.
Würde Clarence das auch so sehen?
Herr im Himmel, nein würde er nicht - diesbezüglich war Matthew sich absolut sicher.
Clarence war kein Mann, der anderen die Entscheidung darüber abnahm ob es gnädiger war zu leben oder zu sterben. Wäre er ein solcher Mann, er hätte Matt damals ein Messer in den Bauch gerammt, die Klinge hochgezogen und ihn dadurch aufgeschlitzt.
„Sie war...eingeklemmt.“ brachte er leise aber nicht flüsternd heraus ohne den Blick zu heben.
„Sie hatte d-deinen Rucksack d-dabei und w-war...wach als wir sie gefunden haben. Sie h-hat nach dir gefragt...“
Adrianna hatte so klein ausgesehen inmitten der Trümmer, so...zart. Wie eine winzige Blume umringt von Scherben und scharfen Kanten. Fehl am Platz.
„A-aber sie w-war...sie konnte nicht raus, sich n-nicht bewegen. Ein Teil des...des...des...“, nervös geworden biss er sich auf die Unterlippe und suchte nach dem richtigen Wort welches ihm in der Aufregung nicht gleich einfallen wollte. Schließlich jedoch fand er es und sprach hastig weiter, so als habe er Angst, sonst die Worte wieder zu vergessen.
„...des Heizkessels hat sie getroffen und... eingeklemmt. Ich h-hab versucht sie zu befreien, aber a-alles war so schwer und gleichzeitig fragil, ich hatte Angst alles würde einstürzen w-wenn ich...versuche s-sie frei zu graben.“
Und dann war da noch der Anblick dessen gewesen, was auf der anderen Seite der Metallkante rausgeschaut hatte. Beim Anblick der blau-schwarzen Finger hatte Matthew gewusst, dass es keinen Unterarm mehr gab den er retten konnte.
„Ich habe...sie wollte...weil es die einzige Chance war sie...lebend da raus zu kriegen. Du warst nicht da...sie wollte d-dass du es machst, aber l-letztlich war sie f-froh...dass es überhaupt jemand tut. G-Glaube ich.“
Matthew war sich am Rande darüber bewusst, dass er noch immer nicht gesagt hatte was Adrianna widerfahren war und auch nicht, welche Rolle er dabei gespielt hatte.
Aber vor seinem geistigen Auge sah und hörte er alles glasklar. Er sah das Blut, welches aus ihrem Stumpf strömte, er sah ihre wächserne Haut und hörte ihr schrilles Kreischen.
Es war ein Alptraum gewesen was er getan hatte.
Aber anders als Ceyda glaubte er nicht, dass er das Recht gehabt hatte etwas anderes zutun.
Adrianna hatte die Chance zu leben verdient und sollte sie doch sterben, so würde sie es als freie Frau tun - und nicht eingeklemmt in der winterlichen Ödnis.
Trotzdem zögerte er, das Geschehene zu benennen - aus Furcht, Clarence könne entsetzt oder gar enttäuscht sein, weil ihm, seinem ach so cleveren Böckchen, nichts Besseres eingefallen war als einer jungen Frau den Arm abzuhacken.
Cassie schluckte schwer, löste eine Hand von Clarence‘ Taille und wischte sich mit dem zu langen Ärmel über die Augen. Eine Geste die ihn schrecklich jung und schrecklich hilflos aussehen ließ.
„Ich hab ihr d-den Unterarm abgeschlagen... U-um sie zu retten. Damit sie d-dort unten nicht stirbt. Ich m-musste es machen, ich h-hab keine andere Chance gesehen...“
Flüsterte er schließlich, während neue Tränen in seinen Augen glänzten und sich schließlich ihren Weg hinab suchten, wie es schon unzählige Vorgänger am heutigen Tage gemacht hatten.
Clarence wollte nicht darüber nachdenken ob sein Mann noch immer ihm gehörte wenn er gestorben war, oder ob nicht. Er hatte seit seinem Erwachen am frühen Mittag solche Angst um Matthew gehabt, solche Panik, dass er kaum zu einem klaren Gedanken in der Lage gewesen war. Er hatte nicht atmen können, hatte so gezittert dass ihm immer wieder die Beine unterm Leib umgegangen waren und dabei fast schon vergessen was überhaupt mit ihnen geschehen war, so sehr hatte er die Orientierung verloren – und doch war es ihm schlagartig wieder in Erinnerung gerufen worden, kaum dass er den Vorsprung des Daches erreicht und am Fuße des hohen Gebäudes das brennende Wrack entdeckt hatte. Wenn Matthew gestorben wäre, dann gehörte er keinem mehr außer dem Tod alleine und das war etwas, das sich Clarence nicht vorstellen wollte. Nicht mehr heute, nachdem er es schon viel zu oft hatte tun müssen.
Trotzdem besitzergreifend, schob er die Arme vorsichtig enger um seinen Mann. Ein gesundes Maß zu halten dazwischen ihn vermisst zu haben, ihn halten zu wollen und der Tatsache dass Cassie gebrochene Rippen hatte und er vorsichtig mit ihm umgehen musste, fiel dem Bären angesichts dessen wie sehr er noch immer durch den Wind war schwer. Aber vielleicht war es auch wie immer, wo er sich selbst viel zu grob vorkam, Matthew sich aber oft trotzdem noch etwas mehr einforderte.
Zu erzählen was ihm mit Adrianna widerfahren war, fiel dem Dunkelhaarigen hörbar schwer. Claire hörte, wie ein leises „Scht… schon gut“ über seine Lippen wehte während er vorsichtig begann ihn in seinen Armen etwas zu wiegen, auch wenn er anfangs keinen Schimmer hatte, was überhaupt passiert war. Natürlich funktionieren sie beide alleine und natürlich vertraute er Cassie, im Zweifelsfall auch ohne ihn zurecht zu kommen wenn es nicht anders ging, selbst sogar wenn es um das Entzünden eines Feuers ging.
Aber sie funktionierten eben auch nur gerade so, das war Fakt und selbst dem Bären von Mann ging es mittlerweile so. Wenn Matthew bei ihm war, ging ihm alles besser von der Hand und wäre er neben ihm wach geworden dort oben auf dem Dach, hätten sie sich gegenseitig die Wunden geleckt und einen Plan entworfen, anstatt blind vor Panik die ganze Nacht über durch die Kälte zu rennen und ihr Leben zu riskieren. Sie hätten sich Mut gemacht anstelle sich selbst die eigenen Ängste zu schüren und wären weniger überfordert gewesen beim Anblick von all den Leichen und Verletzten.
Die Furcht und der Schmerz, die in Matthews Stimme lagen während er sich die Tränen von den Wangen wischte und zur Quintessenz dessen kam was er zu erzählen versuchte, verletzten dem Blonden einen gleißenden Stich ins Herz. Es sollte Adrianna sein, die ihm leid tat und der seine ersten Gedanken zu dem Geschehenen nun galten und doch konnte er nur an seinen Mann denken und an die Angst, die er gehabt haben musste, während er frierend und noch vom eigenen Schicksal verwirrt die Entscheidung getroffen hatte, zu tun was getan werden musste.
Machte ihn das zu einem schlechten Freund? Einem schlechten Clanbruder, auf den man sich eigentlich verlassen können musste wie aufs eigene Fleisch und Blut?
Vielleicht, aber solch jemand zu sein war nicht das, was ihm wichtig war. Wichtig… das waren alleine sein Mann und er selbst, jedenfalls dann, wenn es um Leben und Tod ging. Alle anderen die sie retten konnten waren ein wertvoller Zuverdienst, aber nicht das, in das er all seine letzte Kraft investieren würde, wenn es wirklich darauf ankam.
Da der für ihn bestimmte Pullover noch immer hinter ihm auf dem Tisch lag, langte er nach dem Saum dessen den Matthew schon am Leib trug und wischte ihm damit erneut vorsichtig über die Wangen. Er sah genau vor sich wie ernst, ruhig und bestimmt der andere seine Entscheidung getroffen, das Benötigte vorbereitet und schließlich das getan hatte, was getan werden musste. Womöglich hatte Matthew dabei nicht mal die Mine verzogen oder eine Träne vergossen, denn so war sein Mann wenn er funktionieren musste – und genauso zerbrechlich war er wenn alles vorbei war und das Vergangene sich in seiner Erinnerung setzte.
„D-Du hast… genau das Richtige gemacht. Du hättest sie… s-sie nicht da unten lassen können in der K-Kälte und… alleine… - und du hättest sie nicht… a-ausgraben können, dann wärt ihr… beide tot gewesen. Sie an d-deiner Stelle… hätte dich auch nicht da unten gelassen. Auf keinen Fall…“
Das wäre nicht Adrianna. Selbst wenn sie jemanden nicht mochte, sie würde alles dafür geben was in ihrer Macht stand, um jemandem zu helfen, den sie kannte und der sie brauchte.
„Nur wegen dir hat sie j-jetzt… eine Chance. Wegen dir kann sie es schaffen und… ver-vermutlich wird sie es auch, du kennst… das Miststück noch nicht gut genug. W-Wenn die sich… was in den Kopf setzt, und sei es… dir dafür in den Arsch zu treten… dann geht sie diesen Weg auch. Okay?“
Sicher, das war leicht gesagt, immerhin war er selbst es nicht, der in dieser Position war oder in ihrer Haut steckte. Vielleicht überschätzte er die Rothaarige aber auch was das anging, vielleicht war ihr das eigene Leben weit weniger wert, wenn sie es nicht mehr an einem Stück leben konnte.
Alleine der Gedanke ließ eine Gänsehaut auf seinen Armen aufblühen, die nichts mit der Kälte im Halbdunkel des Lagers zu tun hatte. Einerseits bereitete es ihm einen gewissen Funken der Hoffnung und der Zuversicht, wenn einer der beiden überlebt hatte, auf die er wieder nach über einem Jahr der Trennung gestoßen war – auf der anderen Seite versprach ihnen überhaupt nichts, dass Addy diese Nacht überleben würde. Und was erst mit Cameron war, wenn die weit zierlichere Frau schon so ein Schicksal ereilt hatte…
Clarence schluckte schwer. Ihm war zu kalt, er war zu erschöpft und alles tat ihm zu sehr weh, als dass er konzentriert weiter darüber nachdenken konnte wie es in den kommenden Tagen weiter gehen sollte, noch wollte er sich selbst erlauben die Angst zuzulassen, die ohne Frage auch in seiner eigenen Brust wütete. Es wäre gelogen zu behaupten, dass sie schon schlimmeres als das hier durchgestanden hätten und doch musste er sich nur immer wieder vehement genug sagen, verletzt und ohne Sachen in einer Geisterstadt zu überleben versuchen war nichts anderes, als sich ausgeplündert ohne Werkzeuge im Winter im Wald wiederzufinden.
„W-Wenn ein… ein anderer sie gefunden hätte… hätte derjenige sicher nicht halb s-so viel… so viel Mut gehabt wie du. Dann wäre sie immer noch da unten oder… aus mitleidiger Angst einfach… erschlagen worden“, versuchte er das einzig Positive aus Matthews schwerer Entscheidung heraus zu arbeiten und traf damit genau ins Schwarze, immerhin wären genau das ihre wahrscheinlichsten Optionen gewesen. Erfroren oder ermordet.
Fahrig hob der Blonde die kühlen Hände an das Gesicht seines Mannes, strich ihm mit den Daumen unter den feucht glänzenden Augen entlang. In seinen Händen konnte Claire sein eigenes Zittern spüren und trotzdem wusste er, es konnte ab jetzt nur noch besser werden – denn Matthew war heil, zumindest was seine Ganzheitlichkeit anging. Ihm hatte niemand einen Arm oder ein Bein abschlagen müssen, er hatte kein weiteres Stück seiner süßen Ohren verloren, noch hatte ihm eine Stahlstrebe seine kandisfarbenen Augen ausgestochen.
Sein Mann war an einem Stück und die Schulter sowie seine Rippen… die würden sie schon irgendwie wieder hinbekommen, und wenn sie drei Monate hier an Ort und Stelle ausharren mussten, damit das Gröbste ihm verheilte.
Spürend wie ihm schon wieder neue Tränen nahten ob der Dankbarkeit darum wieder mit seinem Böckchen vereint zu sein, schluckte er den Kloß in seinem Hals so gut es ging hinab und klaute sich von Cassie einen zarten Kuss, ganz so als hoffte Claire, er könne dem Jüngeren alle Furcht und Traurigkeit damit nehmen.
„K-Komm, mein t-tapferes, kleines Böckchen… hilf deinem Bären in seinen P-Pullover und dann… dann zeigst du mir, wo ich uns eine neue Höhle bauen soll, d-damit wi... w-wir vor allem sicher und geschützt sind… ja? Und dann.. v-versuchen wir ein bisschen zu schlafen und… m-morgen… morgen sehen die D-Dinge vielleicht schon ganz anders aus… okay?“
Vielleicht hätte ein anderer Finder Adrianna liegen lassen oder sie getötet, vielleicht wäre die junge Frau ohne Matthew jetzt schon tot und vielleicht war es deshalb genau das Richtige gewesen ihren Unterarm abzuschlagen.
Matthew wusste es nicht, Matthew hatte in der Situation das getan was ihm unausweichlich und richtig erschienen war, aber wie so oft war er sich seiner nicht sicher und er befürchtete, den Menschen zu enttäuschen der ihm alles bedeutete.
Nicht auf Ceydas Meinung legte er Wert, nicht auf die von Außenstehenden - deren Kritik ihm nichts bedeutete, weil er nach besten Wissen und Gewissen handelte. Aber würde Clarence die Situation im Nachhinein anders bewerten oder... nicht wissen ob es wirklich das Richtige gewesen war... davor hatte Matthew Angst.
Aber Clarence...der schien es zu wissen.
Weder lag in seiner Stimme der mitleidige Unterton von fadenscheiniger Beschwichtigung, noch waren seine Gesten ein Abbild von gezielter Ablenkung vom Wesentlichen.
Der Blonde sagte nicht nur aus Liebe heraus, dass Matthew richtig gehandelt hatte, er wiegte ihn nicht nur sanft im Arm, damit der Jüngere seine Schuld vergaß... Clarence glaubte daran, dass Matthew das getan hatte was nötig gewesen war. Er war überzeugt davon und zweifelte nicht an dem Kleineren. Keine Sekunde, keinen Wimpernschlag lang.
Und jenes unumstößliche Vertrauen in ihn und in die Entscheidungen die er traf war es, dass Matthew brauchte um die Unsicherheit über sein Tun zu überwinden.
Wenn Clarence sagte, es war richtig gewesen, dann war das tausend mal wichtiger als eine Ceyda die behauptete, er habe Adrianna keinen Gefallen getan.
Cassie hielt die Augen einen Moment geschlossen, atmete tief durch und schmiegte sich nähesuchend in die Arme seines Geliebten.
Noch immer tat ihm der Kopf weh, noch immer schmerzte seine Schulter heiß und nach wie vor bereitete ihm das Atmen Schwierigkeiten. Aber nichts von alledem war noch so schlimm wie vor wenigen Minuten, als er im Dunklen gestanden und sich mit Ceyda unterhalten hatte.
Als Clarence ihm die Tränen abwischte, öffnete Cassie die dunklen Augen wieder und blickte zu ihm empor.
So wie der Blonde sein Gesicht umfing, so legte auch Matthew seine Hände an die Wangen seines Geliebten und streichelte mit den Daumen über die weiche Haut.
„W-wenn das ein Traum ist...w-will ich nie daraus erwachen. Ich w-will kein Leben leben, in dem du nicht bist...“
Auf sein Flüstern folgte ein zarter Kuss des Größeren, den Matthew sanft erwiderte und der sein Herz allen Umständen zum Trotz, verliebt flattern ließ.
Die Bezeichnung tapferes Böckchen machte Matthew leise auflachen. Es war ein kurzes Kichern, das in seiner Brust wehtat, aber nichtsdestotrotz echt war.
„Das klingt...n-nach der besten Idee die du je h-hattest.“ Clarence sah erschöpft aus und er selbst vermutlich nicht besser. Gemeinsam einzuschlafen war etwas, dass gestern Nacht noch selbstverständlich gewesen war und schon heute Morgen gänzlich unwahrscheinlich.
Matthew hatte unglaubliche Angst gehabt nie mehr wieder seine Nase gegen Clarence‘ Halsbeuge schmiegen zu können - und nun sehnte er sich nach nichts mehr als genau das zu tun.
„K-komm mein Eisbärchen...t-tauen wir dich wieder auf, hm?“ er langte nach dem Pullover auf der Ablage. Das Material fühlte sich warm, weich und vertraut an.
Vorsichtig half er Clarence dabei das Kleidungsstück überzuziehen. Erst durch den gesunden Arm, dann fädelte er behutsam den lädierten durch den aufgekrempelten Ärmel und zum Schluss zog er ihn über Clarence’ Kopf.
So eingekleidet würde die eisige Kälte hoffentlich schnell aus seinen Knochen weichen.
Aber die Sorge um den Blondschopf war damit noch lange nicht besiegt. Denn was die Andere im Nebensatz erwähnt hatte...hatte Matthew keineswegs überhört.
„Ceyda hat gesagt...d-du... würdest..“, aber was sie gesagt hatte war so abwertend gewesen, dass Matthew sich selbst unterbrach und nochmal von vorne anfing.
„Da wäre Blut gewesen als du...gepieselt hast.“
Fragend und sichtlich angespannt sah er zu dem Hünen empor. Er war ein zäher Kerl, niemand der jammerte oder sich körperlicher Schwäche hingab.
Wenn Clarence wollte, dann schleppte er sich mit bloßer Willenskraft durch die Natur, obgleich längst am Rande seiner Kräfte.
„D-du...würdest mir s-sagen wenn du...den Eindruck hättest... d-das bei d-dir innen drin... etwas k-kaputt gegangen ist, oder?“
Denn so verlockend wie die Vorstellung auch war, endlich gemeinsam einzuschlafen, so furchtbar war der Gedanke daran, dass Clarence am nächsten Morgen tot neben ihm lag. Gestorben an inneren Verletzungen, so wie Ellen.
Wenn es nur eine Unterkühlung war, dann würde Clarence strikte Ruhe am Feuer halten, zumindest ein oder zwei Tage, bis sein Körper die Zeit gefunden hatte wieder richtig warm zu werden und gegen eine etwaige Verkühlung zu arbeiten.
„Sieh mir ins Gesicht und schwöre e-es. Schwöre b-bei allem was d-dir lieb und teuer ist, d-dass du mir sagen w-würdest wenn...was nicht stimmt.“, forderte Cassie den Blonden auf und sah ihm ernst ins Gesicht.
Natürlich hieß dieses Versprechen nicht, dass alles in Ordnung war, denn ebenso wie Matthew nicht wusste welche Verletzungen genau er sich zugezogen hatte, so war es durchaus möglich, dass Clarence an etwas litt von dem er nichts wusste.
Aber schwerwiegende innere Verletzungen... sollte man die nicht merken? Hatte Ellen Schmerzen gehabt?
Vermutlich, aber sie hatte nichts gesagt sondern die Sache mit sich selbst ausgemacht. Vielleicht hätte sie überlebt, hätte sie sich früher geschont und ausgeruht... aber dieser Gedanke kam für die junge Frau zu spät.
Doch nicht für Clarence, Clarence sollte nicht den selben Fehler machen und seine Schmerzen für sich behalten.
„Das M-Mädchen...das mich gefunden hat i-ist tot, weißt du? Sie war...den ganzen Tag auf den Beinen und hat...die anderen versorgt. D-dann hat sie sich v-vor ein paar Stunden schlafen gelegt und ist...einfach gestorben. Ceyda hat sie gefunden...“
Ellens Tod hatte ihn erstaunlicherweise nicht so sehr berührt wie es moralisch richtig gewesen wäre. Als Ceyda es ihm gesagt hatte, hatte er es mehr oder minder nur zur Kenntnis genommen.
Er hatte unbeteiligt gewirkt, aber nicht etwa weil ihm das Mädchen egal gewesen war...sondern weil er auf schreckliche Art und Weise so leer gewesen war.
Es war, als habe etwas in ihm gewusst, dass sie nicht alle die Nacht überstehen würden. Insgeheim hatte er mit Verlusten gerechnet, mit dem Verlust der Rothaarigen im Stillen... Aber als er erfahren hatte, dass es Ellen gewesen war...da hatte ihn auch das nicht überrascht.
Der Tod, das wusste er besser als vermutlich jeder sonst in der Gruppe, machte vor niemandem Halt.
Er hatte so viele Kinder sterben und verschwinden sehen, dass ihm der Tod phasenweise vertrauter gewesen war als das Leben selbst.
Seit vielen Jahren lag White Bone hinter ihm, aber die Erfahrungen die er dort über die Jahre hinweg gemacht hatte, waren mit ihm überallhin gekommen. Sie waren nicht im kargen Ödland geblieben wo sie eigentlich hingehört hätten.
„Ich w-will nicht...morgen aufwachen und...neben mich blicken um...um zu sehen...d-dass du heimlich fortgegangen b-bist.“, und zwar an einen Ort von dem er nicht zurückkehren würde.
„Ich liebe d-dich so so sehr, Baby...und ich h-habe Angst...dich zu verlieren.“ Schniefend und mit tränennassen Augen sah er zu Clarence empor.
Er wusste, es gab keine Garantie, die gab es immerhin niemals. Aber er wollte trotzdem, dass der Blonde ihm versprach ihn nicht alleine zu lassen.
Manchmal war alles worauf es ankam, dass der Mensch den man liebte einem sagte, es würde alles gut werden.
So wie es ausreichte wenn Clarence ihm sagte, dass er mit Adrianna genau richtig gehandelt hatte und es keinen Grund gab daran zu zweifeln.
Dann waren alle Unsicherheiten entkräftet und die nagenden Zweifel verstummt. Dann war alles gut.
Es war das leise Lachen seines Mannes, wie es still und warm durch den dunklen Lagerraum hallte und ihn dabei unzweifelhaft wissen ließ, es würde wieder alles gut werden so lange sie sich nur hatten.
Die größte Sorge, die größte Angst hatte er nicht etwa um sich selbst oder seine Sachen gehabt, sondern einzig und alleine um Matthew. Ihn zu verlieren wäre ein weiterer, so tiefer Einschnitt in seinem Leben, dass er es nicht noch mal ertragen würde sich wieder aufzurappeln.
Alles was Clarence hatte war dieser Kerl, der so zäh war, dass er nicht mal an einem Baum mitten im Wald sterben wollte, noch beim Absturz mit einem Luftschiff, ein Geländer tief in den Rücken gebohrt. Was auch immer es war, das Cassie so stur machte partout nicht zu sterben, der Hüne liebte ihn unsäglich dafür und war unendlich dankbar, nicht von ihm alleine zurück gelassen worden zu sein.
Hätte jemand ihnen zugehört, wie sie leise hier hinten miteinander flüsterten, sicher hätte man sich gefragt ob sie vielleicht beim Absturz einen Schlag zu viel auf den Kopf bekommen hatten – doch keiner von den Leuten da draußen wusste wie tief ihre Bindung ging und wie sehr sie in den Armen des anderen Zuhause waren. Hier musste man nicht falsche Stärke beweisen oder ein falsches Gesicht aufsetzen, um geliebt oder respektiert zu werden. Waren sie alleine, dann konnten sie einfach nur ein verfrorenes Eisbärchen und ein tapferes kleines Böckchen sein… und nichts hätte besser beschreiben können wie klein und machtlos sie angesichts dessen waren, was ihnen widerfahren war.
Clarence stöhnte leise als ihm dabei geholfen wurde sich wieder in seine Sachen einzufädeln, denn die Bewegung machte ihn spüren wie eingefroren seine Gelenke sich mittlerweile anfühlten und wie dringend er das abgetrennte, erwärmte Areal weiter vorne im Laden nötig hatte, in das er bei Ankunft einen kurzen aber nicht weiter nennenswerten Einblick erhalten hatte. Er wollte sich an Matthew schmiegen, seinen Mann umarmen so gut es ihre Schmerzen zuließen und einfach nur für einen Moment die Augen schließen, ganz gleich ob er tatsächlich würde schlafen können oder nicht.
Beinahe hätte er sich jenen Wunsch jedoch selbst zunichte gemacht, denn ohne zu überlegen holte er Luft – in der Absicht zu antworten, Ceyda sei eine ziemliche Petze wenn sie dem Jüngeren im Vorbeigehen bereits gesteckt hatte, dass die Schulter nicht seine einzige Baustelle war. Es war zweifelsohne sein eigenes Glück und dem Erhalt der Stimmung zuträglich, wie schnell ihm bereits beim Luftholen auffiel, jene Äußerung würde seinen Mann deutlich wissen lassen, er selbst hätte Matthew das sicher nicht verraten. Ansonsten hätte Cassie ihm schon gezeigt wie schnell aus Wiedersehensfreude brennender Zorn wurde, was das anging, kannte er seinen Partner mittlerweile gut genug… weitere Fehlschläge dieser Sorte würde er sich also ganz sicher nicht erlauben.
Dennoch, derartige Themenbereiche waren nie Inhalt ihrer Beziehung gewesen und schon damals, als Matthew ihn nach dem Ausflug ins Feld der Spinnen gehegt und gepflegt hatte, war nichts surrealer zwischen ihnen gewesen als jene Minuten, in denen Cassie ihm dabei hatte helfen müssen sich zum Erleichtern zu schleppen. Man sollte meinen, nach all den Monaten in freier Wildnis gäbe es rein gar nichts mehr zwischen ihnen wegen dem man sich schämen sollte und doch fand Clarence, dass man sich gewisse Geheimnisse auch in einer Ehe durchaus bewahren sollte.
Aller Tabus zum Trotz fand der Dunkelhaarige wie immer gute Argumente um seinem Bären eine Antwort abzuringen und wenn es keinen besseren Punkt gab als ein totes Mädchen, dann wusste Clarence auch nicht.
Deutlich sah man ihm seinen Widerwillen an, noch deutlicher allerdings in den kandisfarbenen Iriden des anderen die Angst, welche jener um ihn hatte.
„Ich werde… niemals heimlich von d-dir fortgehen. Das… solltest du wissen“, rief er seinem Geliebten beinahe Vorwurfsvoll in Erinnerung. So wenig Ambitionen er für gewöhnlich auch besaß was das Wehklagen und öffentliche Leiden anging wenn ihm etwas fehlte, so wenig Ambitionen besaß er dafür, seinem Mann auf solch eine morbide Weise das Herz zu brechen.
Lautlos wischte er mit seiner Hand durch Matthews Gesicht um ihm abermals die stillen Tränen fortzuwischen, von denen sie ganz sicher auch in den kommenden Tagen noch genug vergießen würden.
„W-Wenn ich… den Eindruck hätte, dass was essentielles nicht stimmt...“, griff er die Wortwahl des Kleineren ernst auf und betrachtete ihn eindringlich wie auch ehrlich, „…dann bist du der Erste, der davon erfährt. Egal ob es d-die Schulter ist… o-oder… irgendetwas anderes. Versprochen.“
Clarence würde ihm nicht ohne zu zögern dieses Versprechen geben wenn es anders wäre, ansonsten hätte der Blonde schon irgendwelche fadenscheinigen Formulierungen gefunden um sich eine Hintertür zu schaffen oder auf etwas anderes abgelenkt, um von diesem Thema weg zu kommen. Sicher, es war kein besonders angenehmes Gefühl und wurde noch weniger bequem wenn man dabei zusah wie sich der Schnee vor den eigenen Füßen dezent rot färbte - aber es war auch noch nicht auf eine solche Art und Weise unbequem, dass er sich ernsthaft Sorgen zu machen begann.
Noch immer nicht gewillt Matthew aus seiner Umarmung gehen zu lassen, ganz egal wie sehr es ihn danach dürstete sich endlich irgendwo hinzulegen, hielt er den Dunkelhaarigen weiter eng bei sich und musterte ihn nachdenklich. Sobald sie Tageslicht hatten, würde er sich um Matthews Schulter kümmern, Lumpen auskochen und versuchen so gut es ging einen Verband für seinen Mann anzufertigen, von all den anderen Dingen die sie noch brauchten oder Adrianna, um sie sie sich kümmern mussten, ganz zu schweigen. Doch all das half ihnen nichts, wenn sie darunter das vergaßen, was im Augenblick am allerwichtigsten für sie sein sollte.
„W-wir… werden hier für niemanden d-die H-Helden spielen, verstehst du? K-Keiner von uns… wird sich hier f-für jemand anderen außer uns beiden… d-die Zehen draußen abfrieren oder… o-oder in Gefahr begeben. Niemand klettert in… in i-instabile Zeppelinteile, w-wenn… wenn da jemand ruft oder… gibt sein letztes Hemd, nur d-damit jemand anderes nicht erfriert. Ich s-setze nicht dein… d-dein Leben aufs Spiel… um jemand anderem s-seins zu retten, nur um dann… ohne dich zurück zu bleiben. Und anders herum… g-genauso. D-Das ist… mein Ernst, Cassie. K-Keine… keine Heldentaten, okay?“ – und keine Diskussion darum, denn so kompromisslos wie Matthew bei dem Thema sein konnte, konnte auch Clarence das werden.
Er wusste wie sein Mann war, wusste wie gerne Cassie in die Bresche sprang wenn er Ungerechtigkeit oder einen Schwächeren in Not erblickte. Aber dieses Mal würde er nicht einfach nur für ein paar unbedeutende Tage irgendwo im Kerker verschwinden, sondern im schlimmsten Fall draufgehen – etwas, das Matthew ihm nicht antun durfte.
Weder heute, noch morgen.
„D-Denk an… das Mädchen, das dich gerettet hat und jetzt tot ist. Wir machen… das was wir können, wenn wir k-körperlich dazu… in der Verfassung sind. Aber mehr auch nicht.
W-Wenn ich dich… erwische, wie du d-da draußen Kopf und… u-und Kragen riskierst… ich schwöre, ich lasse dich hier in der E-Eiswüste zurück, verstanden?“
Clarence war kein Mann, der sich beklagte. Weder, wenn er selbst hungrig einschlief nur weil er trotzig Matthew gezwungen hatte noch eine Portion mehr zu essen, noch wenn ihm kalt war oder er sich unpässlich fühlte.
Einem Clarence Sky merkte man sein Unwohlsein an garstiger Schweigsamkeit und Gereiztheit an.
Daran, wie er brummte oder sich abkapselte.
Im Laufe der Zeit hatte Matthew gelernt, das Brummen des Wildlings einzuordnen.
Er konnte es unterscheiden und deuten. Wusste wann das Brummeln zustimmender, ablehnender, amüsierter oder warnender Natur war.
Und er wusste wenn sein Schweigen ein wirkliches Schweigen war.
Eines von der Sorte, wie es dazu gedacht war ihn zu bestrafen weil er mit irgendwas zu weit gegangen war.
Sein Bär war für Matthew ein offenes Buch, das zu lesen dem Jüngeren nicht schwerfiel. Und trotzdem... das Herz des Größeren war ein geheimnisvoller Ort und Cassie wusste, dass es immer Dinge geben würde, von denen Clarence ihn stets fern halten würde.
Das war okay, sofern sie sich einig darin waren nichts voreinander zu verbergen, was essenziell war.
Auf Matthews Bitte hin, ehrlich mit ihm zu sein, suchte Clarence seinen Blick unverwandt.
Der Jüngere sah seinem Mann in die Augen, forschte darin nach der Wahrheit und fand sie...offen und ehrlich zur Schau gestellt und schließlich auch ausgesprochen.
Und obgleich Matthew ein misstrauischer Mensch war und wusste, dass Clarence ihm keine Sorgen bereiten wollte, so wusste er auch, dass der Blonde ihn nicht anlog.
Er war ehrlich mit ihm und er war offen, was nicht das selbe war - wie ihm sehr wohl bewusst war, immerhin nutze Clarence ganz gern den feinen kleinen Unterschied aus.
Aber dieses Mal nicht, etwas, dass Matthew ihm glaubte.
Erleichterung erfasste den Dunkelhaarigen und nahm eine schwere Last von seinem Herzen.
Clarence durfte es ihm nicht antun, ihn zu verlassen.
Er durfte ihn nicht alleine lassen.
Er durfte nichts vor ihm geheimhalten, nicht wenn es ihn gefährdete. Und Clarence versprach ihm, nichts dergleichen zu machen.
Cassie strich seinem Mann durch den Bart, so wie er es schon zutun pflegte seit sie einander nah waren.
„Okay...okay, dann ist gut. Du brauchst bestimmt n-nur...Ruhe und W-Wärme. W-wir s-sollten gehen damit...du beides kriegst. Und ich auch...“ er lächelte müde und zog Clarence sanft an seinem Bart zu sich um ihn zu küssen.
Es war eine kurze aber feste Berührung ihrer Lippen mit der Matthew nochmal unterstrich wie ernst es ihm war.
Aber bevor er sich von dem Hünen lösen konnte, hielt dieser ihn zurück um ihm eindringlich darauf einzuschwören was sie hier tun und lassen würden.
Ausgerechnet Clarence, die Unvernunft in Person, bestand darauf, dass sie beide nichts für die anderen riskieren würden. Egal was sie morgen bei Tageslicht im Zeppelin vorfanden, egal wer auch immer welche Art von Hilfe brauchte... wenn es ihre Gesundheit gefährdete würden sie nicht den Kopf hinhalten.
Der Absturz war eine Katastrophe gewesen die sie alle schwer getroffen hatte und sie würden tun was ging um weitere Opfer zu verhindern.
Aber wenn es hart auf hart kam... dann zählten nur sie beide.
Eindringlich betrachtete Clarence ihn, der Blick so bestimmt und fordernd wie lange nicht mehr und Matthew brauchte nicht zu fragen ob es sein Ernst war.
Es war Clarence sogar todernst.
„Ich hab nicht vor mein Leben zu riskieren.“ erwiderte Matthew tonlos. Er hatte in den letzten Stunden viel gesehen. Verdrehte Körper, verbrannte Menschen, ausgelöschte Existenzen. Er glaubte nicht, dass es jetzt noch Überlebende in den Trümmern gab aber auch wenn doch würde er nicht zu ihnen absteigen, sollte es nicht sicher sein.
Nicht weil er feige war, sondern weil er in erster Linie eines wollte: leben. Und zwar mit Clarence.
„Ich h-hab verstanden.“
Er schluckte und nickte, dachte an Ellen, die einfach so sehr mit der Rettung anderer beschäftigt gewesen war, bis sie selbst ihren Verletzungen erliegen musste.
„Wir tun was wir können...aber mehr nicht. Das g-gilt auch für dich. D-du wirst...niemandem was beweisen. Du w-wirst mit mir zusammen hier rauskommen. G-gesund und in einem Stück.“
Clarence hatte einen Hang dazu sein Leben zu riskieren, aber das würde Matthew nicht zulassen. Ebenso wenig wie Clarence es dulden würde wenn Matthew leichtsinnig wurde.
„Sind wir uns da einig, hm?“ es kam selten genug vor, aber jetzt und hier, durchgefroren und erschöpft, da waren sie das tatsächlich.
Behutsam strich Matthew dem Blonden erst durch den Bart und dann durch den blonden Schopf.
Er war nicht bereit ihn freizugeben, er war nicht bereit ohne ihn zu leben. Dieser Mann war der einzige Grund für ihn an eine Zukunft zu glauben und er würde auf ihn aufpassen, sollte Clarence das mal wieder vergessen.
Ein letztes Mal streichelte Cassie über die Wangen seines Mannes, dann löste er sich doch von ihm.
Mit wenigen Handgriffen suchte er zielgerichtet alles zusammen. Die Fackel, die Bekleidung welche er nicht zerschnitten hatte und den Rucksack.
Letzteren hängte er sich über die gesunde Schulter, während er den Stapel Sachen Clarence überließ.
Die Fackel in der einen Hand, langte er mit der anderen nach der von Clarence, dann lotste er den Blonden aus dem Lager.
Sorgsam darauf achtend nicht zu schnell zu gehen um die geschundenen Füße nicht noch weiter zu verletzen, führte er ihn an den leeren Regalen vorbei.
Hinter der großen Fensterfront lauerte graue Düsternis, kein einziges Lichtlein glomm draußen - was gut war, denn das hieß, dass die Nacht noch ein paar Stunden andauern würde. Zeit, in der sie hoffentlich ein bisschen Schlaf finden würden.
Dort, wo vorhin noch Ceyda im Dunkeln gestanden hatte, stand nun niemand mehr. Der Platz neben dem Regal war leer und verwaist. In einer Ecke, schon von hinten zu sehen, glomm der flackernde gelb-rote Schein des Feuers.
Es war vollkommen ruhig in dem Raum, zumindest wenn man von dem gleichmäßigen und monotonen Dröhnen absah, dessen Ursprung Jeremy war.
Sein Schnarchen klang deshalb so laut, weil es ansonsten absolut still war, selbst das knistern des Feuers war kaum hörbar. Leise führte Matthew Clarence zwischen den als Raumtrenner eingesetzten Regalen hindurch.
In dem so entstandenen Raum im Raum herrschte eine derartige Wärme, dass Lucy und Gabriel ihre provisorischen Decken im Schlaf halb von sich gestrampelt hatten.
Beide Kinder lagen zusammen auf erhöhten Gitterstabregalen. Ausgekleidet mit Stofffetzen.
Ceyda hatte sich auch hingelegt, sie schlief an der Fensterfront, die sie vorhin noch mit Regalen verbaut hatten, damit der Schein des Feuers nicht nach draußen drang und ungebetene Gäste anlockte.
Jeremy lehnte halb mit dem Rücken an der Wand, er war bis zur Nasenspitze in mehrere Lagen Stoff gehüllt und schnarchte bei jedem Atemzug.
Ihr kleines Lager erstreckte sich bis hin zum Tresen, hinter dem das Krankenbett von Adrianna war.
Leise beugte sich Matthew über die hüfthohe, hölzerne Barriere und blickte zu der jungen Frau hinab.
Sie atmete sichtbar unter ihrer Vorhangdecke und ihre Haut hatte eine rosige Farbe die Matthew nicht erwartet hatte.
Auch sie schien nicht zu frieren, sondern einigermaßen Behaglichkeit im Schlaf gefunden zu haben.
Sofern es Schlaf und keine Bewusstlosigkeit war...
„Okay...da wären wir.“ flüsterte Cassie, als er sich wieder Clarence zuwandte. Der Blonde hatte eines der Regale im Rücken, das Feuer ließ sein Haar golden schimmern - was schön war. Seinen Hals ließen die tanzenden Flammen jedoch fast schwarz aussehen - was Matthew schrecklich wehtat.
In einem der Einkaufswagen aus Metall hatten sie die gefundenen und nicht benötigten Sachen gelegt und Cassie steuerte diesen nun an.
Er stand nah am Feuer, wodurch die Stoffe alle aufgewärmt waren, eine Wohltat für seine kalten Finger, als er diese in den Sachen vergrub.
„Ich leg noch etwas Holz nach und du...du schaust einfach mal wo du liegen möchtest, ich bring dann was zum zudecken mit.“
Der Platz war begrenzt, aber sie würden ohne Probleme noch die ein oder andere Nische finden um es sich zumindest halbwegs bequem zu machen.
Alles würde besser sein, wenn sie erstmal lagen und sich ausstrecken konnten, wenn Clarence aus den Schuhen rauskam, seine Füße schonte und Matthew endlich irgendeine Position gefunden hatte in der die Schmerzen erträglich waren.
„Du siehst aus, als hättest du einen Zeppelinabsturz hinter dir, Sky.“ wisperte Matthew dem Bären zu, der so derangiert aussah und dennoch sofort mit der Schaffung einer Schlafstätte begonnen hatte.
Clarence sah ihn an und Cassie schenkte ihm ein kleines freches Lächeln. Das erste, welches wieder wirklich echt war.